SNB/Stabilitätsbericht: Weiterer Kapitalaufbau bei CS und UBS gefordert

AWP (16. Juni 2011) – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) sieht eine „verbesserte Kapitalsituation“ bei den beiden Grossbanken UBS und CS, fordert aber eine „weitere Verstärkung der verlustabsorbierenden Kapitalbasis“. Dies schreibt die Zentralbank in ihrem heute publizierten Finanzstabilitätsbericht.
Bei den Inlandbanken ortet die SNB hauptsächlich Zinsänderungsrisiken. Eine Immobilienblase könne in der mittleren Frist nicht ausgeschlossen werden, und ein Platzen der Blase würde das Kapital von Kantonal-, Regional- und Raiffeisenbanken möglicherweise stärker belasten, als dies heutige Zahlen signalisierten, glaubt sie.

Um antizyklisch gegen eine neue Immobilienblase vorgehen zu können, wollen die Behörden bis Sommer erste Lösungsvorschläge ausarbeiten. Heute würden wirkungsvolle Instrumente fehlen, um einem zu grossen Risikoaufbau bei den Inlandbanken frühzeitig entgegenwirken zu können, heisst es dazu.

Den Fokus ihres Stabilitätsberichts 2011 legt die Notenbank aber einmal mehr auf die Kapitalausstattung bei den Grossbanken. Eine neuerliche Finanzkrise – ausgelöst beispielsweise durch die europäische Staatsverschuldung – könne nicht ausgeschlossen werden.

Zwar seien sowohl die UBS als auch die CS in der problematischen Euro-Peripherie nicht besonders stark exponiert. Doch über die Hintertür „substanzieller Preiskorrekturen auf den Finanzmärkten“ wären auch die beiden Schweizer Grossbanken von diesem möglichen Negativszenario, das allerdings nicht das wahrscheinlichste sei, betroffen, hält die SNB fest.

Angesichts dieser nach wie vor labilen Situation beurteilen die Schweizer Notenbanker die Kapitalausstattung von UBS und CS als nach wie vor ungenügend. Zwar seien die risikogewichteten Kapitalquoten seit 2007 von einem im internationalen Vergleich hohen Niveau weiter „markant gestiegen“, dies bei gleichzeitiger Reduktion der Verschuldung bezogen auf die risikogewichteten Aktiven. „Die SNB begrüsst diese Entwicklungen“, schreibt sie im Bericht.

Zwei Punkte seien aber bei beiden Schweizer Grossbanken in Betracht zu ziehen, fährt die Notenbank fort. Erstens sei die Risikonahme bei UBS und CS im Vergleich zu 2009 nicht „sonderlich“ zurückgegangen. Das Kreditrisiko habe sich nur leicht reduziert, während die Marktrisiken zugenommen hätten, „hauptsächlich“ wegen der UBS. „Sie hat ihre Risikopositionen in ihren Handelsbüchern aktiv erhöht“, halten die SNB-Autoren fest.

Als Folge könnten die Verluste im erwähnten Negativszenario „substanziell“ sein, wenn nämlich eine durch Staatsverschuldungen an der EU-Peripherie ausgelöste nächste Finanzkrise eine „generelle Verschlechterung der Wirtschaftsbedingungen“ auslösen würde.

Als zweiter Punkt kommt laut SNB der Unterschied bei der Kapitalausstattung je nach Betrachtung hinzu. Beim sogenannten Tier-1 des Regelwerks Basel II würden die Schweizer Grossbanken zwar mit Spitzenwerten glänzen. Doch die Situation habe sich als „weniger komfortabel als vermutet“ erwiesen; und zwar insofern, als sich ein „beträchtlicher Teil“ der Kapitalkomponenten als „nicht verlustabsorbierend“ herausgestellt habe.

Tatsächlich liegen sowohl bei der UBS als auch bei der CS Welten zwischen der risikogewichteten Eigenkapitalsicht und einer absoluten Betrachtung der Bilanz. So erhöhte die UBS ihr risikogewichtetes Tier-1-Eigenkapital im 2010 von 15,4% auf 17,8%, die CS von 16,3% auf 17,2%.

Das sei einerseits auf eine Erhöhung des Tier-1-Kapitals zurückzuführen, andererseits auf eine Reduktion der risikogewichteten Aktiven, schreibt die SNB. Es handle sich aber vor allem um eine Folge von Wertverlusten wichtiger Währungen und sei nicht dadurch erfolgt, dass Risiken effektiv reduziert worden seien.

Massiv anders präsentiert sich die Lage, wenn unter dem verschärften zukünftigen Regelwerk von Basel III gewisse Eigenkapitalteile wie Steuerguthaben auf Verlusten in Vorjahren und Hybridkapital wegfallen und die absolute Bilanzgrösse als Basis genommen wird. Basel III wird einen „beachtlichen Einfluss“ auf die Eigenkapitalausstattung der Grossbanken haben, sagt die SNB.

Weil die CS nach dem Buchhaltungsstandard US-GAAP abschliesst, lag ihre ungewichtete Kapitalquote – die sogenannte Leverage Ratio – per Ende 2010 mit 3,7% höher als bei der UBS mit 2,7%, die nach IFRS rapportiert. Nach entsprechenden Anpassungen verschwinde die Differenz aber.

Unter Basel-III-Betrachtung habe das verlustabsorbierende Kapital per Ende 2010 bei beiden Grossbanken „weniger als 2% aller Aktiven“ ausgemacht. „Mit anderen Worten: der Hebel basierend auf dem verlustabsorbierenden Kapital bleibt hoch, bei über 50“, schreibt die SNB. „Deshalb wären die Konsequenzen von Fehlbeurteilungen bei den Risiken entsprechend schwerwiegend.“


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