«Versager» dürfen Millionen-Boni behalten

20minuten.ch (14. Oktober 2010) – Ospel, Wuffli und Co. haben unternehmerisch versagt. So sagt es der «Transparenzbericht» der UBS zum Crash. Die Boni will die Bank aber trotzdem nicht zurück.

Vor zwei Jahren musste die Schweiz die UBS mit fast 70 Milliarden Franken vor dem Kollaps retten. Vor 6 Monaten forderten die Aktionäre ihr Management auf, Klagen gegen die Verantwortlichen zu prüfen. Vor 4 Monaten verlangte eine Parlamentskommission die Prüfung von Klagen.

Heute liefert UBS-Präsident Kaspar Villiger die Antwort. Sie lautet: keine Klagen, obwohl der Crash nicht hätte geschehen dürfen. «Mit unserem Entscheid, auf rechtliche Schritte zu verzichten, wollen wir weder begangene unternehmerische Fehler beschönigen noch die handelnden Personen von ihrer unternehmerischen Verantwortung freisprechen», sagt Villiger. Aber: «Die Lehren aus der Vergangenheit sind gezogen, und die neue Führung hat UBS auf nachhaltigen Erfolg ausgerichtet.»

Villiger fordert «Schwamm drüber»

Alle rechtlichen Abklärungen und auch zwei neue Studien von unabhängigen Experten hätten gezeigt, dass die Ex-Chefs nicht willentlich die Bank in die Krise steuern wollten. Schwamm drüber also, sagt Villiger, und das trotz einzigartigem Debakel, das auf ein kolossales Versagen der ehemaligen Führungsspitze der UBS zurückzuführen ist.

Und das listet die Bank in ihrem Bericht auf:
Die Führung wollte die Nummer eins der Welt werden, doch ihre Strategie war «zu wenig systematisch» geplant;

«Dieselben Geschäfte» seien innerhalb der Bank an verschiedenen Orten betrieben worden und hätten die Handelsverluste vervielfacht;
Es habe «Warnungen» gegeben, doch die Führung meinte, sie hätte sich gegen Verluste im US-Hypothekenmarkt abgesichert;
Zum US-Steuerbetrugssystem schreibt die UBS, es habe eine «ganzheitliche und kontinuierliche Risikoanalyse» gefehlt.

Chronik eines irrlichternden Managements

Hochrisikostrategie ohne Planung, Doppelspurigkeiten ohne die eigenen Risiken zu kennen, Warnungen in den Wind geschlagen, Augen und Ohren zu im US-Steuerfall – die Aufzählung liest sich wie die Chronik eines irrlichternden Managements, das sich in den guten Jahren als Crème de la Crème des globalen Bankings feiern liess.

Nun zeigt sich in einem Bericht, der notabene nicht von einem externen Kritiker stammt, sondern von der betroffenen Bank selbst, dass an der Spitze eines 80 000-köpfigen Multis in gröbster Art und Weise gepfuscht wurde. Was haben die Verantwortlichen in all den Jahren getan?, fragt man sich unwillkürlich. Und kommt zum Schluss: sicher nichts Gescheites.

100 Millionen in fünf Jahren für nachhaltiges Scheitern

Im Kontrast dazu stehen die bezogenen Gehälter und Boni. Die beiden Aushängeschilder der früheren UBS, Präsident Marcel Ospel und sein CEO Peter Wuffli, liessen sich von 2002 bis 2006 je rund 100 Millionen Franken überweisen. Ein grosser Teil davon erfolgte als Bonus für vermeintlich nachhaltige Leistungen. Wie sich ab 2007 herausstellte, führten ihre Entscheide nicht zu einer Plattform für eine gedeihliche Zukunft, sondern direkt ins Eismeer.

Nun hätte die neue UBS-Führung unter Präsident Kaspar Villiger die Chance gehabt, einen Teil dieser unverdient erhaltenen Millionen zurückzufordern. Doch davon ist im heutigen Transparenzbericht keine Rede.

Nur an einer Stelle geht die Bank indirekt darauf ein. In ihrem Gutachten habe die beauftragte Zürcher Anwaltskanzlei Bär & Karrer aufgezeigt, dass der Verwaltungsrat die Möglichkeit habe, gegen die Ex-Chefs zu klagen, auf noch ausstehende Auszahlungen von Boni und Entschädigungen zu verzichten oder einen Vergleich mit den Verantwortlichen anzustreben.

Bekannt ist, dass Peter Wuffli, Marcel Ospel und weitere ehemalige Topshots der alten UBS auf vertraglich zugesicherte Entschädigungen verzichteten. Insgesamt beläuft sich die Summe auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag.

Die neue UBS lässt die alte Crew einfach springen

Dass aber die neue UBS-Führung von den Managern, die sich als unfähig entpuppt hatten, einen grossen Teil der früheren Boni zurückgefordert hätte, darauf wartet man vergebens. Dabei wäre es genau das, was die Öffentlichkeit erwartet: Die UBS setzt den Ex-Chefs das Messer an den Hals, fordert ultimativ je 70 der 100 in den Jahren 2002 bis 2006 erhaltenen Boni-Millionen von Ospel & Co. zurück. Sonst, so die Drohung, würde sie diese einklagen.

Stattdessen geben UBS-Präsident Kaspar Villiger und UBS-CEO Oswald Grübel, die mit den unteren Chargen erbarmungslos umgehen, falls sich diese in der Vergangenheit etwas zuschulden kommen liessen, freiwillig die Trumpfkarten aus der Hand. Vorschnell haben die Spitzenleute Ende letzten Jahres bekannt gemacht, dass sie auf Klagen gegen die alte Crew verzichten würden.

In ihrem heutigen Bericht geht die Bank noch weiter. «Falls aus dem Kreis der Aktionäre ein Antrag gestellt würde, die Generalversammlung solle die Einleitung einer Klage auf Kosten der Gesellschaft beschliessen, würde es der Verwaltungsrat als seine Pflicht erachten, einen entsprechenden Antrag zur Ablehnung zu empfehlen.»

Hände weg von Klagen, ruft die Führung ihren Eigentümern also zu. «Es ist wichtig, dass wir uns jetzt auf die Zukunft konzentrieren können», begründet Villiger im Communiqué. «Heute haben wir die Grundlage geschaffen, um einen Schlussstrich unter die vergangenen Ereignisse zu ziehen.»

Die UBS-Versager werden es ihren Nachfolgern zu verdanken wissen.


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