Juli 2000 – als die UBS ihre Unschuld verlor

20minuten.ch, Serie Teil 1, 12. April 2010

Brisant am UBS-Memorandum vom 4. Juli 2000, dem Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, waren Empfehlungen, die den Eindruck erwecken, dass die Rechtsspezialisten von Baker & McKenzie sie für gut befunden hatten. Der erste Punkt war mit «Change of investments» überschrieben und hielt fest, dass amerikanische Kunden, die keine automatische Meldung ans Steueramt akzeptieren würden, ihre US-Wertpapiere verkaufen müssten. So weit, so gut, das entsprach dem Sinn und Geist des neuen Qualified-Intermediary-Abkommens.

Dann aber folgte als Zweites der Passus «Change of structure», und dort schrieben die Autoren Folgendes: «Wenn ein Kunde/Stiftungsgründer/Begünstigter wünscht, direkte Anlagen in US-Wertschriften zu behalten, kann dies durch eine Firma geschehen, die unterhalb des Trusts der Stiftung angesiedelt wird.» Dies, so hiess es weiter, sei nicht gefährlich für die Bank.

«Das ist ein relativ kleiner Eingriff, der vorgenommen werden kann, ohne den IRS zu verärgern, sofern er vor 2001 stattfindet.» Hingegen würden die Baker & McKenzie-Anwälte von einer Umwandlung von Grantor oder Simple in komplexe Trusts abraten, da ein solches Vorgehen die Vorteile der ursprünglichen Struktur zerstören könnte.

Die tödliche Falle war gestellt

Hier war es, das Schlupfloch, das sich Jahre später als tödliche Falle für die UBS – und den gesamten Schweizer Finanzplatz – entpuppen sollte. Vieles deutet darauf hin, dass die gut bezahlten und renommierten Steueranwälte von Baker & McKenzie es wenn nicht empfahlen, so doch zumindest nicht vor ihm warnten. Im folgenden Punkt wurde sogar für sie geworben. Mit den Worten «Baker & McKenzie hätte die Kapazitäten, um beispielsweise BVIs unter jede unserer Stiftungen zu legen», brachten die Autoren des UBS-Memorandums die Kanzlei für zukünftige Aufgaben ins Spiel.

Worauf das brisante Dokument abzielte, war eindeutig. Empfohlen wurde die Gründung von Firmen in der Karibik, in Liechtenstein oder in anderen Offshore-Ländern, was rechtlich eine Unterbrechung der bisher bestehenden direkten Linie zwischen Bank und Kunde respektive dessen Stiftung bedeutete. Die Wertpapiere sollten vom Anleger in die neu gegründete Gesellschaft verschoben werden. Steuersubjekt wäre dann nicht mehr der US-Kunde, sondern eine Firma in einem Land, das mit den Vereinigten Staaten ein Doppelbesteuerungsabkommen hatte. Die klare Auflage des Qualified-Intermediary-Abkommens, wonach amerikanische Steuerpflichtige US-Wertpapiere nur bei automatischer Offenlegung halten durften, war damit entschärft.


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