SNB-Schatz in Staatsfonds: Die 100-Milliarden-Idee

20minuten.ch (22. Juli 2011) – Die Staatsfonds-Idee bewegt die Schweiz. Doch nicht zur Schwächung des Frankens taugt das Konstrukt, sondern dazu, dass die SNB endlich ihr Gold-Spielzeug hergibt.

Ein UBS-Analyst brachte die Idee in Umlauf, seither reden sich Politiker und Experten den Mund fusselig über den Vorschlag eines Staatsfonds für die Schweiz.

Das Land soll 100 Milliarden Franken möglichst im Euro-Raum investieren und damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: den Franken gegenüber dem Euro schwächen und von einem erhofften Wiedererstarken der Einheitswährung profitieren.

Ja, aber anders

Die Linke jubelt, die FDP springt auf den Wahlkampf-Zug auf. Auch sie will einen Staatsfonds, allerdings aus anderen Gründen. Die Nationalbank (SNB) soll nicht mehr Pflichtgewinne an die öffentliche Hand ausschütten müssen
Wenn Linke und UBS-Grossbanker zusammenspannen, wird’s lustig. Gemerkt hat das der instinktsichere Walter Wittmann. Das sei die «grösste Bieridee», polterte der Professor zu Recht. 100 Milliarden Staatsschulden äufnen, nur um mit dem Euro herumzuspielen, ergibt keinen Sinn. Wie brandgefährlich solche Mammut-Investments werden können, hat die SNB mit ihren Euro-Investments erlebt.

Einen solchen Staatsfonds braucht die Schweiz nicht. Dafür einen anderen: einen, wie ihn die Norweger seit langem betreiben und gut damit leben. Die Rede ist von einem Fonds, der durch besondere Einnahmen – und eben nicht Schulden – eines Landes gespiesen wird und ein grosses Eigenleben geniesst. Im Fall von Norwegen fliesst der Reichtum aus dem Öl in den Staatsfonds. Das Geld investiert der Fonds in verschiedenen Anlagen. Tut er das geschickt, resultiert eine schöne Rendite für das Land.

Goldschatz heben

Die Schweiz besitzt ebenfalls einen solchen Reichtum: den Goldschatz der Nationalbank. Es handelt sich um das Tafelsilber der Nation und wäre die Basis des helvetischen Staatsfonds. Das mögliche Vorgehen ist bekannt. Das Gold, das heute in der SNB-Bilanz liegt, wird in einen Staatsfonds gelegt, der damit eine möglichst sichere und nachhaltige Rendite zu erzielen hätte.
Nach Verkäufen sank der SNB-Goldbestand von einst 2500 Tonnen auf heute noch 1250 Tonnen. Beim jetzigen Goldpreis entspricht das rund 50 Milliarden Franken, immerhin die Hälfte des Volumens, das die UBS und die Linke für ihren Staatsfonds vorschlagen.

Problem SNB-Bilanzloch wäre lösbar

Nimmt man der SNB das Tafelsilber weg und legt es in einen eigenen Fonds, hat das in erster Linie Folgen für die Nationalbank. Die Transaktion reisst ein riesiges Loch in die Bilanz. Da es sich im Fall der SNB-Bilanz um eine relativ theoretische Grösse handelt, wäre das Problem lösbar. Spürbarer wären die Folgen für die Kantone und den Bund. Diese freuten sich bisher über die jährlichen Gewinnausschüttungen der SNB in Höhe von 2,5 Milliarden.

Damit ist vorläufig aber sowieso Schluss, weil die Euro-Interventionen der SNB horrende Verluste provozieren und auf absehbare Zeit keine Gewinnausschüttungen mehr zulassen. Ohne Goldschatz würden die Gewinnausschüttungen zugunsten der öffentlichen Hand definitiv gestoppt.
Das wäre nicht weiter schlimm. Erstens würden Bern und den Kantonen – und damit den Bürgern – die Erträge des Staatsfonds zustehen. Zweitens und wichtiger wäre die SNB endlich gezwungen, sich auf ihre wichtigste Aufgabe zu konzentrieren: die Sicherstellung der Geldstabilität.

SNB macht nur noch Geldpolitik

Mit der Auslagerung des Goldschatzes würden zukünftige Investments in Euro-Anlagen nämlich vom Staatsfonds getätigt und nicht mehr von der SNB. Diese würde sich auf ihr Kerngeschäft beschränken, nämlich durch Steuerung der Geldmenge die Zinsen zu steuern, wie sie es für die Wirtschaftsentwicklung des Landes unter dem Gesichtspunkt der Teuerung für richtig hält.

Alles wäre am richtigen Ort. Ein nationaler Staatsfonds, von Profis geführt, würde den Schweizer Reichtum managen, die SNB würde sich auf die Geldpolitik konzentrieren, die öffentliche Hand erhielte eine Rendite aus ihrem Goldschatz und könnte via Staatsfonds den Franken stärken oder schwächen, falls dies gewünscht wäre.

Es würde zwar wie bei den SNB-Interventionen kaum viel nützen, aber die Polit-Interventionen würden wenigstens nicht mehr die SNB-Unabhängigkeit gefährden, wie dies derzeit passiert.

Warum ist ein solcher Norwegen-Staatsfonds nicht längst realisiert? Die Frage richtet sich an den Bundesrat. Das Konzept soll einzelnen Exekutiv-Politikern längst vorgeschlagen worden sein.


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