UBS-PUK: Diese Fragen werden heikel
20minuten.ch (19. Januar 2010) – Weil die UBS-Affäre auch zwei Jahre nach Krisenausbruch nicht aufgearbeitet ist, könnte eine PUK möglicherweise Licht in die grösste Krise der Schweiz seit Jahrzehnten bringen. Diese Fragen könnten für die Verantwortlichen besonders brenzlig werden.
Allmählich dämmert es den Parlamentariern. Seit das Bundesverwaltungsgericht den Daten-Notabwurf von Februar 2009 als illegal taxierte, steigt die Wut in Bern auf die Protagonisten im UBS-Drama.
Welches Spiel spielten Bundesrat, Finanzmarktaufsicht (Finma) und Grossbank? Wie ausschlaggebend waren persönliche Banden zwischen der UBS und Finma-Präsident Eugen Haltiner, Finanzminister Hans-Rudolf Merz und der Bankiervereinigung?
PUK würde UBS-Manager zur Rede stellen
Auch wenn nun in der nationalen Politik die Hölle los ist: Entscheidend waren die Handlungen und Absichten der UBS-Führungsleute. Sie haben mit ihren Taten und Beschlüssen oder Nicht-Beschlüssen das Land in die Krise geführt, entsprechend müsste eine PUK ihre Absichten ausleuchten. Das macht die bereits aktive Geschäftsprüfungskommission nicht.
Im Zeitraffer sind sechs Zeitpunkte und Fragen entscheidend:
Am 7. November 2000 unterzeichnete der damalige Finanzminister Kaspar Villiger, heute UBS-Präsident, den Antrag der Finanzlobby Bankiervereinigung, dem neuen Qualified-Intermediary-Steuersystem der USA beizutreten, ohne den Zweck des Abkommens, nämlich die Versteuerung von US-Vermögen in der Schweiz, voll zu akzeptieren. Jahre später entpuppte sich das Abkommen als trojanisches Pferd für das Bankgeheimnis.
Frage für die PUK: Wie kamen Bankiervereinigung und damit der ganze Schweizer Finanzplatz auf die – offen formulierte – Idee, die US-Steuerbehörden auszutricksen?
Im November 2001 schlug die oberste Führungscrew des UBS Private Bankings Warnungen über Gesetzesbrüche in den USA in den Wind. Das bisherige Modell beinhalte die Gefahr, dass «die Art und das Ausmass unseres Offshore-Geschäfts aufgedeckt» würde, schrieben die Spezialisten. Die Chefs, darunter der spätere CEO Marcel Rohner und sein Offshore-Chef Raoul Weil, hielten am alten Kurs fest.
Frage: Warum nahmen Rohner & Co. das Risiko, in den USA als Betrüger aufzufliegen, in Kauf?
Anfang Mai 2002 stiessen Risikoexperten aus der Zürcher UBS-Zentrale auf einen 24-Milliarden-Dollar-Berg mit US-Hypotheken. Sie warnten die UBS-Topshots Walter Stürzinger und Marco Suter vor gefährlichen «Silo-Ansätzen», die aus «Überwachungsüberlegungen … zu verhindern» seien. Trotzdem hielt die UBS am Crash-Kurs fest und hielt bei Ausbruch der Subprime-Krise im Sommer 2007 über 100 Milliarden Dollar solcher Hypothekenpapiere.
Frage: Warum sind die obersten Risikochefs bei der UBS immer noch an Bord? Haben sie Präsident Ospel und Konzernleiter Wuffli entgegen einem UBS-Bericht etwa doch gewarnt?
Am 24. Mai 2006 versprach der damalige UBS-Chefjurist und spätere Präsident Peter Kurer lupenreines Geschäften. „Einer unserer Kernwerte ist es, eine qualitativ hochstehende Rechtskultur zu pflegen“, schrieb Kurer Whistleblower Bradley Birkenfeld, der seine frühere Arbeitgeberin bedrohte und kurz darauf rund 500’000 Dollar Bonus erhielt. Kurer initiierte Schulungen für die US-Kundenberater, doch die illegalen Beratungen und Steuerkonstrukte blieben in Kraft.
Frage: Warum stoppte Kurer trotz Whistleblower die Praxis im US-Geschäft nicht?
Am 21. September 2008, eine Woche nach dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers, beschlossen Nationalbank, Finanzdepartement, Finanzmarktaufsicht und UBS, dass sich die Grossbank rasch neues Eigenkapital beschaffen müsse, um Milliarden illiquider US-Papiere loszuwerden. Am 2. Oktober Kurer sagte den UBS-Aktionären, er sei „in der glücklichen Lage, Ihnen berichten zu können, dass wir die UBS recht erfolgreich durch diese Turbulenzen manövrieren konnten“. Am 15. Oktober 2008 beschloss der Bundesrat mittels Notrecht, der UBS 54 Milliarden Dollar toxische Papiere abzunehmen und 6 Milliarden Franken Steuergelder einzuschiessen. Später reduzierte sich der Betrag der von der Nationalbank übernommenen Wertpapiere massiv.
Frage: Hat die UBS-Führung Nationalbank und Bund für die eigene Rettung über den Tisch gezogen, indem sie die Lage zu schwarz malte?
Am 18. Februar 2009 gibt die Finanzmarktaufsicht (Finma) Daten von 255 US-Kunden an die US-Behörden heraus, ohne dass die betroffenen Kunden den Schweizer Rechtsweg zu Ende gehen können. Die rechtliche Begründung mit dem ordentlichen Bankengesetz wird ein Jahr später vom Bundesverwaltungsgericht für illegal erklärt.
Fragen: Warum hat Finma-Präsident Eugen Haltiner, der als langjähriger UBS-Kadermann eine monatliche Rente von der Grossbank bezieht, die Daten in eigener Kompetenz offengelegt und damit das Bankgeheimnis aufgehoben? Wie stellte die UBS die Bedrohungslage in den USA dar, die Finma und Bundesrat zur Handlangerin der UBS machte? Wie wahrscheinlich war eine Anklage der UBS in den USA mitten in der grössten Finanzkrise seit 75 Jahren?
PUK braucht umfassendes Mandat
Diese und weitere Fragen kann eine PUK stellen und mit harten Befragungen aller Involvierten versuchen zu beantworten. Eine Beschränkung auf die als illegal beurteilte Datenherausgabe vom Februar 2009 wäre falsch.
Das ganze UBS-Drama ist eine Folge einer Führungskultur, die auf dem Ehrgeiz basierte, die grösste, erfolgreichste, vermögendste und für Aktionäre und Manager grosszügigste Bank zu sein. Dafür hat die UBS-Spitze vielfache Warnungen ignoriert und die nötige Vorsicht geopfert, möglicherweise mit dem vorrangigen Ziel, die persönlichen Bedürfnisse zu befriedigen.
Die Rechnung bezahlt die Schweiz. Um die richtigen Schlüsse aus der Tragödie zu ziehen und die Weichen für die Zukunft zu stellen, ist eine umfassende Aufarbeitung nötig. Weil dies nicht mit dem Strafrecht erfolgt, da die Zürcher Ermittler kein Verfahren eröffnen wollen, könnte nun eine entsprechend mandatierte PUK die nötige Aufklärung leisten.