Steuerstreit mit den USA: Bern will CS um jeden Preis retten

20minuten.ch (29. August 2011) – Das Schweizer Bankgeheimnis schmilzt dahin: Mit einem Zusatz in letzter Minute zimmert der Bundesrat ein Spezialgesetz für die von den USA gejagte Credit Suisse.

Im Sommer 2009 liessen die USA die UBS gegen die Herausgabe von 4450 Kundendossiers springen. Zwei Jahre später geht Washington aufs Ganze: Jetzt fordert das US-Justizministerium die Namen aller potenziellen US-Steuerflüchtigen.

Damit steht der Konflikt mit den USA vor der entscheidenden Schlacht. Allein bei der UBS war die Rede von 20 000 Konten mit 20 Milliarden Dollar hinterzogenen Vermögen. Bei der CS und weiteren Banken dürfte in der Summe eine ähnlich hohe Zahl zusammenkommen.

Das alte Argument: CS ist zu wichtig für die Schweiz

Vor allem die systemrelevante Credit Suisse ist im Visier der USA. Bern sei zum Schluss gekommen, dass die CS um jeden Preis zu retten sei, sagt ein Schweizer Banker, der mit den Vorgängen vertraut ist. «Argumentiert wird wie bei der UBS: ‹Too Big To Be Indicted› – zu gross und wichtig, um durch eine Anklage unterzugehen», sagt der Banker.

Wie der «Sonntag» gestern berichtete, hat der Bundesrat bereits vor 3 Wochen das neue Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA, das noch nicht einmal 2 Jahre alt ist, in einer Nacht- und Nebelaktion erweitert und der zuständigen Kommission zur Vorbereitung zugestellt. Neu sollen sogenannte Gruppenanfragen erlaubt sein. Damit brauchen die USA für vermutete Steuerhinterziehungsfälle keine konkreten Namen mehr von US-Bürgern mit Geldern in der Schweiz. Es genügt, wenn sie ein bestimmtes Vorgehensmuster beschreiben.

Mit dieser Art von Amtshilfe hatte der Bundesrat im August 2009 der UBS geholfen, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen und einen Prozess in den USAabzuwenden. Nun versuchen die federführende Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf und ihr Finanz-Staatssekretär Michael Ambühl das Gleiche, um der CS aus der Misere zu helfen. Unterhändler Ambühl pendelt derzeit zwischen Washington und Bern. «Die Verhandlungen mit den US-Behörden sind weiterhin im Gange», bestätigt Ambühls Sprecher Mario Tuor.

Ambühl im Kommunikations-Spagat

Ambühl macht dabei einen riesigen Spagat. Für die USA beugt er hiesiges Recht so weit, dass möglichst viele Daten von US-Kunden offengelegt werden können. In der Schweiz hingegen wird betont, dass es nicht wie bei der UBS zu Sonderrecht komme. «Der Bundesrat hat klargemacht, dass diesmal nur eine Lösung innerhalb des bestehenden Schweizer Rechts zu haben ist», sagt der Ambühl-Sprecher.

Wie die Ergänzung des Amtshilfeabkommens mit den USA zeigt, stimmt das nur bedingt. Das Parlament soll bereits in der Herbstsession den Vertrag mit den USAabnicken. Ob Gruppenanfragen den Amerikanern aber genügen, steht noch in den Sternen. «Diesmal wollen die USA alle Namen», meint ein UBS-Kadermann, der im Fall seiner Grossbank an der Problemlösung dran war.

Das Problem wird sein, dass mit solchen Gruppenanfragen nur jene Steuersünder offengelegt werden können, die nach September 2009 unversteuertes Geld in der Schweiz hielten. Vor diesem Stichtag hingegen gilt das alte Doppelbesteuerungsabkommen, das zwar Gruppenanfragen ebenfalls zuliess, aber eben nur für Steuerbetrug, nicht für Hinterziehung.

Plan B mit noch mehr Daten

Die Regierung muss somit einen Plan B in der Tasche haben. Dass notfalls alles offenzulegen sei, habe der Bundesrat bereits der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats (APK) angemahnt, sagt denn auch ein Berner Insider. Eine Möglichkeit wäre, den UBS-Staatsvertrag zu ergänzen, womit erneut Sonderrecht geschaffen würde.

Die zuständigen Parlamentarier gehen auf Tauchstation. APK-Präsident Eugen David von der CVP liess Anrufe unbeantwortet, Mitglied Maximilian Reimann, SVP, war nicht im Bild.

Die CS, deren Aktienkurs seit Anfang 2011 um über 40 Prozent gefallen ist, hofft laut einem Sprecher auf einen Deal durch Bern. In diesem Fall dürfte die Bank wie die UBS, die 780 Millionen Dollar bezahlt hatte, eine hohe Busse akzeptieren, um eine Anklage in den USA abzuwehren.


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