November 2002 – die UBS und ihre Beruhigungspille

20minuten.ch, Serie Teil 2, 13. April 2010

Von der Konzernleitung und dem Präsidium getrieben, die UBS in allen Geschäftsfeldern zur Nummer eins der Welt zu machen, war die Leitung des Private Banking zu Beginn des neuen Jahrtausends nicht bereit, auf die Einnahmen aus dem US-Offshore-Geschäft zu verzichten. Sie wusste und akzeptierte, dass ihre Berater die US-Kunden mit unversteuerten Vermögen verwöhnten, statt sie, wie den USA gemäss dem Geist des Qualified-Intermediary-Vertrags versprochen, an die kurze Leine zu nehmen. Über die Zeit entstand daraus ein Geschäftsmodell, das auf juristischen Spitzfindigkeiten, Bauernschlauheit und am Ende Betrug basierte. Ausgerechnet in den USA, einem Land, das berüchtigt ist für seine strenge Haltung gegenüber Profiteuren und Tätern, riskierte die Spitze des weltgrössten Vermögensverwalters bewusst einen juristischen Hochseilakt.

Von den Risiken sollte die Aussenwelt nichts erfahren. «Lieber Kunde, Sie befürchten, dass wir Informationen unserer US-Kunden nicht mehr streng vertraulich behandeln würden, insbesondere infolge unserer Akquisition von Paine Webber», begannen Michel Guignard und ein weiterer UBS-Kadermann ihren Brief vom 4. November 2002. «Wir schreiben Ihnen, um Ihnen zu versichern, dass Ihre Ängste unbegründet sind, und wir möchten einige der Gründe ausführen, warum der Schutz von Kundendaten unter keinen Umständen geschwächt werden kann.»

Das Bankgeheimnis sollte die US-Kunden beruhigen

Viele Amerikaner hatten sich in den zurückliegenden Monaten gefragt, ob die Bank ihre Daten auch dann noch schützen würde, wenn die amerikanischen Behörden dereinst gegen sie mobil machten. Wäre den Schweizern ihr eigenes Hemd nicht doch näher?

Solche Bedenken wollten die Verantwortlichen zerstreuen. Sie betonten ihre Vertrauenswürdigkeit und warfen nicht nur das Gewicht der grossen UBS in die Waagschale, sondern verwiesen auch auf die Geschichte des Schweizer Finanzplatzes als sicheren Hafen für verfolgte Vermögen. Dabei fuhren sie die schärfste Waffe der Branche auf, das Bankgeheimnis, das die Kunden vor unerwünschter Offenlegung schütze.

Ihr Geheimnis würden die Schweizer Bankiers eher mit ins Grab nehmen als fremden Behörden verraten, lautete die Botschaft. «Bereits vor diesem Hintergrund sollte klar sein, dass Informationen rund um Ihre Schweizer Bankverbindung so sicher sind wie seit eh und je, woran die Möglichkeit der USA, auf unsere US-Einheiten Druck auszuüben, nichts ändern kann», legten die beiden UBS-Manager dar und griffen dann tief in die Mottenkiste der Geschichte. «Unsere Bank unterhält seit 1939 Büros in den USA und war der Gefahr von US-Zugriffen auf im Ausland gehaltene Vermögen seit Jahrzehnten ausgesetzt. Seien Sie versichert, dass sie sich erfolgreich gegen diese Versuche gewehrt hat.»


Einen Kommentar schreiben