Julius-Bär-Chefs vergolden sich dürftige Leistung

20minuten.ch (7. Februar 2011) – Weniger Gewinn und mehr Risiko: Diesen gefährlichen Mix lassen sich die Chefs der Privatbank Julius Bär fürstlich entschädigen. CEO Boris Collardi gönnt sich ein Grossbanken-Salär.
Die Latte für die höchsten Löhne haben die Pharma-Bosse gesetzt. Sie liegt für Jahrgang 2010 bei rund 10 Millionen Franken. Diese Woche folgen die Grossbanken. UBS -Chef Oswald Grübel gibt sich wegen eines massgeschneiderten Optionsprogramms bescheiden, CS -Boss Brady Dougan will mehr.

In eine ähnliche Sphäre stösst nun mit Boris Collardi ein neuer Manager vor. Das überrascht. Der CEO der Zürcher Privatbank Julius Bär  ist erst 36 Jahre alt. Er hat erst wenig Erfahrung und steht einem Institut vor, das mit gut 3500 Angestellten im Verhältnis zur UBS mit ihren 65 000 Mitarbeitern oder der CS mit 48 000 ein Zwerg ist.

Cash für Collardi

Doch das spielte beim Festsetzten des Lohnens offenbar keine Rolle. 7,9 Millionen Franken beträgt sein Gesamtsalär für 2010, das sich aus einem Grundlohn und einem Bonus zusammensetzt, letzterer aufgeteilt in einen sofort fälligen Teil und einen aufgeschobenen.

Im Vergleich zum Vorjahr, als Collardis Totalentschädigung noch 5,7 Millionen betrug, macht der Bär-Chef einen sagenhaften Sprung von 36 Prozent.

Im Vergleich zur Credit Suisse  sticht vor allem die hohe Barauszahlung Collardis ins Auge. Während diese bei CS-CEO Brady Dougan für 2009 «bescheidene» 1,25 Millionen ausmachte, beläuft sie sich bei Collardi für 2010 auf 3,9 Millionen, davon 3 Millionen als Bonus. Solche Bar-Boni sind den Grossbanken Tempi passati.

Viel Geld für wenig Leistung

Wie lässt sich Collardis sagenhafter Lohn-Sprung rechtfertigen? Nur schwerlich, denn bei Julius Bär zeigen viele Kennziffern nach unten. Eigentlich fällt nur der Netto-Neugeld-Zufluss postiv aus. Kunden haben der Bank im vergangenen Jahr 6 Prozent mehr Geld anvertraut.

Negative Punkte gibt es hingehen zuhauf. Der Reingewinn sank um 9 Prozent. (Bär streicht ein Plus beim Reingewinn hervor, doch diese Zahl blendet Restrukturierungen und Abschreiber aus.) Hinter dem Rückgang steckt eine ungemütliche Scherenbewegung: Die Kosten steigen, die Einnahmen sinken.

Das sieht man an den um 20 Prozent gestiegenen Personalkosten auf der einen Seite und einem Preiszerfall bei der Verwaltung der anvertrauten Vermögen. Die Bruttomarge sank von 111 auf 109 Basispunkte, was noch 1,09 Prozent Ertrag auf dem Wert der verwalteten Depots entspricht.

Hinzu kommt eine gefährliche Altlast. Aus den verschiedenen Übernahmen, die Bär ab 2005 getätigt hat, schleppt die Bank Goodwill und andere sogenannte «Intangibles» mit, die nur mit internen Modellrechnungen beziffert werden.

Nach einer neuerlichen Zunahme im zurückliegenden Jahr beläuft sich dieser Posten in der Bär-Bilanz auf happige 1,8 Milliarden. Ob das werthaltig sein wird oder teilweise abgeschrieben werden muss, weiss noch niemand.

Überlebt Bär?

Warum hat Collardi derart viel Geld für das zweitklassige 2010-Resultat erhalten? Eine mögliche Antwort findet sich im Salär für den Präsidenten der Bank. Raymond Bär hat für seine Arbeit, die unter anderem aus der Leitung von jährlich 6 Verwaltungsrats-Sitzungen besteht, 3 Millionen zugestanden erhalten. Ein Jahr zuvor waren es noch 2,8 Millionen. Möglicherweise schaukeln sich der CEO und der Verwaltungsratspräsident gegenseitig hoch.

Super-Saläre für durchzogene Leistungen bedingen besondere Massnahmen, sonst laufen die grossen Aktionäre Sturm. Und siehe da: Mit den heutigen Resultaten hat die Führung zwei aktionärsfreundliche Pläne bekannt gemacht.

Die Dividende wird um 50 Prozent hochgeschraubt, und bis zu 5 Prozent aller ausstehenden eigenen Aktien sollen in einem grossen Rückkaufprogramm erworben werden. Die Folge: Der Gewinn verteilt sich in Zukunft auf weniger Aktien, was den einzelnen Titel – zumindest rein rechnerisch – wertvoller macht. Kein Wunder, zählte die Bär-Aktie heute zu den Siegern an der Börse.

Doch Dividenden-Füllhorn und Aktien-Rückkauf sind defensive Massnahmen, die eine Führung beschliesst, der keine offensiven Ideen in den Sinn kommen. Man wird den Eindruck nicht los, dass Julius Bär unter seinem hochgelobten und teuren CEO Collardi den Aktienkurs pflegt, um die Hürde für eine Übernahme durch einen Grossen der Branche möglichst teuer zu machen. Denn eines ist klar: Trotz Akquisitionen ist und bleibt Julius Bär in einer mittleren Grösse gefangen, die einen Alleingang auf Dauer schwierig macht.


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