Ein Händler, der handelt, nicht spricht

20minuten.ch (15. April 2009) – Fast 5000 Aktionäre verfolgen seit heute Vormittag die UBS-Generalversammlung in der grossen Messehalle in Zürich-Nord. Der neue Chef Grübel konstatierte emotionslos die schwierige Lage und prognostizierte den Eigentümern der Grossbank eine lange Durststrecke. Ein Kommentar.

Wie sich Oswald Grübel bei der Sanierung der Grossbank ans Werk macht, drückte der UBS-Konzernchef in einem einfachen Satz in der ersten Fragerunde aus. Auf die Frage eines Aktionärs, ob die UBS schon bald wieder riskante Spekulationswetten eingehen würde, sagte Grübel: «Ich würde sagen, die nächsten 15 bis 20 Jahren brauchen Sie sich darüber keine Sorgen zu machen.»

In der trockenen Kürze liegt eine von Grübels Stärken. Der UBS-Chef hört zu, wägt ab, entscheidet schnell und schnörkellos. Danach ist Umsetzung angesagt, ohne lange Reden.

Langer Applaus für Grübel

Bei den Aktionären kam Grübels Stil gut an. Sein 26-minütiges Referat in Zürich-Oerlikon wurde am Ende mit einem kräftigen Applaus quittiert; obwohl Grübel kein begnadeter Redner ist, und obwohl er weitere Verluste und ein Andauern der Krise für die UBS verkünden musste.

Der UBS-Konzernchef wirkt beim Reden eher steif und hölzern, wenn er wie heute um 10 Uhr 40 einen vorbereiteten Text ab Teleprompter abliest. Sein Witz und sein Charme kommen bei dieser Vortragsform nicht zum Tragen, im Unterschied zur Situation, wenn er unvorbereitet auf Fragen antworten kann. Meist stand Grübel unbeweglich hinter dem Rednerpult, liess die Arme baumeln, seine Miene war regungslos, von Gestik keine Spur.

Doch gerade Grübels Unaufgeregtheit schien den UBS-Aktionären Vertrauen einzuflössen. Ihm attestieren sie, dass er weiss, wovon er spricht. Sie trauen Grübel zu, das dringend benötigte «Vertrauenskapital» zu schaffen. In seiner Karriere hat er bewiesen, was er kann – und was nicht.

Ein grosser Stratege ist Grübel nicht, die Zukunftsentwürfe für eine Grossbank sind nicht sein Ding. Er ist ein Anpacker, ein Macher, ein Sanierer.

Ein Gefühl für die Börse

Gross wurde Grübel im Bankenhandel, er hat viele Stürme an den Märkten erlebt, und wenn ihn neben der Coolness bei Sanierungen etwas auszeichnet, dann ist es sein Gefühl für die Stimmungen an den Börsen, wo die emotionalen Regungen der Teilnehmer einen entscheidenden Einfluss auf die Kurse haben.

Hinzu kommt, dass Grübel sich und seiner Umgebung nichts vormacht. Das ist ein springender Punkt.

Glaubwürdigkeit als früher Warner vor der Krise

Dazu passte, dass der UBS-CEO an der Generalversammlung von einem Paradigmenwechsel sprach. Er erwähnte die 20 Jahre, die vergehen könnten, bis die einstigen Höchstbewertungen an den Märkten zurückkehren würden. Er hat diese Aussagen bereits vor seiner Verpflichtung für den UBS-Spitzenjob gemacht.

Grübel sah und sieht die Krise rabenschwarz, das hebt ihn wohltuend von der früheren UBS-Führungsriege ab, die den Ernst der Lage lange verkannte. Seine klare, schonungslose und vereinfachte Sicht auf die Banken- und Wirtschaftslage genügt selbstverständlich nicht zur Rettung und Sanierung der UBS.

Verlieren die Altlasten in der UBS-Bilanz weiter an Wert oder tauchen neue Problemfelder auf, beispielsweise mit Kreditausfällen in der Realwirtschaft, dann verzögert sich die Rückkehr in die Gewinnzone und drohen weitere Kundengeldabflüsse.

Zaubern kann Grübel nicht, er kann nur sanieren. Das aber tut er mit Leidenschaft.


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