Achtung Gegenrecht!: Das Kleingedruckte im Steuerdeal

20minuten.ch (13. April 2012) – Schweizer Schwarzgeld fürchtet Kleingedrucktes im Steuerdeal: Unbeachtet geblieben im Tohuwabohu um den Steuerdeal mit Deutschland ist ein winziger Passus im Steuerabkommen.

Banker, Politiker und Professoren wettern über den Steuerdeal mit Deutschland. Ungeachtet der Breitseite will Bern heute den nächsten Vertrag unterzeichnen, diesmal mit Nachbar Österreich.

Immer mehr EU-Staaten haben offenbar lieber den Abgeltungs-Spatz in der Hand als die Offenlegungs-Taube auf dem Dach. Sollte der Informationsaustausch in ein paar Jahren trotzdem auf den Tisch kommen, würde man doppelt profitieren: zuerst die Abgeltung, dann die Daten.

Auch deutsche Banken müssen Steuervogt spielen

Das schmeckt nach bester aller Welten. Trotzdem stellen sich deutsche Politiker aus SPD-regierten Bundesländern gegen den Steuerdeal mit Bern. Sie sprechen von fehlender Gerechtigkeit und machen Klassen-Wahlkampf.

Kein Wunder, sind es auch deutsche Kritiker am Abkommen, die auf eine bisher unbeachtet gebliebene Spezialität im «Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt» hinweisen. Es geht um Reziprozität, also Gegenrecht für das, was die Schweiz Deutschland offeriert.

In Artikel 1, Abschnitt 2 heisst es dazu unter Punkt c: «Die Schweiz kann von der Bundesrepublik Deutschland nach Massgabe dieses Abkommens die Einführung von Massnahmen zur Sicherung der Besteuerung von in der Schweiz ansässigen Personen verlangen in Bezug auf Kapitalerträge, die bei Zahlstellen in der Bundesrepublik Deutschland erzielt werden.»

Einfacher gesagt: Schweizer mit nicht deklarierten Geldern auf Bankkonten in Deutschland werden genauso zur Ader gelassen wie Deutsche mit unversteuerten Vermögen in der Schweiz.

Auch das Vorgehen ist gleich wie in der Schweiz. Mit «Zahlstellen in der Bundesrepublik Deutschland» sind in- und ausländische Banken auf deutschem Boden gemeint. Diese müssen Erträge auf verwaltete Vermögen von Kunden aus der Schweiz besteuern. Die auf diese Weise eingetriebenen Steuern müssen die Banken via Berlin dem Schweizer Fiskus überweisen.

Kaum Schweizer Geld in Deutschland

An der Aufregung wird das von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf und ihrem Unterhändler Michael Ambühl ausgehandelte Gegenrecht kaum viel ändern. Der Grund ist einfach: Viel Schweizer Geld dürfte nicht auf deutschen Bankkonten liegen.

Während es nämlich auf Schweizer Gebiet – im Bodenseeraum und entlang der Grenze bei Schaffhausen – von Bankfilialen wimmelt, ist von solchem Finanz-Eldorado auf der anderen Seite des Rheins wenig zu sehen.

Viele Deutsche wurden nach ihrer Flucht vor dem eigenen Fiskus von Schweizer Banken mit offenen Armen empfangen. Umgekehrt hielt sich der Abfluss von Schweizer Geld in Grenzen.


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