«Ich wollte immer fair entscheiden»

20minuten.ch (26. Februar 2009) – Der scheidende UBS-Chef Marcel Rohner verabschiedet sich per internem Schreiben von seinen Mitarbeitern. Er habe die Führung der Bank vor 20 Monaten übernommen, kurz bevor für die UBS und die Finanzindustrie «die tiefste Krise der letzten Jahrzehnte» begonnen habe.

In dieser Zeit seien schwierige Beschlüsse nötig geworden, schreibt Rohner, 44. «Einige davon trafen auf schonungslose Kritik und auf offenen Widerstand.»

«Bei jeder wichtigen Entscheidung, die mit diesen oft unvereinbaren Erwartungen verbunden war, habe ich mir zwei grundlegende Fragen gestellt: Was sind die Fakten? und: Was ist fair?», teilt Rohner seinen Mitarbeitern zum Abschied mit.

Rücktritt war eigener Entscheid, sagt Rohner

Rohner habe in der Krise «ein Ziel vor Augen: Die Bank wieder zur Profitabilität zu führen.» Er habe dann Anfang Jahr den VR informiert «über meine Absicht, nach der Neupositionierung unseres Geschäfts und dem Erreichen der Gewinnzone als CEO zurückzutreten».

Als CEO hat Rohner die Investoren und Beobachter nicht überzeugen können. Die Aktie sank kontinuierlich, bis sie diese Woche unter 10 Franken zu liegen kam. Der Aargauer, Vater von zwei Kindern, der fast seine ganze Karriere bei der UBS gemacht hatte und vom Risikomanager über den Chefposten in der Vermögensverwaltung im Sommer 2007 an die Konzernspitze gekommen war, sanierte nur zögerlich. Verschiedentlich unterschätzte er mit seinen öffentlichen Aussagen die Schwere der Krise.

Grübel, übernehmen Sie!

In seinem Abschiedsschreiben zeichnet Rohner ein anderes Bild. «Unser Unternehmen hat viel erreicht und wir sind unserem Ziel ein grosses Stück näher gekommen», heisst es dort. «Jetzt ist für mich der richtige Zeitpunkt gekommen, meine Verantwortung an meinen Nachfolger Oswald J. Grübel zu übergeben.»

Dass Rohner freiwillig seinen Sessel geräumt hat, wie es der offiziellen Version der UBS entspricht, ist wenig wahrscheinlich. Rohner geriet vor Wochenfrist ein weiteres Mal unter starken Druck, nachdem die Schweiz Kundendaten an die USA aushändigen musste und damit das Bankgeheimnis aufs Spiel setzte. Die UBS stand in den USA kurz vor einer Anklage als «kriminelle Organisation». Rohner wird von verschiedenen Seiten vorgeworfen, er habe von den Methoden der UBS-Kundenberater im US-Offshoregeschäft gewusst oder hätte zumindest davon wissen müssen.

Nur Lob für den Neuen

Nun lobt Rohner Grübel über den grünen Klee. «Er kennt unser Geschäft wie kein Zweiter, verfügt über weitreichende Erfahrung und ist ein ausgewiesener Turnaround-Manager», schreibt Rohner in seinem Brief ans Personal. «Ich bin davon überzeugt, dass er mit einer frischen Perspektive neues Vertrauen gewinnen und die Glaubwürdigkeit von UBS erneuern wird.»

Zum Schluss schreibt Rohner im Personalbrief: «Es war ein ausserordentliches Privileg für mich, die Verantwortung für die Führung von UBS gerade in dieser herausfordernden Zeit zu tragen, und mit Ihnen zusammen zu arbeiten.» Er danke allen Mitarbeitern «von ganzem Herzen für all Ihre Unterstützung und für all das, was Sie in erfolgreichen und in schwierigen Zeiten geleistet haben».

Vorbehaltlos wirft sich Rohner für den neuen starken Mann der UBS ins Zeug. «Bitte unterstützen Sie Oswald J. Grübel und die Konzernleitung weiterhin mit voller Energie und Ihrem ganzen Engagement.» Der Führungswechsel sei ein Schritt auf dem Weg «zurück zu unserer Position als führendes globales Finanzdienstleistungsunternehmen.»


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