Delikate Mitarbeiterdaten: Die Furcht der Swiss Banker vor Cowboys

20minuten.ch (8. August 2012) – Unter Schweizer Bankangestellten geht die Angst um. Ihnen droht in den USA nicht nur die Verhaftung – sie fürchten auch um ihre Karrieremöglichkeiten.

Die Story der Tribune de Genève wirft hohe Wellen: Zwei Jugendliche aus Genf, deren Vater Vermögensverwalter ist, werden nach der Landung in den USA stundenlang von Grenzwächtern verhört. Der Fall zeigt: Die Schweiz droht für viele Finanzleute zum goldenen Käfig zu werden.

Die Fragen drehten sich gemäss TdG um den Papa der jungen Leute. Ob dieser oft in die USA reise, wo er sich jetzt gerade befinde – das und vieles mehr wollten die US-Beamten wissen.

Die Zeitung bezieht sich auf Aussagen eines ungenannt bleibenden Schweizer Anwalts und verknüpft die Befragung der Banker-Söhne mit den rund 10 000 Namen von Schweizer Finanzleuten, die diesen Frühling in die USA geliefert worden waren. Damit wollten Credit Suisse, ZKB, Julius Bär und weitere drohende Strafanklagen in den USA verhindern.

Die Gefahr, verhaftet zu werden, ist real

Ob die Befragung der Jugendlichen tatsächlich eine direkte Folge der grossen Offenlegung ist, ist unklar. Es wäre auch möglich, dass die USA den Namen des Vermögensverwalters schon vor der Mammut-Datenlieferung kannten. Die amerikanischen Behörden sitzen auch aufgrund freiwilliger Deklarationen von US-Kunden auf Tonnen von Daten, welche die Schweizer Banken und ihre frühere Steuer-Praxis dokumentieren.

Trotzdem ist der Zwischenfall auf dem US-Airport aber bemerkenswert. Er zeigt, dass die Gefahr für Schweizer Banker, im Ausland einvernommen oder gar verhaftet zu werden, real ist.

Ein Anwalt, der mehrere betroffene Schweizer Finanzprofis vertritt, schildert gegenüber 20 Minuten Online deren Notlage. In einem Fall sei ein Mitarbeiter einer Bank nur auf zwei Dokumenten namentlich erwähnt. Das würde die untergeordnete Rolle im US-Steuerkrieg belegen, was für die meisten der offengelegten Finanzleute zutreffen dürfte.

Nur ändert dies nichts an der Furcht, die der Banker verspürt, wenn er an seine bevorstehende Privatreise in die USA denkt. «Seit Wochen hintersinnt er sich über die Wahrscheinlichkeit einer Verhaftung in Übersee», berichtet der Anwalt.

Wahrheit sagen oder nicht?

Ein anderer Mitarbeiter hat seine Stelle bei einer der betroffenen Banken gekündigt und neu bei einer US-Firma angeheuert. Dort ist er in guter Stellung, die ihn verpflichtet, regelmässig an Meetings in Amerika teilzunehmen.

«Er fragt sich die, ob er seinen neuen Vorgesetzten reinen Wein einschenken soll oder ob er die Tatsache, dass sein Name auf der US-Liste steht, für sich behalten soll», schildert der Anwalt den Konflikt. Würde der Mitarbeiter die Karten auf den Tisch legen, müsste er damit rechnen, den neuen Job zu verlieren.

Im dritten Fall geht es um einen jungen Banker, der von einer anderen Bank während einem Bewerbungsgespräch direkt gefragt wurde, ob er auf der Liste stehen würde. «Er sagte die Wahrheit und ist nun überzeugt, dass er deshalb den Job nicht gekriegt hat», meint der Anwalt.

Im Visier der Cowboys

Die drei Beispiele illustrieren, wie weitreichend die Konsequenzen der Datenoffenlegung für die Mitarbeiter sind. Während sich die Banken und ihre obersten Verantwortungsträger aus der Schusslinie nehmen konnten, sind Tausende von Mitarbeiter in einer Grauzone gelandet. Dort müssen sie bis auf Weiteres mit der Ungewissheit leben, ins Visier der Cowboys zu geraten.


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