Schwarzgeldkonten: Ex-Kadermann verpfeift Bank Wegelin

20minuten.ch (4. Januar 2012) – Die USA klagen drei Berater der Bank Wegelin an. Dass im Steuerkrieg gerade die Privatbank angegriffen wird, ist die Folge der Kooperation eines verhafteten Ex-Teamchefs.

Jetzt hat es auch eine Adresse der feinen Privatbanken erwischt. Die Bank Wegelin in St. Gallen, die mit ihrem Aushängeschild Konrad Hummler eine bekannte Persönlichkeit an ihrer Spitze hat, wird im Steuerkrieg zwischen den USA und der Schweiz zum grossen Angriffsziel.

Hummler ist seit kurzem Präsident der «NZZ»-Mediengruppe und für die USA dementsprechend ein attraktives «Ziel». Zudem war der Ostschweizer zuvor lange Zeit Mitglied des Bankrats der Schweizerischen Nationalbank.

Wie stark Wegelin als Bank und nicht allein als Arbeitgeberin von angeklagten Mitarbeitern unter US-Druck geraten wird, bleibt abzuwarten. Den Amerikanern geht es wohl in erster Linie darum, rasch an Tausende von Namen von potenziellen US-Steuersündern heranzukommen.

Bekanntes Anklagemuster

Vorerst gehen die US-Justizbehörden nach dem bekannten Muster vor. Sie klagen drei Wegelin-Vermögensberater an, die amerikanische Kunden mit nicht deklarierten Geldern betreut hatten. Diese Kunden seien zu Wegelin gekommen, «nachdem die UBS und eine andere Schweizer Grossbank aus ihrem US-Offshoregeschäft mit nicht deklarierten Gelder ausgestiegen seien», schreiben die US-Behörden.

In ihrer Anklageschrift erwecken die USA bei Wegelin den Eindruck einer «Kriegsgewinnlerin», die im grossen Stil von den bei der UBS und der CS nicht länger erwünschten US-Offshore-Klientel profitiert habe. Die Wegelin-Berater hätten diese Kunden «im Nachgang zu umfassenden Nachrichten über Ermittlungen der US-Steuerbehörden gegen die UBS und ihrer Hilfe für US-Steuersünder» zur Bank geholt, schreiben die USA.

Wegelin betont in einer schriftlichen Stellungnahme, dass sie sich aus Schweizer Sicht nichts vorzuwerfen habe. «Währenddem das amerikanische Recht Spielraum für strafrechtliche Schritte in der Sache zulässt, kann die Bank Wegelin mit Gewissheit davon ausgehen, dass im gesamten Zeitraum kein Schweizer Recht verletzt worden ist.» Die angeklagten Mitarbeiter seien «in unserem Lande für die Bank tätig» gewesen.

Folgen weitere Anklagen?

In der US-Anklage ist die Rede von nicht genannten «Co-Konspiratoren», darunter einem Managing Director von Wegelin. Als Nächstes könnten die USA somit einen hierarchisch hochgestellten Banker des Unternehmens ins Visier nehmen. Damit entstünde die Gefahr, dass Wegelin als Institut destabilisiert würde.

Gleich gingen die Amerikaner Ende 2008 bei der UBS vor, als sie den Chef der weltweiten Vermögensverwalter der Grossbank persönlich anklagten. Kurz darauf gaben die UBS und die Schweiz durch das Bankgeheimnis geschützte Daten von rund 250 US-Kunden heraus. Damit konnten sich die UBS-Spitzenleute aus der Schusslinie nehmen.

Offen bleibt die Frage, warum die USA gerade Wegelin herauspicken. Die St. Galler sind nur eine von derzeit elf Banken, die alle mit den Justizbehörden kooperieren und in diesen Wochen umfangreiches Datenmaterial nach Übersee schicken.

Kooperation eines Ex-Kaders

Zum einen hängt das mit einem Ex-Wegelin-Kadermann zusammen. Dieser wurde im Herbst 2010 in Miami verhaftet und kooperierte in der Folge mit den Behörden. Daniel S. war 2005 von Vontobel zur Bank Wegelin gestossen, wo er für das Strukturen-Business mit Sitz auf den Cayman Islands zuständig war. Er war in einen Geldwäschereifall involviert und ist in seinem eigenen Verfahren in den USA geständig.

Bei Wegelin war Daniel S. Chef des US-Offshore-Teams. Er holte einen Ex-Kollegen von Vontobel zur neuen Arbeitgeberin, der nun ebenfalls angeklagt ist. Aufgrund von Details in der US-Anklageschrift gegen die drei Wegelin-Banker ist zu vermuten, dass Daniel S. umfassend mit den USA kooperierte. Das Ziel dürfte gewesen sein, für sich selbst eine mildere Strafe herauszuholen.

Die Rechnung dafür bezahlen die Bank Wegelin und die drei angeklagten Ex-Kollegen von Daniel S. Diese können ab sofort nicht mehr das Land verlassen, ohne Gefahr zu laufen, verhaftet und den USA ausgeliefert zu werden. Die Bank lässt ihre Mitarbeiter aber nicht fallen. Gemäss Wegelin-Mitteilung würden diese anderweitig eingesetzt. Zudem schreibt Wegelin, dass die Bank das Geschäft mit amerikanischen Kunden vollständig aufgegeben habe.

Viele US-Kunden von der UBS aufgenommen

Ein zweiter Grund, warum Wegelin ins US-Visier gerät, könnte mit dem Umfang des US-Offshore-Business zu tun haben. Wegelin war vor dem UBS-Fall eine kleine Nummer in diesem Markt. Doch als die Grossbank ihre US-Kunden herausschmiss, landete ein grosser Teil davon bei Wegelin.

Dies wissen die USA aufgrund des bisher gelieferten Datenmaterials der Banken. Die Aussagen von Ex-Wegelin-Kader Daniel S. zusammen mit der Tatsache, dass Wegelin viele UBS-Kunden nach 2008 aufgenommen hatte, könnte zur US-Offensive gegen die St. Galler geführt haben.


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