Im Kerngeschäft top, im Investment Flop

20minuten.ch (25. Oktober 2011) – Die UBS überrascht mit einem Quartalsgewinn von einer Milliarde Franken. Der Grund: die gute Leistung im Kerngeschäft mit reichen Kunden. Doch die Investmentbank stürzt ab.

Dies ist ein guter Tag für alle Kritiker einer grossen UBS-Investmentbank. Das Resultat des 3. Quartals spricht Bände und ist Wasser auf die Mühlen dieser Stimmen.

Während die Vermögensverwaltung vor Steuern 0,9 Milliarden Gewinn erzielte, liegt die Investmentbank bei einem Minus von 650 Millionen. Und das noch ohne den Verlust durch die Geschäfte eines jungen Händlers in London. Dass auch das Schweizer Kleinkunden- und Firmengeschäft mit 0,7 Milliarden eine Perle ist, macht den Kontrast zwischen risikoarmerVermögensverwaltung und riskantem Investmentbanking umso stärker.

Also alles klar? Die neue Führung unter Sergio Ermotti stutzt die Investmentbank zurecht? Tatsächlich scheint es so. Erstmals sind klare Anzeichen erkennbar, dass die UBS ihre High-Risk-Investmentbank, die in den letzten 20 Jahren vor allem für Turbulenzen und Abstürze gesorgt hat, in den Dienst ihres soliden Vermögensverwaltungsgeschäfts stellen wird.

UBS will nicht mehr überall zu den Big 5 gehören

Zwar will die UBS erst in drei Wochen an ihrem Investoren-Tag in New York die Karten auf den Tisch legen. Doch vor UBS-Managern ist zu hören, dass die Würfel bereits gefallen sind und die Bank ihren Anspruch aufgibt, überall im globalen Handels- und Beratungsgeschäfts unter den Big 5 zu sein. Es genüge eine Grösse, die für das Kerngeschäft Vermögensverwaltung nützlich sei, heisst es.

Im heutigen Communiqué der Bank zum Ergebnis von Juli bis Ende September, das durch den 2-Milliarden-Verlust des Londoner Junior-Traders getrübt ist, finden sich deutliche Hinweise auf die neue UBS. Durch eine «engere Abstimmung auf eine fokussierte Investment Bank» werde man die «einzigartige Kundenbasis und unsere Wettbewerbsvorteile im Wealth Management» nutzen.

Die Wortwahl ist ein klarer Hinweis auf die zukünftige Strategie. Beim Handelsgeschäft ist die Rede von Fokussieren, in der Vermögensverwaltung wird die eigene Stärke betont und unterschwellig weiterer Ausbau angetönt.

Investmentbanker verspielen, was Vermögensverwalter reingeholt haben

Offenbar ist die UBS unter neuer Führung bereit, vom hohen Ross zu steigen und das zu sein, was zu ihr passt: eine weltweit führende Vermögensverwaltung mit angehängter Investmentbank. Daran ändert nichts, dass die Schweizer Grossbank in ausgewählten Bereichen wie Devisen- und Aktienhandel weiterhin zu den führenden Finanzkonzernen gehören will.

Seit bald zwei Jahrzehnten versucht die UBS, sich unter den grössten globalen Investmentbanken der Welt zu halten. Das ist ihr nie nachhaltig gelungen. Im Gegenteil, der Anspruch gleicht einem Irrsinn, wenn man sich die über den ganzen Zyklus angefallenen Verluste vor Augen hält. Auf einen Nenner gebracht: Was die Vermögensverwaltung verdiente, verspielte die Investmentbank.

Geblutet hat vor allem der UBS-Aktionär. Nach einem Höhenflug auf 80 Franken sank der Kurs der Aktie im Frühling 2009 auf 8 Franken und hat sich bisher noch nicht gross erholt. Wichtige Investoren wie der Singapurer Staatsfonds, der in der Subprimekrise Milliarden von Kapital zur Verfügung stellte, drängen auf einen höheren Aktienkurs. Mit einer unsicheren, immer wieder durch überraschende Verluste verstörende Investmentbank kann dies die UBS kaum erreichen.

Ermotti dürfte definitiver Chef werden

Wenn die UBS in drei Wochen die Zurückbindung der Investmentbank herausstreichen sollte, würde dies die Handschrift von Interims-CEO Sergio Ermotti tragen. Sein Vorgänger Oswald Grübel, der nach dem London-Crash überraschend zurücktrat, stand für Big Business in der Investmentbank, auch wenn schon unter seiner Führung eine Umkehr eingeleitet worden war. Doch diese war zögerlich, und glaubwürdig konnte sie Grübel – ein begnadeter Händler – nicht nach innen und aussen vertreten.

Dies ist für Ermotti einfacher. Der Tessiner ist noch relativ neu bei der Bank und wirkt unverbraucht, was die alte Strategie betrifft. Für die Umkehr hat er es deshalb einfacher als der vorbelastete Grübel. Wenn Ermotti es schafft, glaubwürdig eine UBS mit viel weniger Risiken und viel mehr Stabilität zu verkünden, dürfte auch er selbst einen Sprung machen: vom interimistischen zum definitiven CEO der Grossbank.


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