Der clevere Appenzeller bunkert mit Charme

20minuten.ch (25. Februar 2010) – «Wir bieten Hand zur Lösung des Schwarzgeldes, doch darüber müssen wir bilateral verhandeln.» Das ist die Botschaft der Landesregierung ans EU-Ausland, wie die unversteuerten Vermögen auf Schweizer Konten gesäubert werden sollen.

Hans-Rudolf Merz strahlte übers ganze Gesicht, als er am Donnerstag in Bern die Überlegungen des Bundesrates zur Zukunft des Bankgeheimnisses bekannt gab. «Es ist ein Vorteil, wenn wir den Finanzplatz bilateral weiterbringen können», verkündete der Finanzminister die Strategie des Bundesrats für die Bankenindustrie, die von ihm stammt. Clever, denn nun müssen Deutschland & Co. eigene Vorschläge machen – oder sich offiziell querlegen.

Mit Deutschland, Frankreich, Italien etc. will die Schweiz in zwischenstaatlichen Verhandlungen massgeschneiderte Lösungen finden. Ziel ist die Legalisierung des alten, unversteuerten Geldes und gleichzeitig die Sicherstellung, dass alle neuen ausländischen Vermögen deklariert sind.

Informationsaustausch wäre das Ende

Der viel geprügelte Merz hat sich damit an der gestrigen Klausurtagung der Landesregierung gegen jene Kollegen durchgesetzt, die den automatischen Informationsaustausch propagieren. «Solche Überlegungen werden nicht weiter vorangetrieben», sagte Merz, nachdem er noch vor kurzem selbst laut darüber nachdachte, weil ihn Mitglieder der Landesregierung dazu gedrängt haben sollen. «Ich selber habe nie, nie diesen Infoaustausch propagiert», verteidigte sich Merz heute. «Das wäre das Ende des Bankgeheimnis, das wäre ein sehr grosser Schaden des Finanzplatzes.»

Was bedeutet nun aber die Strategie von Merz? Wie ist sie zu werten? Und welche Erfolgswahrscheinlichkeit hat sie? Erstens: Der Merz-Weg aus der Bankgeheimnis-Krise ist clever. Denn er entspricht einem «Bunkern mit Charme». Der Bundesrat anerkennt die Notwendigkeit, das Problem des vielen Schwarzgeldes aktiv anzupacken. Welche Lösung er anstrebt, lässt er hingegen offen. Zuerst verhandeln, dann reden – diesen Grundsatz nehmen sich Merz und der Bundesrat zu Herzen.

Zweitens verspricht die Regierung, dass der Schweizer Finanzplatz in Zukunft nur noch steuerehrliches Geld akzeptiert. Das ist im Kampf gegen Dubai und Singapur, die für unversteuerte Vermögen attraktiv bleiben wollen, ein Wettbewerbsnachteil. Doch nach dem Einbruch des Bankgeheimnis-Kartenhauses blieb keine andere Option.

Immerhin gibt der Bundesrat nicht mehr vorschnell Terrain preis, sondern zieht eine klare Demarkationslinie: Datenaustausch gemäss OECD-Standardabkommen und kein automatischer Informationsaustausch, so lauten die Eckwerte.

Ausland entscheidet über Sein oder Nicht-Sein

Doch ist die Strategie auch erfolgversprechend? Das hängt von der Reaktion der ausländischen Regierungen ab. Grundsätzlich haben diese drei Möglichkeiten. Zum Beispiel könnte Deutschland das Schweizer Verhandlungsangebot ausschlagen, weil dem Nachbar der eingeschlagene Weg mit Datenklau und Selbstanzeigen erfolgversprechender scheint. Oder eine für die betroffenen deutschen Steuerhinterzieher attraktive Amnestie à la italienne kommt für die deutsche Regierung aus wahltaktischen Überlegungen nicht in Frage. Nur wenn beide Hürden übersprungen werden, kommt es überhaupt zu echten Verhandlungen.

Was waren die Alternativen? Die Schweiz hätte die Waffen strecken und den Privatsphärenschutz freiwillig über Bord werfen können. Das wäre verhandlungstaktisch dumm gewesen. Oder sie hätte auf stur schalten und gar keine Gespräche über Schwarzgeld-Altlasten anbieten können. Dann wäre sie wohl wie Liechtenstein rasch eingebrochen. So aber bindet der Bundesrat das Ausland ein und hält sich viele Optionen offen. Nach vielen Wirrungen kann man sagen: Gut gemacht.


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