Andy Rihs in der grössten Krise seiner Karriere

20minuten.ch (30. März 2011) – Der Hörgeräte-Unternehmer und Velo-Narr Andy Rihs räumt nach den Insider-Vergehen bei Sonova auf. Ein richtiger Befreiungsschlag in höchster Not.

Andy Rihs ist ein schillernder Unternehmer. Seine Sonova wurde gross mit der Hörgerätemarke Phonak, unter diesem Namen stieg er mit einem Team in den Profi-Radrennsport ein, Rihs ist Teilhaber der Berner Young Boys und deren Stadion, er hat Weingüter und Hotels.

Jetzt ist Rihs, der am rechten Zürichseeufer aufgewachsen ist und das Familienunternehmen zusammen mit seinem Bruder auf die Weltkarte gesetzt hat, in seine grösste Krise gerasselt. In seiner Sonova ist es ab Ende Februar zu einem der grössten Insider-Vorfällen der jüngeren Schweizer Geschichte gekommen; mit Rihs mitten drin.

Flucht nach vorne

Rihs hat am 8. März selbst ein 37-Millionen-Aktienpaket abgestossen. 1 Woche später meldete Sonova ausserterminlich Probleme beim Umsatz und mit Produkten, der Kurs rasselte in den Keller.

Rihs tritt heute überraschend schnell die Flucht nach vorn an. Er schickt seinen hochgelobten Konzernchef Valentin Chapero und den Sonova-Finanzchef in die Wüste. Gegen Chapero wird von der Börse und vielleicht bald auch von der Staatsanwaltschaft ermittelt. Ob der Finanzchef auch Insidervergehen begangen hat, ist nicht bekannt. Als oberster Zahlenmensch kannte er aber die Probleme und hätte dafür sorgen müssen, dass kurz vor Bekanntgabe der Bad News kein Sonova-Manager eigene Aktien oder Optionen handeln darf. Zu diesem Schluss kam das Zürcher Rechtsanwaltsbüro Homburger, das von Sonova mit der Ermittlung beauftragt wurde.

Schadensbegrenzung um jeden Preis

Wie stark Patron Rihs versucht, heil aus der Affäre rauszukommen, zeigen seine persönlichen Konsequenzen aus den Insider-Deals. Er tritt ins zweite Glied zurück, übergibt das Präsidium von Sonova an Robert Spoerry, ein Erfolgsmanager des Waagenherstellers Mettler-Toledo.

Rihs geht noch weiter. Er offeriert dem Käufer seines 37-Millionen-Pakets, dessen Wert nach der Gewinnwarnung um 10 Millionen in die Tiefe stürzte, die Aktien zum ursprünglichen Preis zurückzukaufen. Schadensbegrenzung um jeden Preis – das macht Andy Rihs derzeit.

Ein Patron am Rudern

Vielleicht zeigt sich hier seine grösste Schwäche ebenso wie seine grosse Stärke. Rihs hält an seinem Personal lange fest, steht vor die Leute hin, solange es geht. Er tat dies bei seinen Radrenn-Fahrern, die unter Dopingverdacht standen, und er tat dies anfänglich auch bei Sonova. Als schliesslich klar wurde, dass grosse Fehler passierten oder – noch schlimmer – man ihn anschwindelte, griff Rihs radikal durch.

Man könnte sagen, Rihs sei eine Art tolpatschiger Unternehmer, der nicht merkt, dass ihn seine Angestellten ausnutzen. Zum Teil könnte das zutreffen. Doch offenbar hat Rihs mit seiner Art der langen Leine grundsätzlich Erfolg. Trotz den momentanen Schwierigkeiten ist Sonova eine stolze Firma mit Zukunft.

Und Rihs zeigt mit seinem Durchgreifen eben auch, dass er noch eine zweite Seite hat. Er vertraut den Leuten, bis es nicht mehr geht. Haben sie sein Vertrauen verspielt, greift er durch – schnell, kompromisslos, schmerzhaft auch für ihn selbst.


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