Auch die Credit Suisse schlug Leck

20minuten.ch (11. Februar 2009) – Die zweite Schweizer Grossbank Credit Suisse hat ihren Vorsprung auf Konkurrentin UBS zu einem grossen Teil verspielt. Im letzten Jahr erzielte die CS einen gigantischen Verlust über 8,2 Milliarden Franken. Vor einer dicken Steuergutschrift betrug dieser gar über 12 Milliarden.

Trotz den erschreckenden Verlusten versprüht die CS-Führung Optimismus. «Wir sind sehr gut ins Jahr 2009 gestartet und haben bisher in allen Divisionen einen Gewinn erzielt», lässt sich Konzernchef Brady Dougan in einer Mitteilung von heute früh zitieren.

Der Blick zurück aufs letzte Jahr gibt alledings zu denken. Die CS schneidet zwar besser ab als die grössere Konkurrentin UBS. Doch auch bei der Nummer Zwei des Bankenlandes Schweiz türmen sich die Verluste haushoch.

Die CS als halbe UBS: halb so gross, halb so schlecht

Grob gesagt gilt die Regel: Die CS ist eine halbe UBS: halb so viele Vermögen, fast halb so viele Verluste. Im Investmentbanking, diesem von den Angelsachsen dominierten Geschäftszweig des Handelns und Spekulierens, verlor die Credit Suisse im vergangenen Jahr über 14 Milliarden Franken. Bei der UBS ritten die Investmentbanker ihr Unternehmen mit 34 Milliarden in den Sumpf.

Dabei war die Investmentbank noch im Vorjahr der Stolz der Credit Suisse und trug fast 4 Milliarden zum Gruppengewinn bei. Doch das Annus horribilis 2008 löschte schlagartig die Einkünfte der Sparte der letzten Jahre aus und führte auch den CS-Verantwortlichen vor Augen, dass viele Geschäfte in der Welt des Bankengamblings auf Sand gebaut sind.

Ein harter Blick auf die veröffentlichten Ergebnisse der CS verstärkt den Eindruck eines massiven Geschäftseinbruchs. Der Verlust vor einem dicken Check der Steuerbehörden lag nämlich weit über dem ausgewiesenen Reinverlust. Sage und schreibe 12 Milliarden Franken beträgt dieses Minus für das ganze 2008, fast 9 Milliarden davon stammen aus den Monaten Oktober bis Dezember.

Im Schlussquartal zerstörten die Angelsachsen das Werk der Schweizer Kundenberater

Es war dieses vierte Quartal, das aus der CS als vermeintlicher Gewinnerin der Finanzkrise ein weiteres Opfer machte. Woche für Woche verloren die hochbezahlten und offenbar unkontrolliert von der Zentrale agierenden Handelsstars in New York und London fast eine Milliarde Franken und machten mit ihren Fehlspekulationen zunichte, was die Kundenberater in der Vermögensverwaltung und im Schweizer Inlandgeschäft in der anspruchsvollen Zeit aufbauten.

Besonders die Schweizer CS-Banker arbeiteten gut und erzielten mit einem Gewinn vor Steuern von fast 2 Milliarden ein Rekordergebnis. Auch im Privatebanking, das die Gelder vermögender Kunden aus aller Welt verwaltet, spürte die CS wenig von Krise. Selbst im Schlussquartal von 2008, als die Finanzwelt nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbanken und den globalen Rettungsaktionen der Politik Kopf stand, flossen den Schweizern Vermögen zu.

50 Milliarden Zufluss bei der CS, über 200 Milliarden Abfluss bei der UBS

Insgesamt weist die CS-Vermögenswaltung (inklusive Schweiz) für 2008 einen Neugeldzufluss von 51 Milliarden aus, fast gleichviel wie ein Jahr zuvor. Zum Vergleich: Der UBS flossen im letzten Jahr 226 Milliarden ab. Ein Teil davon dürfte wohl bei der Rivalin vom Zürcher Paradeplatz gelandet sein.

Arabische statt Schweizer Rettungsleine, that’s the difference

Die vermögenden Kunden entzogen der CS somit trotz der miserablen Leistung im Handelsgeschäft ihr Vertrauen nicht. Möglicherweise ist dies mehr eine Folge der desaströsen Verfassung von Konkurrentin UBS als ein Zeichen der eigenen Stärke. Denn auch die Credit Suisse kam nicht ohne massive Kapitalerhöhung über die Runde. Dass sich die Öffentlichkeit darüber weniger aufregt als bei der UBS, hängt allein mit der Herkunft der CS-Rettungsleine zusammen. Diese wurde ihr nicht von Bern aus zugeworfen, sondern aus dem Mittleren Osten.

Die CS-Führung will sich vom miserablen 2008 nicht die Laune verderben lassen. Wie schon zu Beginn der grossen Finanzkrise, als die Verantwortlichen lange nichts von grossen Abschreibern wissen wollten, rühren sie auch jetzt wieder die Werbetrommel in eigener Sache.

Intergrierte Bank als non plus ultra – trotz Megaverlusten im Handelsgeschäft

«Wir haben die Credit Suisse so aufgestellt, dass sie einerseits weniger anfällig ist, sollte das schwierige Marktumfeld in den kommenden Monaten andauern, andererseits aber von einer Markterholung profitieren kann», sagt Konzernchef Dougan im Communiqué von heute, und bekräftigt sein Bekenntnis zur integrierten Bank mit einem starken Standbein im Handel. Dank enger Zusammenarbeit zwischen Vermögensverwaltung und Investmentbanking habe die CS über 5 Milliarden Franken Zusatzgewinne erzielt, heisst es.

Die Zuversicht der CS-Oberen wird unterstrichen durch ein kleines Zückerchen an die gebeutelten Aktionäre. Die Bank will trotz Verlusten eine Minidividende von 10 Rappen pro Aktie ausschütten. Im Vorjahr waren es noch 2 Franken 50. Nicht viel mehr als ein Trostpflaster für die Eigentümer also, doch angesichts des Jahrhundertsturms in der Finanzindustrie nicht zu verachten.


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