Die UBS wird eine zweite CS

20minuten.ch (15. April 2009) – Der neue UBS-CEO Oswald Grübel spricht in seiner vorab publizierten Aktionärs-Rede von einem «Paradigmenwechsel» im Banking. Die UBS will er gleich sanieren wie damals seine CS: Kosten runter, Investmentbank verkleinern, Gewinne erwirtschaften.

Oswald Grübel, 65, findet den richtigen Ton. Heute ab 10 Uhr wird der neue Konzernchef der grössten Schweizer Bank UBS den Aktionären die Lage erklären. Wie der vorab veröffentlichten Rede von Grübel zu entnehmen ist, tut er dies in einer klaren, kritischen, auch selbstkritischen und bodenständigen Art.

Nochmals Milliardenverlust

Der starke Mann der UBS redet nicht lange um den heissen Brei herum. Die Verluste für das abgelaufene Quartal von Januar bis März von knapp zwei Milliarden Schweizer Franken seien eine Folge der fast 4 Milliarden von Altlasten im Handelsgeschäft und neuen Problemkrediten durch die Wirtschaftskrise. Ein rasches Ende der Krise sei nicht in Sicht.

«Die Verluste auf den Ihnen bekannten illiquiden Positionen zeigen das noch erhebliche Konzentrationsrisiko», sagt Grübel. «Der Ausblick für diese verbleibenden Engagements hat sich nur unwesentlich verändert.»

Es bleibt also düster bei der UBS. Deshalb macht Grübel, was er am besten kann und was er bereits einmal vollzogen hat. Er saniert. Und zwar so, wie ab 2002 bei der Credit Suisse, wo Grübel fast sein ganzes Berufsleben verbracht hatte. Aus der CS wurde eine viel kleinere, dafür wieder nachhaltig profitable Bank.

UBS wird eine zweite CS

Nun nimmt sich Grübel die UBS vor. Die Bank muss massiv abspecken, ihr in den fetten Gewinnjahren aufgetürmter Overhead wird zerschlagen, es gehen weitere rund 9000 Stellen verloren, nachdem bereits 8000 unter Grübel-Vorgänger Rohner weggefallen waren. Insgesamt wird die UBS nach dieser Übung einen Fünftel weniger Mitarbeiter beschäftigen als auf dem Zenit im Sommer 2007, insgesamt noch 67 500.

Bis zu 1500 Entlassungen in der Schweiz

Auch die Schweiz kriegt Grübels Schrumpfkur zu spüren, hier gehen von den rund 26 000 Stellen rund 2500 oder zehn 10 Prozent verloren, es ist mit bis zu 1500 Entlassungen zu rechnen. Durch den Personalabbau und den massiven Ausgabestopp bei Beratung, IT, Marketing etc. sollen die Kosten in den nächsten Jahren im Vergleich zu 2008 um bis zu 4 Milliarden Franken sinken.

Auch sonst müssen die Mitarbeiter in den sauren Apfel beissen. Laut Grübel würden viele Mitarbeitervergünstigungen «über dem Markt- und Branchenstandard» liegen. «Ich finde es richtig, dass ein florierendes Unternehmen mit solchen Mitteln seine Mitarbeiter am Erfolg teilhaben lässt», sagt der UBS-CEO in seiner Rede. «Aktuell bitte ich aber um Verständnis und Unterstützung von unseren Mitarbeitern für diesen Entscheid.»

Ziel der einschneidenden Kostenübung ist die rasche Rückkehr in die Gewinnzone. Denn, so Grübel: Entscheidend sei der Aufbau von Vertrauenskapital. «Eine Bank, die Verluste macht, kann auch kein Vertrauenskapital aufbauen. Deshalb ist die Wiederherstellung und Erhöhung der Profitabilität derzeit unsere dringendste Aufgabe.» Und da neue Erträge für die Banken im Allgemeinen und für die gebeutelte UBS im Speziellen kein Thema sind, bleibt nur, dass Kostenmesser anzusetzen.

Auch Vermögensverwaltung kommt unter die Räder

Der Abbau erfolgt quer durch die Grossbank. Die bisher von Stellenkürzungen und Entlassungen verschonte Vermögensverwaltung muss ebenso Federn lassen wie die Investmentbank, die ihren Mitarbeiterbestand bereits um einen Drittel reduziert hat und weiter heruntergefahren wird.

Das Problem in der UBS-Paradedisziplin Vermögensverwaltung hat sich spürbar verschärft. Auch in den ersten drei Monaten flossen netto 7 Milliarden ab. Der Betrag ist das Resultat aus einem Zufluss in Nord- und Südamerika von 16 Milliarden und einem Abfluss in der Schweiz und International von 23 Milliarden.

US-Steuerstreit hinterlässt Spuren

Das Minus im Kernbereich hängt laut Grübel mit der Herausgabe von Kundendaten an die US-Steuerbehörden zusammen. Offensichtlich zweifeln vermögende UBS-Kunden an der Zuverlässigkeit ihrer Bank. Wenn es hart auf hart geht, so lautet offenbar das Urteil, dann opfert die Bank die Kunden. Die emotionale Diskussion um das Ende des Schweizer Bankgeheimnisses hat den Abfluss vermutlich beschleunigt.

Grübel gibt sich keinen Illusionen hin, wie er in seiner Rede zeigt. «Die Rahmenbedingungen in der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung werden sich ändern und das Verhalten unserer Kunden beeinflussen», heisst es da. Und weiter: «Wir werden sicherstellen, dass uns dies nicht unvorbereitet trifft.» Der UBS-CEO rechnet demnach mit weiteren Forderungen des Auslands. Das klassische Offshore-Geschäft verliert an Bedeutung, die UBS dürfte unter Grübel den Aufbau von Beratungen vor Ort forcieren.

Integrierte Bank bleibt

Kosten runter, aber keine fundamentale Strategieänderung, lautet Grübels Fazit. Und auch da trifft der Vergleich mit seiner Zeit als Spitzenmann bei der CS zu. Wie damals bei der Konkurrenz will Grübel auch die UBS weiterhin als integrierte Grossbank positionieren. Sie soll «eine globale Bank sein, die als Kerngeschäft das internationale Wealth Management und insbesondere auch das Schweizer Geschäft betreibt und dort eine führende Position einnimmt.» Dazu brauche sie «professionelle Dienstleistungen im Investmentbanking und im Asset Management».

«Ja, unsere Bank wird sich verkleinern», macht Grübel den Aktionären schliesslich Mut. «Andererseits gewinnen wir an Fokus, und zwar auf unsere Stärken. Und ich bin überzeugt, dass wir mit dieser Konzentration die richtige Basis für den zukünftigen Erfolg schaffen werden.»

Banken stehen vor Paradigmenwechsel

Seine Rede schliesst der UBS-Boss, der kurz vor Ausbruch der Finanzkrise die CS-Brücke verlassen hatte und damit als einer der wenigen Topshots der unter gegangenen Bankenära unbefleckt von den riesigen Verlusten und der Notwendigkeit der Staatsrettungen dasteht, mit nachdenklichen Tönen. Er spricht von einer neuen Zeitrechnung, mit kleineren Banken, mit Löhnen, die sich an der nachhaltigen Profitabilitität auszurichten hätten, mit weniger Risiken für die Volkswirtschaften, mit zwei Schweizer Grossbanken, die sich an der geringen Grösse des eigenen Landes zu orientieren hätten.

In seiner State-of-the-Union-Botschaft ruft Grübel folgerichtig zum Schulterschluss auf. «Gerade in diesem Paradigmenwechsel, den ich Ihnen beschrieben habe, haben wir einen Beitrag zu leisten – weil wir Fehler gemacht haben und daraus gelernt haben.» Motivierend sei, dass man in solchen Zeiten viel bewirken könne, «für diese Bank, für ihre Kunden, für eine neue Generation von Bankmitarbeitern».

Die UBS-Mitarbeiter würden dies ebenso empfinden: «Davon konnte ich mich in den letzten Wochen überzeugen. Ich höre es aus den Gesprächen, die ich mit ihnen führe, und lese dies aus den Zuschriften, die ich von ihnen erhalte. Sie sind bereit, sich einzusetzen, Einschnitte und Veränderungen zu akzeptieren und ihr Bestes zu geben. Und sie glauben daran, dass wir es schaffen werden – genauso wie ich.»


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