Der Bundesrat und die Front im Innern

20minuten.ch (9. November 2010) – Die Schweizer Banken müssen Deutschland und England einen Mindest-Ablass für die Schwarzgeld-Vergangenheit garantieren. Das zeigt, dass Bern den eigenen Vermögensverwaltern misstraut, die einmal mehr bei der Vermögensflucht helfen könnten.

Die Details des Deutschland- und England-Steuervertrags sollten geheim bleiben. Dem machte Eugen David einen Strich durch die Rechnung. Als Präsident der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats erhielt er von Amtes wegen Einblick in die Details – und plauderte diese prompt aus. Nun weiss die ganze Welt, dass der Schweizer Finanzplatz mit einer Mindestsumme für die Schwarzgeld-Vergangenheit geradezustehen hat, um diese endlich hinter sich zu bringen.

Der St. Galler David bestätigte, dass für Deutschland und England „ein gewisser Mindestbetrag fixiert“ würde. „Wird dieser nicht erreicht, dann wird von den Banken eine Nachzahlung geleistet“, sagte David Radio DRS. Dies sei durchaus sinnvoll. „Die beiden Länder befürchten, dass zahlreiche Kunden das Konto in der Schweiz löschen und wegziehen“.

Vielsagendes Schweigen im Bundeshaus

Zuständig für eine Abgeltungssteuer, mit der die Schweiz der EU Geld statt Kundendaten liefert, ist das Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen (SIF). Dort wollte niemand Stellung zu Davids Sololauf nehmen. Die Details des Vorvertrags mit den beiden EU-Staaten seien nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, lautet die Begründung.

Was sich David von seinem Geplauder verspricht, bleibt sein Geheimnis. Die Mindestgarantie gehört zu einem komplexen Modell aus Einmal-Abgeltung für die Vergangenheit, zukünftiger Abgeltungssteuer, erleichtertem Marktzugang und mehr Zusammenarbeit bei Steuerhinterziehung.

Zur Verhandlungsstrategie der Schweiz – und umgekehrt von Berlin und London – gehört grösstmögliches Schweigen zu den Einzelheiten, um Spielraum für die Detailverhandlungen zu behalten. Nun hat Ständerat David die Garantie-Karte vorzeitig ausgespielt. Diese verliert ihre Wirkung für den Schluss-Poker.

Schlaumeier-Vermögensverwalter

Interessanter ist, dass Bern nicht nur eine Verhandlungsfront nach aussen unterhält, sondern auch eine nach innen. Diese richtet sich gegen Schweizer Vermögensberater, die im Verdacht stehen, ihren ausländischen Kunden einmal mehr beim Verstecken des Schwarzgeldes zu helfen. „Kein Kundenberater gibt seine Kunden freiwillig ab“, sagt ein Zürcher Rechtsanwalt.

Schweizer Banker könnten helfen, die anstehende Abgeltungssteuer zu umgehen. Im Geheimen könnten sie mit Kollegen bei Drittbanken in Singapur, Hongkong oder anderen Steuerparadiesen kooperieren. Sie würden die bisher verwalteten Kundengelder auf ein neues Bankkonto im Ausland überweisen unter der Bedingung, weiterhin an den Gebühren zu partizipieren.

Mit dem klassischen Kickback-Konstrukt wäre vielen gedient: dem Banker in der Schweiz, seinem Kompagnon bei der ausländischen Bank und dem Schwarzgeld-Kunden. Das Nachsehen hätte erneut der ausländische Fiskus. Um dessen Bedenken zu zerstreuen, nimmt Bern die Banken in die Pflicht. Entweder unterbinden diese solche Tricks ihrer Berater, oder sie werden zur Ader gelassen.


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