Richter gegen Herausgabe der US-Bankdaten

20minuten.ch (22. Januar 2010) – Die Entscheidung des Bundesrats, derzufolge 4450 US-Kundendaten offengelegt werden sollen, ist möglicherweise Schall und Rauch. Damit drohen der UBS neue Angriffe aus Amerika.

Der Bundesrat zeigte sich am 19. August 2009 siegesgewiss. Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf sagte an der Pressekonferenz, dass ein neues Amtshilfegesuch der Amerikaner viel weiter gefasst sei als das frühere. Erfasst würden «nicht nur Fälle von betrügerischem Verhalten, sondern auch schwere Steuerwiderhandlungen.» Damit, so Widmer-Schlumpf, sei es möglich, den USA die Namen von rund 4450 US-Kunden der UBS auszuhändigen.

BR-Entscheid ohne rechtliche Basis

Dem machte das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) einen Strich durch die Rechnung. Wer 100 000 Franken oder mehr Vermögensertrag im Jahr gegenüber den US-Steuerbehörden verschwiegen hätte, mache sich nicht zwingend eines schweren Delikts schuldig, urteilten die Richter. Dieses erste Urteil in Sachen August-Deal wiegt schwer. Es bringt das Fundament des Bundesrates ins Wanken, auf welchem die Landesregierung letzten Sommer die Grossbank UBS aus dem amerikanischen Würgegriff befreit hatte.

Kern des damaligen «Friedensvertrags» mit den Amerikanern war die Verpflichtung der Schweizer, die Daten von schwere Steuerhinterziehern, und nicht nur jene von Steuerbetrügern, offenzulegen. Dieses Vorgehen würde dem geltenden Steuer-Abkommen mit den USA aus dem Jahr 1996 entsprechen, argumentierte die Schweizer Justizministerin. Denn schwere Steuerhinterziehung sei auch in der Schweiz ein strafrechtliches Delikt, bei dem das Bankgeheimnis bei Ermittlungen von Schweizer Steuerbehörden aufgehoben würde.

Keine rückwirkende Steuerhinterziehung

Doch die Bundesrichter kamen nun in einem Pilotfall zum Schluss, dass insbesondere die Eigeninitiative des Kunden beim Steuerhinterziehen berücksichtigt werden müsse. Wenn jemand das nicht-deklarierte Vermögen einfach auf einem Konto liegengelassen habe, könne ihn die Schweiz nicht einfach zum schweren Steuersünder erklären und das Bankgeheimnis aufheben.

Muss die UBS erneut vor den Miami-Richter?

Im Staatsvertrag haben der Bundesrat und die USA abgemacht, was bei Nichterfüllung des Vertrags passieren soll. Wenn im Sommer 2010 die Zahl der offengelegten US-Kunden weit von den versprochenen 4450 abweiche und keine partnerschaftliche Lösung in Sicht sei, könne «jede Vertragspartei angemessene Ausgleichsmassnahmen zur Beseitigung des eingetretenen Ungleichgewichts» ergreifen.

Für die UBS könnte das im schlimmsten Fall bedeuten, dass der auf Eis gelegte Angriff der US-Steuerbehörde reaktiviert würde. Ihr droht dann eine Neuaufnahme des Prozesses in Miami, mit dem die USA die Offenlegung von bis zu 4450 US-Kundendaten erzwingen wollen. Mit dem August-Deal konnte die Schweiz die USA zu einer Feuerpause gegen die UBS bewegen. Mit dem jüngsten Entscheid bringt Bundesverwaltungsgericht die Bank erneut in rechtliche Schieflage.


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