Der Crash auf Raten

20minuten.ch (21. Mai 2010) – Die Kurse sacken ab – Stufe um Stufe. Gestern der Dow Jones, heute der Nikkei. Es steht wohl ein düsterer Börsentag bevor: wegen Euro, Überschuldung und maroder Bankbilanzen.

Die Talfahrt hat vor Monatsfrist begonnen. Mitte April kratzte der SMI, der Index der grössten Unternehmen der Schweiz, an der 7000-Punkte-Marke. Damit schien die Finanzkrise von 2008 und der Börsentiefpunkt von Frühling 2009 in weiter Ferne, ja eigentlich überstanden.

Und nun dies: Woche für Woche geben die Aktienkurse an den Weltmärkten nach. In New York hat der Dow Jones seit dem Zwischenhoch im April fast 10 Prozent verloren, der SMI in der Schweiz sank um gut 8 Prozent, der breiter gefasste SPI gab 7 Prozent nach.

Finanzwerte ziehen Börsen in die Tiefe

Angeheizt wurde das Rally nach unten – einmal mehr – durch die Finanzwerte. Die Titel der UBS verloren in der Periode von Mitte April bis Mitte Mai über 8 Prozent, jene der Credit Suisse sackten gar um über 15 Prozent ab, allerdings muss dabei der Dividendenabgang berücksichtigt werden. Selbst die Aktien der Swiss Re, die in den letzten Monaten ein spektakuläres Börsencomeback feiern konnten, gaben um über 8 Prozent nach.

Auch andere Valoren mussten Federn lassen, hielten sich aber besser als die Titel der Finanzunternehmen. Novartis verloren innert Monatsfrist 7 Prozent, Roche nur 2 Prozent. Nestlé hielten sich gar über Wasser.

Die Börsenkurse taumeln, weil viele europäische Staaten überschuldet oder faktisch Pleite sind. Das trifft die betroffenen Länder selbst, aber eben auch die Banken, die offene Kredite gegenüber diesen Staaten in ihren Büchern haben. Vor allem deutsche und französische Finanzhäuser sind Grossinvestoren in Griechenland und anderen Euro-Ländern. Können diese ihre Schulden nicht mehr begleichen und müssen ihre Regierungen den Staatsbankrott verkünden, reisst es riesige Löcher in die Bankbilanzen.

Grundproblem lässt sich nicht wegzaubern

Der 750-Milliarden-Euro-Rettungsschirm vor zwei Wochen hatte als eines der wichtigsten Ziele, die Banken in Deutschland, Frankreich und weiteren Euro-Gläubigerstaaten zu stabilisieren. Auch die Schweizer Grossbanken profitierten vom gigantischen Garantieversprechen von Euroland. Die UBS und die CS halten zwar offiziell wenig Kredite gegenüber Griechenland in den Büchern, doch bei Spanien und anderen angeschlagenen Euro-Ländern droht ein grösserer Ausfall.

Die grosse Rettungsaktion enfachte nur kurze Wirkung. Nach einem Kursfeuerwerk zeigen die Aktien der Finanzunternehmen seit zwei Wochen wieder nach unten. Heute drohen sie, auf den Stand vor dem grossen Stabilisierungsvorhaben zu fallen. Viel Schall und Rauch, könnte man meinen.

Das Problem mit den überschuldeten Euro-Staaten und den maroden Bankbilanzen lässt sich offensichtlich nicht mit monetären Tricks aus der Welt zaubern. Vielmehr deutet viel darauf hin, dass als Nächstes die harten Schnitte folgen, die man bisher unter allen Umständen vermeiden wollte: Staatspleiten und Kreditausfälle für die Gläubigerbanken.

Das würde zwar die Lage an den Finanzmärkten kurzfristig weiter verschlechtern, und einige Grossbanken kämen nach 2008 ein weiteres Mal in gefährliche Zonen. Die Staaten müssten ihre Geldhäuser wohl stützen. Immerhin wäre dann klar, worum es geht. Die Banken haben zu viel Risiken in ihren Büchern aufgetürmt und müssen diese weiter abbauen. Das geht wohl nicht ohne Milliardenverluste und Neukapitalisierungen.


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