UBS und CS bleiben gefährlich

20.minuten.ch (13. September 2010) – Die Regulatoren fordern mehr Eigenkapital, verzichten aber auf eine scharfe Verschuldungsgrenze. Für die Banken ändert sich wenig: Sie dürfen gross bleiben.

Nationalbank-Präsident Philipp Hildebrand zeigte sich gestern Abend zufrieden, nachdem die weltweiten Regulatoren das sogenannte Regelwerk «Basel III» abgesegnet hatten. «Das macht das globale Finanzsystem widerstandsfähiger gegen zukünftige Schocks», meinte Hildebrand. Finanzmarktaufsichts-Vize Daniel Zuberbühler sekundierte: «Dieses Paket ist ein entscheidender Schritt im Reformprozess.»

Grob gesagt drei Mal mehr Eigenkapital müssen die Banken in Zukunft halten, und dieses muss hauptsächlich aus Aktienkapital und gesparten Gewinnen bestehen. Kapital aus komplexen Finanzvehikeln, das heute noch angerechnet wird, muss mit echtem Kapital ersetzt werden.

CS muss «weiches» durch «hartes» Kapital ersetzen

Das stellt die Credit Suisse vor Herausforderungen. Sie muss einen zweistelligen Milliardenbetrag mit hartem Eigenkapital ersetzen. Doch dafür hat sie Zeit bis 2018. Die UBS sitzt auf weniger zweitklassigem Material und zählt schon jetzt zu den nach «Basel III» gut finanzierten Instituten.

Ende gut, alles gut für die Schweizer Grossbanken? Keineswegs. Denn die Basel-Regulatoren tragen allein die risikogewichtete Brille. Jedes Geschäft, das die Banken eingehen, wird auf seine Gefahren hin untersucht. Je nachdem, ob eine hohe oder eine tiefe Ausfallwahrscheinlichkeit besteht, müssen die Banken mehr oder wenige Eigenkapital für den Deal bereitstellen.

Wenn die grosse Krise von 2007 bis 2009 aber etwas gezeigt hat, dann dies: Modellrechnungen sind nur so gut wie das statistische Material, das ihnen zugrunde liegt. Zur Berechnung neuartiger Schocks sind sie ungeeignet. Als die amerikanische Subprime-Häuser-Blase platzte und niemand mehr Wertpapiere mit Subprime-Inhalt wollte, versagten alle schönen Banken-Modelle.

Deshalb drängen scharfe Regulatoren wie SNB-Hildebrand auf eine absolute Risiko-Begrenzung. Sie nehmen dazu die gesamte Bilanzsumme, ohne diese auf unterschiedliche Gefahren abzuklopfen, und fordern eine bestimmte Prozentzahl davon als Eigenkapital. Mit solcher Leverage ratio können sich Banken nur bis zu einer bestimmten Höhe mit Fremdkapital verschulden.

Nur eine harte Verschuldungsobergrenze kann Banken von Gigantismus abbringen

Allein mit einer harten Leverage ratio könnten Banken dazu gezwungen werden, sich zu beschränken und kleiner zu werden. Und nur das hilft im Endeffekt, das Problem des «Too big to fail» zu lösen. Es sollte niemals mehr vorkommen, dass der Staat in die Bresche springen muss, um zu grosse oder zu vernetzte Banken vor dem Untergang zu retten.

Das Too-big-to-fail-Problem stellt sich in der Schweiz ganz ausgeprägt, wie die Grafik oben zeigt. Hinter Island liegen die Schweizer Banken in Europa bezüglich absoluter Grösse auf dem zweiten Platz. Die addierte Grösse sämtlicher Geldhäuser macht fast das Achtfache der jährlichen Schweizer Wirtschaftsleistung (BIP) aus. In Deutschland, Luxemburg und Schweden ist es nur rund das Dreifache, und selbst in Holland, das als kleine Nation ebenfalls über grosse Banken verfügt, liegt diese Kennziffer mit dem Sechsfachen deutlich tiefer.

Den Schweizer Behörden ist das Problem längst bewusst. Entsprechend gaben sie nach dem Basler Durchbruch keine Entwarnung. «Während das Reformpaket weit reicht, ist es kein adäquater Schritt gegen das Too-big-to-fail-Problem», sagte Nationalbank-Hildebrand gestern. Von der schweizerischen Expertenkommission, die bis Ende Monat eine Lösung dafür präsentieren muss, forderte Finma-Zuberbühler einen dezidierten Schutz vor der Gefahr zu grosser Grossbanken.

Expertenkommission verzichtet auf hartes Grössenmass

Allerdings ist aus der Expertenkommission zu vernehmen, dass eine scharfe Leverage ratio vom Tisch sei. Man würde sich wie die Basel-Regulatoren allein auf die risikogewichtete Betrachtung konzentrieren, alles andere sei realitätsfern. Ein Franken Risiko sei eben nicht gleich ein Franken Risiko, lautet die Begründung. Ob eine Bank ihr Geld in «sichere» Schweizer Hypotheken investiere oder international ungesicherte Kredit vergäbe, seien zwei paar Schuhe.

Dass die Finanz-Welt über Nacht eine andere sein kann, wie dies die Subprime-Krise gezeigt hat, scheint bereits Schnee von gestern.


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