Grübel gab vollen Schub – und landete im Schilf

20minuten.ch (15. Juli 2011) – UBS-Nothelfer Oswald Grübel sah die grosse Krise als kleinen Dämpfer und setzte alles auf Boom und Gloria. Doch Banking 2011 ist anders als 2001, merkt er schmerzlich.

Der erfahrende Krisenmanager kalkulierte kühl: auf dem Tiefpunkt einsteigen, um sich ein ewiges Denkmal als Retter der Schweizer Grossbanken zu setzen. Zuvor hatte er Anfang der 2000er Jahre bereits Konkurrentin CS vor dem Schlimmsten bewahrt.

Gut zwei Jahre später ist Grübel mit seinem flott gemachten Dampfer im Schilf gelandet. Das ist zwar besser als der Eisberg, in den seine Vorgänger die UBS gesteuert hatten. Bitter bleibt es allemal.

5000 Stellen sollen abgebaut werden

In 12 Tagen, wenn die Zahlen für das 2. Quartal fällig sind, dürfte Grübel ein nächstes Sanierungspaket bekannt machen. Der «Tages-Anzeiger» spekuliert am Donnerstag über 5000 Jobs, die wegfallen könnten. Vielleicht sind es weniger. So oder so hat Grübel Schiffbruch erlitten mit seiner Strategie, die vorsah, die UBS in allen Bereichen zu alter Grösse zurückzuführen.

Was Grübel offenbar zuwenig erkannt hat: Die Finanzindustrie durchmacht seit ihrer grossen Krise einen fundamentalen Wandlungsprozess. Am Drücker sind Regulatoren und Notenbanker, die verhindern wollen, jemals wieder in den abgrundtiefen Abgrund einer globalen Systemkrise blicken zu müssen. Überall ziehen sie die regulatorischen Schrauben an und machen Banking zu einem langweiligeren und weniger rentablen Business.

Grübels Wette ging nicht auf

Grübel und andere Chefs internationaler Grossbanken boten den Regulatoren anfänglich die Stirn. Ein halbes Jahr nach seinem Stellenantritt kündigte der UBS-Chef 15 Milliarden Franken Vorsteuergewinn bis 2014 an, mehr als die Bank in ihren besten Zeiten verdient hatte.

Alle Kraft voraus!, donnerte Grübel von der Brücke: Im Handelsgeschäft feuerte er mit Kreditpapieren ein, als ob die UBS nicht gerade mit diesen Vehikeln in die Wand gecrasht wäre, in der Vermögensverwaltung stellte er eine eigene Investmentfabrik zur Seite, die ins Geld ging.

Zwischenzeitlich schien Grübels Parforceritt aufzugehen. Nach den weltweiten Rettungsaktionen des Bankensystems fassten die vermögenden Investoren neuen Mut und waren aktiv wie in den guten, alten Tagen. Mit einiger Verzögerung profitierte auch Grübels flott gemachter UBS-Tanker vom neuen Boom und wies anständige Gewinne aus.

«Maschinen halt!»

Doch wie so viele hatte Grübel – einst ein begnadeter Händler, der in den 1980er und 1990er Jahren mit gewagten Deals ein gewaltiges Vermögen von schätzungsweise 500 Millionen Franken angehäuft hatte – nicht erkannt, dass die Aufhellung an den Märkten lediglich ein Zwischenhoch war.

Fundamental war die Krise alles andere als ausgestanden, sondern hatte sich lediglich von den Büchern der Banken in jene der Notenbanken und der Staaten verschoben. Das Eis blieb brüchig.

Mit der Erkenntnis, dass einige europäische Südstaaten faktisch bankrott sind, macht sich derzeit erneut Panik an den Finanzmärkten breit. Die Investoren ziehen sich zurück, horten Schweizer Franken und Gold und warten auf bessere Zeiten. Passive Kunden sind unrentable Kunden, hinzu kommt das Ende des lukrativen Schwarzgeldmodells, das stolze Renditen abgeworfen hatte.

Das Minus auf der Ertragsseite trifft Grübel und die übrigen Chefs grosser Banken zur Unzeit. Kaum war der Motor geschmiert und sein UBS-Tanker wieder flott unterwegs, heisst es nun: «Alle Maschinen halt!».

Grübels Stop-and-Go-Politik hinterlässt Spuren. Das Personal wird zermürbt, die Aktionäre warten weiter auf Rendite. Und die Schweiz wartet immer noch auf eine nachhaltige Antwort von Oswald Grübel auf die Herausforderungen im neuen Bankenzeitalter.


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