US-Anklage gegen 4 Schweizer Banker – rückt die CS ins Visier der US-Justiz?

AWP (24. Februar 2011) – Alexandria/New York/Zürich (awp) – Vier Schweizer Banker sind in den USA wegen möglicher Beihilfe zur Steuerflucht ins Visier der Justiz geraten.

Ihnen wird vorgeworfen, gemeinsam mit anderen Schweizer Bankern US-Kunden dabei geholfen zu haben, US-Steuern zu unterschlagen. Ein Blick in die Anklageschrift des US-Justizministeriums erhärtet den Verdacht, dass es sich um ehemalige Mitarbeiter der Credit Suisse handelt und damit die zweite Grossbank ins Visier der US-Justiz geraten ist.

Die Anklage der USA könnte nach Ansicht von Beobachtern nach der US-Offensive gegen die UBS vor drei Jahren eine zweite Grossfront im Kampf gegen die frühere Offshore-Praxis der Schweiz eröffnen.

„HILFE KOMMT VON 100 WALL STREET“

In der Anklageschrift ist zwar nie von der Credit Suisse die Rede, sondern nur von einer „internationalen Schweizer Bank“. Die Klage der Amerikaner erwähnt jedoch an einer Stelle die Bemerkung eines Bankers, wonach „vielleicht unsere Leute in New York an der 100 Wall Street behilflich sein könnten.“

Dies lässt den Schluss zu, dass es sich um die Credit Suisse handeln muss. Denn an der genannten Adresse war seinerzeit die CS-Tochterfirma Swiss American Securities Inc domiziliert. Diese residiert heute an einer anderen New-Yorker Adresse.

Gemäss US-Ermittlern haben CS-Verbindungsmanager regelmässig US-Kunden mit unversteuerten Vermögen auf Schweizer Konti in ihrem Representative Office in New York empfangen und dort auch beraten. Dies hatte die UBS gemäss den Ermittlungen nicht getan. Deren Offshore-Berater trafen ihre US-Kunden in Hotels, privat oder im Rahmen von Kultur- und Sportveranstaltungen in den USA.

UNTERSTÜTZUNG BEI TRANSAKTIONEN

Einer der vier Angeklagten, der nicht mehr bei der Credit Suisse arbeitet, war gemäss Anklageschrift jahrelang der Kontaktmanager für solche US-Offshore-Kunden im New Yorker Rep Office der CS. Er unterstützte die Kunden bei verschiedenen Transaktionen rund um deren Offshore-Konti.

Diese wurden bei der CS in der Schweiz geführt. Die amerikanischen Kontoinhaber hatten diese Vermögen häufig nicht den US-Steuerbehörden gemeldet, was gegen US-Gesetze verstiess und mit Gefängnis oder Bussen bestraft werden kann.

Ein CS-Sprecher wollte zu den Offshore-Services in den CS-Räumlichkeiten in New York keine Stellung nehmen und verwies auf das offizielle Statement der Bank, wonach sich die Anklage gegen einzelne Individuen richte und nicht gegen die Bank. Die CS kooperiere mit den USA.

ANGEKLAGTER R.S. HEUTE BEI DER ZUGER KB?

Die Anklage erwähnt diverse Beratungen durch den CS-Verbindungsmanager für das US-Offshore-Geschäft. „Ab 2003 bis 2008 traf sich Kunde Nummer 9 mit dem Angeklagten R.S. in New York um über die Entwicklung seiner nicht deklarierten Konti bei der internationalen Bank zu diskutieren“, steht an einer Stelle.

Bei R.S. handelt es sich um den CS-Verbindungsmanager im New Yorker Rep Office. Dieser wollte auf Anfrage keine Stellung zu den Vorwürfen beziehen.

R.S. liess auch die Frage unbeantwortet, ob er heute bei der Zuger Kantonalbank tätig sei, wie dies aufgrund eines Eintrags im Handelsregister der Fall zu sein scheint. Bei der Zuger KB war nicht sofort eine Stellungnahme erhältlich.

DIREKTE DIENSTLEISTUNGEN FÜR NICHT DEKLARIERTE GELDER

Ende 2008, als die UBS-Steueraffäre längst eskaliert war, soll ein US-Kunde laut Anklage das Rep Office der CS angewiesen haben, 20`000 USD auf einem nicht deklarierten Konto bei der CS in Nassau, Bahamas, zur Auszahlung bereit zu machen. Kurz darauf habe der Kunde das Geld bezogen.

Trifft das zu, hat das Rep Office der CS direkte Dienstleistungen für US-Offshore-Kunden mit nicht deklarierten Geldern geleistet. Gemäss US-Gesetz darf eine Banken-Repräsentanz nur beschränkte Aktivitäten für amerikanische Kunden ausführen. Für einen vollen Service mit allen Dienstleistungen benötigt eine Finanzfirma eine Lizenz, welche eine vollständige Offenlegung aller Kundenkonti nach sich zieht und Steuerhinterziehung verunmöglicht.

Nur einer der vier Angeklagten arbeitet heute noch bei der CS. M.P. betreute aus Genf heraus US-Offshore-Kunden. M.P. soll laut US-Anklage amerikanischen Kunden abgeraten haben, sich im Rahmen eines freiwilligen Offenlegungsprogramms selbst anzuzeigen.

Bis Mitte 2009, als die Schweiz mit den USA bereits über einen Staatsvertrag zur Lösung des UBS-Steuerfalls verhandelte, habe M.P. Kunden empfohlen, ihre nicht deklarierten Gelder auf andere Konti ausserhalb der CS zu transferieren mit dem Ziel, diese nicht offenzulegen. M.P. war nicht unmittelbar für eine Stellungnahme erreichbar.

DIVERSE GELDTRANSFERS VIA DHL

Die US-Behörden werfen den angeklagten Bankern an mehreren Stellen vor, Cash-Überweisungen von nicht deklarierten Schweizer Konten aus vorgenommen zu haben mit dem Ziel, dass die US-Kunden ihre in der Schweiz deponierten Gelder in der Heimat nutzen konnten.

In ihrer Anklage schreiben die USA von diversen Geldtransfers via US-Dienstleister DHL, die jeweils unter 10`000 USD lagen. Bis zu dieser Höhe müssen Offshore-Konti nicht gemeldet werden.

Einer der angeklagten Banker wechselte 2005 zur Zürcher Privatbank Maerki Baumann, welche sich gemäss heutiger Mitteilung Ende 2008 „wegen unterschiedlicher Auffassungen über das Geschäftsgebaren“ von ihm trennte.

Bisher sei keine Anfrage der US-Behörden bei ihr eingegangen, sagt die Bank. Sie habe vor knapp zwei Jahren „den strategischen Entschluss gefasst, das Geschäft mit US-domizilierten Kunden vollständig zu beenden.“

Der betroffene Banker E.A. erklärte auf Anfrage, dass er sich keiner Schuld bewusst sei. Er habe sämtliche internen Regeln der CS eingehalten und wisse nicht, was hinter der Anklage stehe. Beim vierten Angeklagten handelt es sich um M.B. Auf Anfrage sagte dieser, er wolle keine Stellung beziehen.

Gemäss Handelsregister arbeitet M.B. heute für die Vontobel Swiss Wealth Advisors, eine Tochtergesellschaft der Zürcher Privatbank, die sich um US-Kunden mit versteuerten Geldern kümmert und über eine Lizenz der zuständigen US-Finanzbehörden verfügt. Bei Vontobel war nicht sofort ein Sprecher für eine Stellungnahme erreichbar.


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