Steuern hinterziehen bleibt einfach

20minuten.ch (26. März 2010) – Trotz Weissgeldstrategie: Ausländer müssen auch weiterhin keine Steuerbescheinigung vorlegen – trotz Aufruf der Bankenaufsicht.

Die Finanzmarktaufsicht (Finma) sagte diese Woche, die Zeit sei gekommen, dass jede Schweizer Bank mit ausländischen Kunden sicherstelle, dass sie nicht nur inländische Gesetze einhalte, sondern auch ausländisches Recht beachte. Allein: Die Äusserung ist nicht viel mehr als ein Wunschgedanke, wie eine Umfrage von 20 Minuten Online unter sieben Banken in der Schweiz zeigt.

Die Antworten offenbaren, dass kein Institut gewillt ist, den Steuerstatus ausländischer Vermögen mittels harter Beweise abzuklären. Ausschliesslich Schweizer Gesetze sind für die angefragten Banken massgeblich. Allen anderslautenden Rufen zum Trotz. «Für jeden ausländischen Zielmarkt ist ein Dienstleistungsangebot zu definieren, das steuerlichen und anderen Anforderungen genügt», sagte Finma-Chefjurist Urs Zulauf kürzlich. Sollten die Banken die Risiken nicht von sich aus in den Griff kriegen, würde die Finma Auflagen verordnen. Schon zuvor hatte Finma-Chef Patrick Raaflaub in einem Interview mit dem Tages-Anzeiger gesagt: «Jede Bank, die heute noch offensichtlich unversteuertes Geld annimmt, handelt grobfahrlässig.»

Schwarz- oder Weissgeld – es wird nicht gefragt

«Wir verlangen weder für bestehende Kunden noch für Neukunden einen Steuerbeleg», sagt Sarasin-Sprecher Benedikt Gratzl. Sarasin richte sich aber «priorität auf die Betreuung von deklarierten Geldern» aus, meint der Manager der Basler Privatbank. Durch «frühzeitige, aktive und kompetente Information» würden die Kunden über Steueranfordernisse aufgeklärt und «bei allfälligen Selbstanzeigen» unterstützt.

Die Credit Suisse hält ebenfalls nichts davon, von den Kunden Steuerbelege einzufordern. Ein Sprecher begründet dies mit Risiken, die der CS daraus erwachsen könnten. «Die Bank kann nicht die Verantwortung übernehmen zu überprüfen, ob ein Kunde seine Vermögenswerte versteuert», sagt Marc Dosch. Wenn ein Berater aber Gesetzesverstösse vermute, empfehle er dem Kunden eine Steuerberatung.

Die zweite Grossbank UBS verzichtet ebenfalls auf klare Beweise, dass ein Kunde sein Vermögen in seiner Heimat deklariert hat. «Die Steuererklärung ist Sache des Kunden», begründet Sprecher Serge Steiner. «Wenn ein Berater aber weiss, dass ein Kunde unversteuerte Gelder anlegen will, verweigert er die Kontoeröffnung.»

Zürcher Privatbanken halten sich bedeckt

Vom Angriff auf das Bankgeheimnis sind die Schweizer Privatbanken mit ihrer exklusiven und vermögenden Kundschaft besonders herausgefordert. Möglicherweise ist das der Grund, warum die Zürcher Privatbank Julius Bär keine spezifischen Fragen beantworten will, sondern nur mit allgemeinen Äusserungen Stellung nimmt. «Wir empfehlen allen Kunden, ihre Steuersituation mit ihrem Steuerspezialisten zu überprüfen», sagt Sprecher Jan Vonder Mühll.

Die zweite bedeutende Privatbank auf dem Platz Zürich, die Bank Vontobel, zeigt sich unerschrocken. Ihr Sprecher verweist auf den Entscheid des Bundesrats, Amtshilfe auf Anfrage bei vermuteter Steuerhinterziehung zu leisten. «Darüber hinausgehende Massnahmen sind nicht vorgesehen und werden auch von keinem anderen internationalen Finanzplatz umgesetzt», markiert Vontobel-Sprecher Jürg Stähelin Stärke.

ZKB plausibilisiert Steuerstatus

Auch die Zürcher Kantonalbank (ZKB) akzeptiert Neukunden, ohne von diesen eine Steuerbescheinigung vorgelegt zu erhalten. Sprecher Urs Ackermann betont aber, dass seine Bank «den Steuerstatus im Gespräch mit dem Kunden» abklären und die gemachten Aussagen auf ihre Plausibiltät überprüfen würde. Bestehenden Kunden mit vermutlich undeklarierten Geldern rät die ZKB, «eine steuertransparente Situation herzustellen», sagt Ackermann.

Die Raiffeisen-Gruppe empfiehlt Altkunden mit eventuell unversteuerten Vermögen, eine «Selbstanzeige zu prüfen», sagt Raiffeisen-Sprecher Franz Würth. Aber selbst die Genossenschaft, bei der ausländisches Schwarzgeld dünn gesät sein dürfte, will lediglich inländische Gesetze berücksichtigen. «Die korrekte Erfüllung der Steuerpflicht liegt beim Kunden und nicht bei der Bank», begründet der Raiffeisen-Sprecher.

Alles bleibt beim Alten

Fazit: Während Politiker aus allen Lagern von Weissgeld-Strategie sprechen und die Finanzaufsicht vor Verstössen gegen ausländisches Recht warnt, geben sich die Schweizer Banken gelassen. Für sie zählt weiterhin nur die Einhaltung der inländischen Gesetze. Keine Bank packte die Gelegenheit beim Schopf und verkündete eine konsequente Weissgeldstrategie. Gut möglich, dass niemand seine ausländischen Schwargeldkunden vorzeitig vor den Kopf stossen will.


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