EU nimmt Banker härter dran als die Schweiz

20minuten.ch (8. Juli 2010) – Die EU macht Ernst mit harten Bonus-Regeln. Die Schweizer Regeln entpuppen sich im Vergleich als das, was Kritiker längst sagten: löchrig wie ein Emmentaler.

Das EU-Parlament hat am Mittwoch Nägel mit Köpfen gemacht. Die Banker der 27-Staaten-Union sollen nur noch maximal 30 Prozent ihrer variablen Vergütung für ein bestimmtes Geschäftsjahr per sofort und in bar ausbezahlt erhalten. In Fällen von besonders hohen Boni kann diese Limite gar auf 20 Prozent beschränkt werden.

Der überwiegende Rest der variablen Entschädigung wird in Form von speziellen Aktien zurückbehalten und erst im Verlauf von drei Jahren zugeteilt. Der Wert dieser Aktien steigt oder fällt, je nach zukünftigem Erfolg der Firma und der Leistung ihrer wichtigsten Angestellten.

EU mit weltweit härtesten Boni-Vorschriften

EU-Banken, die sich nicht an diese weltweit striktesten Regeln halten, müssen mehr Eigenkapital ausweisen. Damit werden sie gezwungen, für die höheren Risiken, die durch grosszügige Boni entstehen, selbst geradezustehen. Die neue Regelung gilt bereits ab 1. Januar 2011. Sie muss nächsten Dienstag noch von den zuständigen EU-Finanzministern abgesegnet werden. Das gilt als Formsache.

Damit setzt sich die EU in die Lokomotive des Reformzugs. Die neuen Vorschriften stellen jene der Amerikaner in den Schatten. Diese lassen ihren Investmentbankern weiterhin die Möglichkeit, grosse Boni einzustreichen, ohne die damit verbundenen Risiken stark zu berücksichtigen.

Es war diese Asymmetrie, die nach der grossen Finanzkrise von 2008 die Bonus-Debatte anheizte. Händler und Spitzenmanager von Grossbanken sollten keinen «Free lunch» mehr haben und mit einseitigen Wetten ihren Verdienst in die Höhe schrauben können, während spätere Verluste beim Staat respektive dem Steuerzahler landen würden.

«Vorreiterin» Finma hinkt hinterher

In der Schweiz lobte sich die zuständige Finanzmarktaufsicht (Finma) für ihr rasches Reagieren auf die Bonus-Auswüchse. Sie hat bereits im letzten November ein neues Vergütungsreglement für die grossen Banken und Versicherungen verabschiedet. Doch was Kritiker schon damals bemängelten, zeigt sich nun in aller Deutlichkeit. Die Finma-Regeln sind schwammig und treten spät in Kraft.

Im Unterschied zur neuen EU-Regelung gibt es in der Schweiz keine harten Obergrenzen, wie viel des Bonus maximal per sofort in Bar ausbezahlt werden darf. Es wird lediglich vorgeschrieben, dass das Finanzinstitut «einen Teil der Vergütungen in aufgeschobener Form» auszurichten hätte.

Nur eine konkrete Zahl

Als Einschränkung verordnet die Aufsichtsbehörde lediglich, dass bei Geschäftsleitungsmitgliedern, anderen gutbezahlten Kaderleuten sowie Händlern mit besoners hohen Risikopositionen «ein bedeutender Teil der Vergütung aufgeschoben auszurichten» sei.

Nur eine einzige konkrete Zahl nennt die Finma. Für die oben beschriebene Personengruppe gilt, dass die zurückbehaltene Vergütung frühestens nach drei Jahren verfügbar sein soll.

Selbst was den Zeitpunkt der neuen Regelungen betrifft, kommt die Finma den betroffenen Grossbanken und -versicherungen entgegen. Das laufende Geschäftsjahr 2010 ist ein Übergangsjahr zur Anpassung an die neuen Standards. Erst für das nächste Geschäftsjahr seien die Vorschriften «vollständig einzuhalten».

Löchrig wie ein Emmentalerkäse

Im Unterschied zu den konkreten und einschneidenden Bonus-Regeln der EU präsentiert sich die Schweizer Lösung als löchriger Emmentalerkäse, der viele Schlupflöcher bietet. So können die begünstigten Manager von UBS und CS, um die es bei der Boni-Regulierung vor allem geht, viel mehr ihrer varibalen Entschädigungen in bar einstreichen als ihre Kollegen bei EU-Banken.

Die Finma hält zwar fest, dass sie «die Auswirkungen ihres Rundschreibens und ausländischer Regulierungsinitiativen in diesem neuen Regulierungsgebiet verfolgen» würde, um ihre Vorschriften «bei Bedarf weiterzuentwickeln».
Dass aber ausgerechnet jene Behörde, die weder vor, während noch nach der Krise Zähne gegenüber den beaufsichtigten Grossbanken zeigte, über die Bücher geht, ist wenig wahrscheinlich.


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