Licht am Horizont für die UBS

20minuten.ch (5. Mai 2009) – Der Vermögensabfluss verlangsamt sich. Das ist die wichtigste Nachricht der Grossbank UBS, die heute ihre Erstquartalszahlen im Detail offenlegte. Die Verunsicherung bei den Kunden sinkt.

Auf den ersten Blick gibts wenig Neues. Die UBS schreibt wie bereits bekannt weiter Verluste, von Januar bis März waren es 2 Milliarden Franken; sie leidet weiterhin unter Altlasten, muss diese abschreiben und macht dadurch Verluste. Das dürfte noch einige Quartale so weitergehen.

Doch zwischen den Zeilen leuchtet die Hoffnung. Eine Zahl – vielleicht die wichtigste im ganzen Wust von heute – ist die Veränderung des Neugelds. Wieviel Vermögen ihrer meist reichen Privatkundschaft die UBS verwaltet, wieviel davon zu- oder abfliesst – das entscheidet über die Zukunft der Schweizer Grossbank.

Noch 23 Milliarden flossen ab, im Herbst waren es 60 Milliarden

Im ersten Quartal verlor die Bank in ihrem grössten und wichtigsten Geschäftsbereich, dem so genannten Wealth Management & Swiss Bank, Gelder im Umfang von 23 Milliarden Franken. Das klingt nach sehr viel, und es ist auch mehr, als manche mittelgrosse Schweizer Privat- und Kantonalbank insgesamt betreut.

Für die UBS ist es hingegen ein Klacks, einer allerdings, der immer noch schmerzt. Per Ende März verwaltete sie insgesamt 2200 Milliarden. Und der Abfluss im ersten Quartal von 23 Milliarden entspricht nur gut einem Drittel dessen, was im letzten Herbst aus der Bank herausgeströmt war.

Damals, im heissen Herbst 2008, als die US-Bank Lehman Brothers unterging und die UBS in höchster Verzweiflung eine 50-Milliarden-Rettungsleine von der Schweiz benötigte, standen die Geldschleusen weit offen. 60 Milliarden flossen von Oktober bis Dezember ab.

Die Datenherausgabe an die UBS hatte weniger Folgen als befürchtet

Hoffnung bereitet der neuen UBS-Führung der Umstand, dass das aktuelle Minus keineswegs in einer ruhigen Phase zustande kam. Am 18. Februar gab die Bank unter gütiger Mithilfe der Eidgenossenschaft die Daten von ein paar Hundert vermögenden US-Kunden an die amerikanische Steuerbehörde heraus. Damit löste sie im Inland einen Sturm der Entrüstung und in der weiten Welt grosse Verunsicherung bei den Kunden aus. Die UBS begräbt das Bankgeheimnis, lautete der Tenor, die vermögenden Privatklienten würden sich nicht mehr auf den unbedingten Schutz ihrer Daten bei der Bank verlassen können.

Trotz diesen Turbulenzen, die bis heute anhalten und die UBS auch in den nächsten Monaten begleiten dürften, verlangsamte sich der Abfluss. Das ist vor allem die gute Nachricht von heute für die UBS. Aus ihr kann zweierlei geschlossen werden. Erstens zweifeln die Kunden der UBS nicht mehr grundsätzlich an der Überlebensfähigkeit der Bank; zweitens beurteilen sie die US-Datenherausgabe als Einzelfall, der sie nicht grundsätzlich an der Vertrauenwürdigkeit und Diskretion der Grossbank zweifeln lässt.

Oder können viele Schwarzgeld-Kunden gar nicht weg?

Soweit die optimistische Einschätzung. Es könnte selbstverständlich auch sein, dass viele Kunden bei der UBS „gefangen“ sind, weil sie ihr Vermögen nicht versteuert haben und derzeit nur mit Mühe Unterschlupf bei einer anderen Bank finden – wenn überhaupt.

Die kommenden Monate werden zeigen, ob die UBS in ihrem wichtigsten Geschäftsbereich in ruhigere Gewässer gelangt. Vertrauenerweckend ist auf jeden Fall, wie rigoros die neue Führung unter Konzernchef Oswald Grübel das Steuer herumreisst. Der Verkauf der Brasilien-Perle Pactual ist eindrückliches Beispiel dafür, dass die Zeit der Tabus vorbei ist.
Pactual brachte stolze Gewinne und sicherte den Schweizern eine starke Position im Zukunftsmarkt Brasilien.

Doch jetzt heisst es, rette sich wer kann, und die UBS verkauft ihre Tochter zu einem Preis, der ihre ständig brüchige Kapitalausstattung verbessert. Das sogenannte Tier-1, übersetzt Kernkapitalquote, steigt nach dem Pactual-Deal auf voraussichtlich 11 Prozent, ein Wert, der immer noch weit unter den 14 Prozent der Credit Suisse liegt, aber immerhin die kritische Marke von 10 Prozent übertrifft.

Die UBS muss noch mehr Töchter verkaufen

Die leichte Vergrösserung des wichtigen Eigenkapital-Puffers genügt noch nicht, das Tier-1 der UBS muss ebenfalls die Region kommen, in der die CS schon heute ist. Aber auch da zeigt der Trend zumindest in die richtige Richtung. Das hat auch mit der weiteren Reduktion der Bilanz zu tun. Das klingt technisch, bedeutet aber einfach, dass die UBS ihre Risiken abbaut.

Insgesamt hält die UBS immer noch knapp 1’900 Milliarden Franken Werte in ihrer Bilanz, das ist weiterhin eine stolze Zahl und eine der grössten in der weltweiten Bankenlandschaft. Aber sie reduziert ihr gesamtes Risikoengagement Schritt für Schritt und kann in Relation dazu ihren Sicherheitspuffer vergrössern.

New UBS hat die Chance eines «ehrlichen» Vermögensverwalters

Wohin die Reise der UBS geht, sieht man vermutlich auch am Ergebnis der Sparte Investmentbank. Da, wo die Bank die grössten Verluste erlitten hat, verliert sie immer noch Geld. Zwar nicht mehr so viel wie früher, im ersten Quartal resultierte „nur“ noch ein Minus von gut 3 Milliarden gegenüber 8 Milliarden im letzten Herbst. Doch Konkurrenten wie die CS, die Deutsche Bank und die US-Bank Goldman Sachs weisen bereits wieder Milliardengewinne im riskanten Kredit- und Handelsgeschäft aus und nutzen die Schwächen einst potenter Konkurrenten wie die UBS.

Das darf die Schweizer nicht stören, ihre Zukunft liegt woanders, nämlich in der Vermögensverwaltung. So tragisch ihr Niedergang ist, so sehr liegt auch eine Chance in der Fokussierung auf das, was die UBS in Zukunft auszeichnen könnte. Sie wird versuchen, eine weltweit erste Adresse in der Vermögensverwaltung zu werden, die sich nicht mehr vornehmlich durch die diskrete Verwaltung von Schwarzgeld profiliert, sondern durch einen kundenfreundlichen, von Vorsicht geprägten Service auf allen Kontinenten zu attraktiven Preisen.


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