Hildebrand-Nachwehen: Überprüfen ist gut, Fragen stellen ist besser

20minuten.ch (18. Januar 2012) – Die Überprüfung der Dollar-Deals erfolgte ohne Befragung von Philipp Hildebrand. Der Chef der Revisionsaufsichtsbehörde hat dafür null Verständnis.

Die Zeit der Hildebrand-Nachbeben hat begonnen. Mitten drin: die Eidgenössische Finanzkontrolle und PwC, die Prüfgesellschaft der SNB. Beide stehen im Verdacht, den abgetretenen Notenbank-Chef Philipp Hildebrand vorschnell freigesprochen zu haben.

Die Vorgeschichte beginnt Mitte Dezember. Damals fragte Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey SNB-Chef Hildebrand, ob sich dieser durch illegale Eigengeschäfte persönlich bereichert habe.

Mit Hildebrands Einverständnis beauftragte der SNB-Bankrat die eigene Revisorin PwC, die Eigengeschäfte des obersten Notenbankers zu überprüfen. Die Bundespräsidentin bat ihrerseits die obersten Chefs der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) um eine eigene Untersuchung.

Nichts gesehen, nichts gehört, nichts gespürt

Beide Instanzen gaben im Dezember nach wenigen Tagen Untersuchung Entwarnung. «Unsere Prüfung hat keine verdächtigen Operationen rund um Ausnützung geheimer Informationen oder eine diesbezügliche Regelverletzung gezeigt», hielt die EFK am 21. Dezember fest.

Am gleichen Tag schrieb die PwC dem Präsidenten des SNB-Bankrats Hansueli Raggenbass, dass «aufgrund der (…) zur Verfügung gestellten Unterlagen und unseren Prüfungstätigkeiten» kein Verdacht aufgekommen sei, dass Hildebrand interne Vorschriften «nicht eingehalten» habe.

Die Art der Untersuchung gab vorerst nicht zu reden. Doch als Hildebrand vor Wochenfrist vom Amt zurücktrat, wurde bekannt, dass weder die Berner Kontrolleure noch die hoch bezahlten Partner der PwC für ihre Untersuchung mit Hildebrand gesprochen hatten.

«Direktgespräch ist wichtig»

Dafür werden sie nun von Frank Schneider, Direktor der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde (RAB), scharf gerügt. «Es ist stossend, dass der Bankrat keine Interviews mit Herrn Hildebrand zuliess und sowohl die PwC als auch die Eidgenössische Finanzkontrolle nicht darauf beharrten», sagt der oberste staatliche Revisor des Landes gegenüber 20 Minuten Online. Schneider begründet seine Kritik: «Das Gespräch mit dem direkt Betroffenen ist für eine solche Untersuchung wichtig.»

Die Schelte des nationalen Oberrevisors wirft die Frage auf, ob die Finanzkontrolle von Bundesbern und PwC in der Hildebrand-Affäre unprofessionell vorgingen. Sollten sie ihren Auftrag nicht sorgfältig genug ausgeführt haben, könnten sie von Involvierten allenfalls belangt werden.

Bedauern im Nachhinein

Kein Wunder, versuchen die angeschossenen Finanzkontrolle und PwC, Verständnis für ihr Verhalten zu erwecken. Am Resultat hätte eine Befragung Hildebrands nichts geändert, wurde der Direktor der Finanzkontrolle, Kurt Grüter, vor Wochenfrist auf der Blick-Onlineseite zitiert. Grüter ist sich seiner Sache aber offenbar nicht ganz sicher. «Im Nachhinein bedauere ich, dass wir Hildebrand nicht persönlich befragt haben», sagte er gemäss dem Artikel.

Vor der Eskalation der Causa Hildebrand zeigte sich Grüter seiner Sache sicher. «Herr Hildebrand hat mir gegenüber eine Vollständigkeitserklärung abgegeben», sagte der Spitzenbeamte kurz vor Silvester. «Darauf habe ich alle Bankbelege der letzten zwölf Monate geprüft und gesehen, dass die SNB-Reglemente eingehalten wurden.» Grüter befand auch die seiner Prüfung zugrunde liegenden Regeln der Notenbank, die heute von breiten Kreisen als zu lasch kritisiert werden, für genügend. «Soweit ich das überblicken konnte, entsprechen die SNB-Reglemente gegen Insider-Delikte den heutigen Standards», meinte er damals.

PwC stellte Fragen – aber nur schriftlich

Die weltweit tätige Prüfgesellschaft PwC war im Bild darüber, dass die Berner Finanzkontrolle (EFK) vergeblich ein Gespräch mit Hildebrand gesucht hatte. «Wir wurden von der SNB informiert, dass die EFK ein Gespräch mit Hildebrand wollte, die SNB die Anfrage jedoch ablehnte», sagt PwC-Sprecherin Claudia Sauter.

«Wir stellten daraufhin verschiedene Fragen. Auf Wunsch der SNB hatten die Fragen schriftlich zu erfolgen, begründet damit, dass auch die Dokumentation der Antworten präzis sind», fährt Sauter fort. «So stellten wir schriftlich Fragen zur Vollständigkeit der Unterlagen, Begründung von Transaktionen und auch Fragen zum Nachweis der Liegenschaftentransaktionen. Wir erhielten auch entsprechende Antworten.»

Am Vorgehen würde die PwC auch aus heutiger Sicht nichts ändern. «Wir stehen nach wie vor zu unserem Bericht, den wir am 21. Dezember erstellt hatten und auch zum Vorgehen», sagt die PwC-Sprecherin. «Basierend auf den neuen Informationen müssten wir weitere Abklärungen machen. Je nach den Ergebnissen dieser zusätzlichen Abklärungen hätte dies einen Einfluss auf unseren Bericht.»


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