Banken-Boni: Ein guter Kompromiss
20minuten.ch (3. Juni 2009) – Die Finma setzt keine absoluten Obergrenzen bei den Boni. Obwohl der Vorschlag die verbreiteten populistischen Gelüste im Land nicht befriedigt, ist er richtig: Der Schweizer Finanzplatz manövriert sich damit bei den Löhnen nicht selbst ins Abseits.
Der mit Spannung erwartete Vorschlag der Finanzmarktaufsicht (Finma) über die Zukunft der Banken-Boni (20 Minuten Online berichtete) ist ein Kompromiss zwischen harten Auflagen und freiem Markt. Die Banken können auch in Zukunft mit attraktiven Entschädigungspakete um gesuchte Spezialisten und Manager buhlen.
Gleichzeitig müssen sie variable Lohnbestandteile während Jahren zurückbehalten, um sie notfalls nach unten anpassen zu können. Ebenfalls müssen sie gegenüber ihren Aktionären und der Öffentlichkeit aufzeigen, wie sie ihre gut bezahlten Köpfe am Erfolg teilhaben lassen.
Bonus/Malus für drei Jahre
Der Finma-Vorschlag, der bis Mitte August in die Vernehmlassung geht und ab Anfang 2010 in Kraft treten soll (für die UBS gelten die neuen Regeln bereits für das laufende Jahr), ist vor allem in einem Punkt fassbar. Die variablen Vergütungen an die Banker müssen während einer Sperrfrist «von mindestens drei Jahren im Wert schwanken» können, wie die Aufsichtsbehörde heute publiziert.
Diese temporär gesperrten Vergütungen seien «unter einen Erfolgsvorbehalt» zu stellen, schreibt der staatliche Watchdog. Und weiter: „Die Mitarbeitenden partizipieren nur dann an Wertsteigerungen, wenn sich die wirtschaftliche Situation des Instituts verbessert.»
Das bedeutet nicht, dass die Händler und übrigen Banker, die wegen falscher Anreizstrukturen Mitverantwortung an der Kernschmelze des Finanzsystems tragen, in Jahren mit Verlusten völlig ohne Boni leben müssen. Hingegen erhalten sie einen Anreiz, vorsichtig mit Risiken umzugehen, damit in der mittleren Frist keine bedrohlichen Löcher ins Schiff gerissen werden.
Keine absoluten Boni-Obergrenzen
Erreicht werden soll dieser angestrebte vernünftige Umgang mit Risiken, indem die Behörde das Bonus-/Malussystem auf eine neue Kennzahl abstützen will. Von einem echten Mehrwert könne erst dann gesprochen werden, «wenn nach Abzug aller risikogerechten Kapitalkosten ein Überschuss» bleibe, schreibt die Finma dazu.
«Je grösser das Risiko des Instituts ist, desto kleiner ist dieser Überschuss», resümiert sie. Damit würde zwar «die Höhe der variablen Vergütungen nicht direkt» beschränkt.
Hingegen würde verhindert, dass die «Übernahme grosser Risiken zu hohen variablen Vergütungen» führe. Der Mechanismus «mehr Risiko gleich mehr Bonus» wird gebrochen.
Als Folge haben nicht mehr allein Kennzahlen wie «Umsatz, Neugeldzufluss, Verkaufsvolumen oder Periodengewinne» entscheidende Bedeutung für die Bemessung der Erfolgsbeteiligung der Banker, sondern solche, die das eingegangene Risiko berücksichtigen.
Dass Boni in schlechten Jahren vollständig gestrichen werden könnten, hat die Finma verworfen. «Variable Vergütungen schaffen Anreize für die Mitarbeitenden, die Ziele und Interessen des Instituts zu verfolgen, indem sie die Mitarbeitenden am Erfolg beteiligen», begründet die Behörde. Das Boni-Rad völlig zurückdrehen will die Schweiz somit nicht.
Banken müssen Rechenschaft ablegen
Neu verstärkt die Behörde die Rechenschaftspflicht. So verlangt die Finma eine «summarische Offenlegung der Vergütungsstruktur für alle Mitarbeitenden» und nicht wie vom Aktienrecht bereits heute gefordert lediglich Angaben zu den Vergütungen der Unternehmensleitung.
Zudem sieht die Finma gesetzliche Anpassungen als nötig. Heute müssten die Boni-Bezüger Steuern auf Aktien und Optionen bezahlen, was für sie bei negativer Kursentwicklung ein Verlustgeschäft bedeuten könne. In Zukunft sollen Steuern erst auf die effektiv ausbezahlten Boni erhoben werden.
Schliesslich würden Arbeitsgerichte derzeit oft einen Anspruch von Bankmitarbeiter auf einen Bonus anerkennen. Diese Praxis müsse ebenfalls auf den Prüfstand gelegt werden.
Finma übt Selbstkritik
Auch wenn man den Markt bei den Entschädigungen für Banker weiterhin spielen lassen wolle, habe das bisherige System doch deutliche Mängel offenbart, schreibt die Aufsichtsbehörde in einem Anflug von Selbstkritik. Man sei sich bewusst, dass «die Marktmechanismen in den letzten Jahren nicht ausreichend funktioniert haben und darin ein Grund für den massiven Vergütungsanstieg der letzten Jahre zu suchen» sei.
Gleich lange Spiesse für alle – und für die Schweiz
Die Bankenaufseher beweisen mit ihrem Vorschlag ein gesundes Augenmass. Sie verzichten auf absolute Obergrenzen und Verbote, was meistens zu Umgehungen führt. (Banker sind innovative Geister, wenn es um kreative Produkte geht, vor allem solche in eigener Sache.) Gleichzeitig sorgt die Behörde dafür, dass nicht nur die Grossbanken, bei denen Lohnexzesse zu riesigen Verlusten geführt haben, sondern alle Finanzinstitute die neuen Regeln zu beachten hätten.
Last but not least will die Finma verhindern, dass sich die Schweiz international selbst ins Abseits stellt. Die Entwicklung auf der globalen Finanzbühne soll im Auge behalten werden. Sollte sich für das Land ein Wettbewerbsnachteil ergeben, würde das System allenfalls angepasst.