«Too big» für Bern?

20minuten.ch (16. Dezember 2009) – Heute Nachmittag präsentiert der Bundesrat die Finanzplatzstrategie für das Land. Gleichzeitig informiert er darüber, wie das Problem der «Too-big-to-fail»-Grossbanken in einer Arbeitsgruppe angepackt wird. Die Zeichen mehren sich, dass die Bankenlobby Bern über den Tisch zieht – einmal mehr.

Die Landesregierung stellt heute wichtige Weichen für den Bankenplatz Schweiz. Das Resultat der Arbeitsgruppe «Finanzplatzstrategie» wird laut einem Sprecher des Finanzdepartements an einer Pressekonferenz am frühen Nachmittag vorgestellt. Gleichzeitig wird über eine neue Arbeitsgruppe zur Problematik der zu grossen Grossbanken für das kleine Land informiert.

Von beidem könnte Bern überfordert sein. Beim ersten Thema geht es im Kern um die Vermögensverwaltung. Wie können die rund 1000 Milliarden Franken unversteuerten Gelder von ausländischen Privatkunden in einem mehrjährigen Prozess in die Legalität überführt werden? Und mit welchem Angebot schafft es die Schweiz, dass sie den Nachbarstaaten auch in Zukunft nicht die Namen von Bankkunden offenlegen muss?

Die Zukunft macht die Vergangenheit nicht ungeschehen

Die Zeichen stehen eher auf Sturm. Der französisch-italienische «Spion» der Genfer HSBC Finanzgruppe hat den Franzosen einen wertvollen Datenschatz beschert. Italien hat den Finanzplatz Lugano zu einem Teil «trockengelegt», wie dies vom italienischen Finanzminister angekündigt worden war.

Noch erfolgreicher waren die USA, sie haben dank dem UBS-«Verräter» Birkenfeld Kundendaten in Hülle und Fülle erhalten und das weitere Offshore-Banking endgültig gestoppt. England verlangt die Offenlegung aller Offshore-Konten von lizenzierten Banken, darunter auch der Töchter einiger Schweizer Banken. Was Deutschland plant, bleibt abzuwarten.

Die Aktionen zeigen, dass sich wichtige Partnerstaaten noch nicht zur Frage der Zukunftsgestaltung übergehen wollen. Vielmehr lechzen sie danach, möglichst viel Schwarzgeld auf Schweizer Bankkonten ins eigene Land zu lotsen, um die Löcher im Haushalt zu stopfen und Kapital für Zukunftslasten zu haben.

Dem tritt der Bundesrat zusammen mit der Bankenlobby mit zwei Angeboten entgegen. Erstens offeriert er Informationen bei Steuerhinterziehung und erfüllt damit den internationalen Standard. Zweitens will er auf alle Schwarzgelder eine Steuer abziehen und diese den jeweiligen Ländern gutschreiben. Diese Abgeltungssteuer soll den automatischen Informationsaustausch, der das definitive Ende des Bankgeheimnisses bedeuten würde, verhindern.

Die EU zeigte bisher wenig Interesse am Angebot, ihr Standard ist die völlige Offenlegung von Bankdaten. Mit ihrem Grundsatz, ihre Bankkunden vor staatlichem «Schnüffeln» zu schützen, beisst die Schweiz vorerst auf Granit. Ein Erfolg bleibt höchst ungewiss.

Grossbanken sind zu gross für die kleine Alpenrepublik

Beim zweiten Thema von heute steht ein Tabu im Vordergrund. Die Krise hat in der Praxis den Beweis gebracht, dass die UBS und die CS zu gross für die kleine Schweiz sind. Mit Ach und Krach wurde Schlimmeres verhindert. Doch die Risiken innerhalb und ausserhalb der Grossbankenbilanzen bleiben gigantisch. In einer nächste «Kernschmelze» ist nicht auszuschliessen, dass das Land wie Island «untergehen» könnte.

Daraus folgt, was die SVP mit Christoph Blocher und die SP mit Christian Levrat fordern: Die Grossbanken sollen zerlegt werden. Kaum verwunderlich, wehren sich diese mit Händen und Füssen dagegen. Weil sie dank ihrem grossen Investmentbanking viel günstiges Geld in die Schweiz bringen, profitieren die vielen KMUs, lautet eines der Standardargumente. Ein anderes besagt, dass Grossbanken jahrelang gute Steuern abgeliefert und wertvolle Arbeitsplätze geschaffen haben. Eine Zerlegung in Einzelteile würde die Schweiz teuer zu stehen kommen, heisst es.

Teure Risiken

Sie blenden aus, dass die unkontrollierbaren Risiken von UBS und CS auch sehr teuer waren. Die UBS musste 53 Milliarden Dollar abschreiben, bei der CS waren es 19 Milliarden, unter dem Strich resultierten 37 Milliarden Franken respektive 8 Milliarden Verluste. Mehr als die Hälfte der Reingewinne der UBS des letzten Jahrzehnts wurden ausradiert, auf Jahre hinaus werden keine oder nur geringe Steuern abgeliefert. Der Staat, also die Steuerzahler, mussten einspringen und in einer ersten Phase pro Kopf 10 000 Franken Risiken übernehmen.

Auch wenn sich die Lage stabilisiert hat: Die Krise hat deutlich gemacht, dass die beiden Grossbanken das «Potenzial» haben, die Schweiz in den Abgrund zu reissen. Eine Aufteilung in weniger riskante Einheiten könnte deshalb eine vernünftige Konsequenz daraus sein.

Finger weg!

Doch in Gesprächen mit Grossbankenvertretern wird immer wieder deren Forderung deutlich, dass der Staat gefälligst die Finger von solchen Eingriffen in die Geschäftspolitik lassen soll. Mehr Eigenkapital, darüber lässt man mit sich diskutieren, ansonsten soll alles beim Alten bleiben.

Zeigt Bern für einmal Härte gegen die Bankenlobby? Mit Ausnahme der klaren Haltung der Nationalbank deutet darauf wenig hin.


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