Wird die UBS zum Dinosaurier?

20minuten.ch (9. Februar 2010) – Nach der heutigen Zahlenoffensive stellt sich die Frage nach der Existenzberechtigung der UBS. Nicht weil sie vom Untergang bedroht wäre. Sondern weil sich die Frage stellt, ob sie jemals wieder zur davongeeilten Konkurrenz aufschliessen kann. Eine Antwort hat die Chefetage vorläufig nicht.

Die Stimmung im Vortragssaal des UBS-Konferenzzentrums war heute Morgen gedrückt. Konzernchef Oswald Grübel beantwortete die Fragen nach der immensen Kundenflucht und dem Crash mit dem Bankgeheimnis mit Grabesstimme.

Alles, was Grübel ausstrahlte, erinnerte an Skepsis und Gefahr. Kein Optimismus, nichts Visionäres verschaffte sich Raum. Das über seinem Kopf in überdimensionierter Grösse leuchtende Logo schien schwer auf den Schultern des vermeintlichen Retters der grössten Schweizer Bank zu lasten.

Gesucht: Ein Mittel gegen das Ausbluten

«Was ist los mit der UBS?», lautet die simple Frage. Sie ist zwar in die Gewinnzone zurückgekehrt, doch die Börse zeigte nach unten, hauptsächlich als Folge der riesigen Vermögensabflüsse der Kunden. Allein von Oktober bis Dezember des letzten Jahres suchten knapp 60 Milliarden Kundengelder das Weite, im ganzen Jahr waren es gegen 150 Milliarden. Wie will die Bank dieses Ausbluten stoppen?

Antwort darauf gab es keine, zumindest keine überzeugende. Auf die Zähne beissen, den Kunden gute Produkte empfehlen, die Gewinne nachhaltig steigern und auf bessere Zeiten hoffen, lautet die Strategie. Auf Englisch: Wait and see.

Fairerweise muss gesagt werden, dass es keine einfachen Erfolgsrezepte gibt. Die Bank hat in den letzten zwei Jahren alles, was sie hatte, verspielt. Zuerst ihr Geld mit Hypothekenschrott, dann ihren Ruf mit Steuerbetrug. Beides geschah in den USA – wo viele Beobachter sagen, hätte sich die Bank gar nie derart exponieren sollen. Da wirkt es wie Ironie, dass die UBS in ihrer US-Vermögensverwaltung von Quartal zu Quartal Fortschritte macht und wieder Gewinne einfährt.

Da nützt auch ein starkes Fernrohr nichts

Doch das sind Momentaufnahmen. Das grosse Bild sieht in Anspielung auf den aktuellen Alinghi-Segelwettbewerb, den die UBS einst im grossen Stil mit Sponsoring unterstützte, wie folgt aus: Während die wichtigsten Konkurrenten längst in der auffrischenden Brise Richtung neue Horizonte segeln, ist die UBS heute gerade mal über die Startlinie gekrochen. Selbst mit einem starken Fernrohr kann die Bankenleitung die Gegenspieler kaum noch erkennen.

Das lässt sich an wenigen Beispielen zeigen. Die Deutsche Bank hat vor wenigen Tagen einen Gewinn von 5 Milliarden Euro ausgewiesen, im Vergleich zum UBS-Milliardenverlust für das ganze Jahr 2009 eine gute Leistung. Von der Credit Suisse wird für diese Woche ebenfalls ein stolzes Milliarden-Jahresresultat erwartet. Die grossen US-Banken stehen zum Teil ebenfalls wieder erfolgreich da, allen voran die Investmentbank Goldman Sachs und die Grossbank JP Morgan.

Diese fitten Konkurrenten der UBS nutzen das Momentum. Ausgerechnet heute wurde bekannt, dass die CS ein rasches Wachstum im amerikanischen Vermögensverwaltungsmarkt anstrebt. Sie will ihren Bestand an Kundenberatern spürbar ausbauen und hofft auf ein zusätzliches grosses Stück des grössten Vermögenskuchens der Welt.

Für die UBS ist dieses forsche Auftreten der Konkurrenz vom Paradeplatz umso schmerzhafter, als die eigene Steuer-Vergangenheit mit den Amerikanern immer noch nicht vom Tisch ist. Wie der Deal zwischen den USA und der Schweiz um die Offenlegung von 4450 US-Kunden umgesetzt werden soll, steht in den Sternen. Zur Lösung beitragen kann die UBS nicht, sie kann auch da nur auf Hilfe von aussen hoffen.

Die UBS bleibt eine Macht

Was bleibt, ist die Feststellung, dass die UBS immer noch eine Macht in der globalen Vermögensverwaltung ist. Sie betreut insgesamt Kundenvermögen von über 2200 Milliarden Franken. Selbst wenn sie in den kommenden Momenten im gleichen Tempo Kundengelder verlieren sollte, bleibt sie auf absehbare Zeit ein wichtiger Faktor in diesem lukrativen Geschäft.

Nur: Die Zukunft gehört den Schnellen und Fitten. Die UBS ist das nicht, im Gegenteil, sie leidet unter dem Image einer Firma, die weitgehend durch eigenes Verschulden in eine existenzbedrohende Krise geraten ist und bis heute keinen überzeugenden Weg in eine neue Zukunft gefunden hat. Deshalb nochmals: Was tun?

Ein Neuanfang?

Gut möglich, dass die Bank nicht um einen strategischen Neuanfang herumkommt. Der könnte eine Aufteilung bedeuten. Abspalten der riskanten Investmentbank, Verkauf des Schweizer Geschäfts und Fokussierung auf die Vermögensverwaltung. Die UBS wäre eine Julius Bär hoch drei, die nicht mehr selber die Produkte entwickelt und grosse Wetten eingeht, sondern im Markt nach den besten Investitionen sucht.

Vielleicht würde die UBS dann glaubwürdig den einstigen Ruf zurückgewinnen können, eine Bank für die Kunden – und nicht für die Manager mit deren Hochsalären – zu sein. Sonst könnte ihr das Schicksal eines Dinosauriers drohen. Gross, aber nicht mehr lebensfähig in einer veränderten Finanzwelt.


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