Milliardenverlust trägt Grübels Handschrift

20minuten.ch (15. September 2011) – Die verzockten zwei Milliarden der Grossbank sind eine Folge von Oswald Grübels Banking-Philosophie «No risk, no fun». Die UBS liegt erneut in Scherben.

Der Schock hätte heute früh nicht grösser sein können. Die UBS erlitt 2 Milliarden Dollar Verluste im Handelsgeschäft. Schuld daran ist ein Investmentbanker, der seine Limiten überschritten hat.

Doch das reicht nicht als Erklärung. «Was ist los mit dieser Bank?», fragten sich sofort Politik und Kritiker. Was hat die Schweizer Grossbank aus ihrer Subprime-Krise mit den riesigen Verlusten und der Staatsrettung vor drei Jahren gelernt?

Verlust in London, Problem in Zürich

Der Zwei-Milliarden-Verlust sei in London passiert, sagt die Bank auf Anfrage. Die Londoner City Police hatte am Donnerstagmorgen um 03.30 Uhr einen Banker verhaftet, der betrogen haben soll. Der Verhaftete bleibt vorläufig in Gewahrsam. Die UBS bestätigte gegenüber 20 Minuten Online, dass es sich um ihren Mann handle.

Offenbar hat die UBS in London Anzeige gegen einen der Händler erstattet, und zwar mit Hinweisen, die für eine Verhaftung genügten. Wo der Händler aktiv war und was er genau gemacht hat, bleibt im Dunkeln. UBS-Insider sagen, die Behörden würden eine detaillierte Kommunikation derzeit untersagen. Man wolle auf der Basis gesicherter Fakten Auskunft geben.

Schon jetzt ist aber klar, dass es sich beim neuerlichen Grossverlust im Handelsgeschäft der UBS um eine Zäsur handelt. Die Bank sagte nach ihrem Subprime-Absturz, dass sie nie mehr übermässige Risiken eingehen würde. Nun hat sie gezeigt, dass das Gegenteil der Fall ist.

Diese Risikobereitschaft hat aber viel mehr mit dem obersten Chef in der Zentrale in Zürich zu tun als mit einem Broker im Handelszentrum London. UBS-Boss Oswald Grübel ist sein Leben lang Händler geblieben. Egal, ob er effektiv Wetten einging oder als Manager Führungsverantwortung hatte – Grübels Herz schlug immer für das «Gambling». «Banking heisst für ihn traden», sagt ein Ex-UBS-Manager, der Grübel von nah erlebt hat. «Risiken eingehen, Gewinne erzielen – nur das interessiert ihn wirklich.»

Vertrauen weg

Nun rächt sich, dass Grübel nicht über seinen Schatten springen konnte und sein Vorgesetzter, Altbundesrat Kaspar Villiger, ihn nie gebremst hat. Die UBS hat nichts gelernt, lautet das Verdikt.

Ob zu Recht oder nicht, spielt eine untergeordnete Rolle. Die Politiker werden sich so oder so auf die Verluste stürzen, um im Wahlkampf zu punkten. Diese Bank gehört an die Kandare, lautet der Tenor. Das Debakel geht damit weit über den eigentlichen Verlust hinaus. Grübel und Villiger haben die UBS als «Big Player» im globalen Handelsgeschäft behalten wollen. Sie verteidigten das Ziel, indem sie betonten, dass die Bank ihre Risiken besser im Griff hätte. Die Botschaft lautete: Lasst uns machen, habt Vertrauen! Seit heute ist das Vertrauen auch bei den Gutgläubigen weg.

Einzeltäter-These überzeugt nicht

Kein Wunder versucht die UBS krampfhaft, den Absturz als Einzelfall darzustellen. Doch die Einzeltäter-These vermag so wenig zu überzeugen, wie sie dies in der Subprimekrise getan hat. Auch damals hiess es, dass ein kleines Team von Händlern in New York die Bank fast um ihre Existenz gebracht hätte. Man sei hintergangen worden, wollte der damalige Verwaltungsratspräsident Marcel Ospel sagen. Grübel setzt nun auf die gleiche Strategie. Ob er damit bei den Aufsichtsbehörden und seinen grossen Aktionären Erfolg haben wird, muss sich noch zeigen.

Grübel wird zur tragischen Figur

Ändern an Grübels persönlichem Unvermögen wird sich unabhängig vom Verbleib an der Spitze der Bank nichts mehr. Grübel hat es in seinen zweieinhalb Jahren als CEO verpasst, aus der UBS eine neue, solide, berechenbare Bank zu machen.

Vorwürfe sind an den alten Verwaltungsrat zu richten. Angeführt in der damaligen Krise vom hochgelobten Vizepräsidenten Sergio Marchionne setzte der VR auf Ex-Finanzminister Kaspar Villiger als Topfigur. Villiger war zwei Schuhnummern zu klein für Grübel. Er blieb der Kasper, der für die Bank in Bern gute Stimmung machte, während der UBS-Boss seine Wetten platzierte.

Der Glaube an Grübel/Villiger als Erfolgsgespann ging heute endgültig in Brüche.Grübel wird damit nicht als historische Figur in die Geschichte des Schweizer Finanzplatzes eingehen, sondern als Kapitän, der an Sturheit und Überheblichkeit scheiterte.


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