Kein Haar in der CS-Suppe

20minuten.ch (23. Juli 2009) – Am Quartalsabschluss der neuen Nummer eins des Schweizer Bankenplatzes gibts wenig zu kritteln. Die Credit Suisse macht Milliardengewinne, ist eine führende Investmentbank und bringt ihre Vermögensverwaltung mit Schwung in die Neuzeit ohne Bankgeheimnis. Eine Erfolgsstory.

Die Erwartungen waren hoch, der Raum für Enttäuschung entsprechend gross. Doch die Credit Suisse gibt sich keine Blösse und liefert ein sehr gutes Resultat für die Monate April bis Juni ab: Gewinn von 1,5 Milliarden Franken, ohne Sondereffekte wärens gar 2,5 Milliarden, 10 Milliarden Neugeldzufluss, auch das Sorgenkind Asset Management in den schwarzen Zahlen.

Und das Beste daran: Die sogenannte Kernkapitalquote stieg von 14 auf 15,5 Prozent und übersteigt schon jetzt die Anforderungen der Finanzmarktaufsicht für das Jahr 2013 deutlich. Die CS ist, daran besteht derzeit kein Zweifel, ihrer Zeit voraus.

Auferstehung im Investmentbanking

Eine der beiden grossen Banken der Schweiz hat demnach die Kurve endgültig gekriegt, ist mit Schuss unterwegs und wird, wenns so weitergeht, zu den grossen Gewinnern der Finanzkrise von 2007 und 2008 gehören.

Das hat die Bank hauptsächlich ihrer Leistung im Investmentbanking zu verdanken, jenem Bereich, der als besonders riskant und verlustbringend gilt. Vor Steuern verdiente die CS dort fast 1,7 Milliarden Franken, und hätte sie nicht buchhalterische und effektive Sonderabschreibungen erlitten, wären es gar 2,4 Milliarden. Das wäre nochmals eine Steigerung gegenüber den bereits ausserordentlich hohen 2 Milliarden im ersten Quartal 2009.

Die erstaunliche Auferstehung des Geschäftsbereichs mit dem Eigenhandel, der Beratung grosser Firmen für die Geldaufnahme und für Fusionen und Übernahmen sowie der Börsenabwicklung kommt im Vergleich der Bruttoeinnahmen gegenüber dem Vorjahr pointiert zum Ausdruck: Von April bis Juni 2008, als die Krise gross war und die Nerven blank lagen, betrugen sie 3,7 Milliarden. Nun sind sie auf 6 Milliarden hochgeschnellt, plus 62 Prozent.

Auch von Altlasten im US-Hypothekenmarkt ist kaum mehr die Rede bei der CS. Manch ein Beobachter rechnete mit Rückschlägen bei den verbrieften Kreditpapieren auf Geschäftsliegenschaften. Doch da erlitt die CS lediglich ein Minus von 300 Millionen, kaum der Rede wert im Vergleich zu all den Milliarden, die in der Finanzkrise den Bach runtergingen.

Im Communiqué der CS heisst es, beigetragen zum Erfolg habe «das gute Ergebnis im Kundengeschäft, wo das Investmentbanking der Credit Suisse bei vielen Produkten Marktanteile gewinnen konnte». Zwei Wörter sind entscheidend: «Kundengeschäft» und «Marktanteile». Der Boom im verpönten Handelsgeschäft soll nicht durch Eigenwetten und Kasinogebaren zustande gekommen sein, sondern durch von Kunden nachgefragte Dienstleistungen. Und die CS hat nach eigener Behauptung auf Kosten von schwächelnden Konkurrenten neue Kunden gewonnen oder von bestehenden mehr Aufträge erhalten.

Köpfe sind entscheidend

Was ist der Kern dieses erstaunlichen Erfolgs in einer Landschaft, die von tief gefallenen Giganten wie der UBS, der amerikanischen Citibank oder der britischen Royal Bank of Scotland gezeichnet ist? Am Schluss sind es immer die Leute, die den Unterschied ausmachen.

Im Fall der CS hat sich ein stabiles Managementteam unter der Führung des Amerikaners Brady Dougan früher als ehemals deutlich grössere und ertragreichere Konkurrenten von gefährlichen Kreditpapieren getrennt, musste nur kurzzeitig einen heftigen Milliardenrückschlag wegstecken und kam über die Runden, ohne beim Staat um Almosen betteln zu müssen.

Ohne Bundesbeteiligung ist Dougans Equipe viel freier in der Gestaltung des Geschäfts, was sich vor allem im Spielraum bei den Löhnen und Boni auszahlt. Und Talente werden nach wie vor mittels Gehaltscheck angezogen.
Selbstverständlich beinhaltet jedes Ergebnis auch dunklere Seiten, so auch jenes der CS. Im Private Banking, dem zweiten Standbein neben dem Investmentbanking, ging der Gewinn um 35 Prozent auf noch 935 Millionen zurück, was insgesamt nur etwas mehr als die Hälfte des Vorsteuergewinns im Investmentbanking ist.

Es kann von einem Einbruch gesprochen werden. Hier zeigt sich, wie gering der unmittelbare Einfluss des Managements in diesem Bereich ist. Im Zuge von tieferen Börsenbewertungen sanken die Vermögensbestände der Kunden. Diese bilden die Basis für die Erträge, welche die CS in der Vermögensverwaltung generiert. Dass zuletzt wieder mehr Papiere gekauft und verkauft wurden, womit die Transaktionsgebühren stiegen, konnte das negative Vorzeichen in der Gewinnentwicklung im Private Banking nicht kehren.

Aber der CS daraus einen Strick zu drehen, würde der Sache nicht gerecht. Vielmehr ist die Entwicklung in der Vermögensverwaltung das Haar in der Suppe, das im vorliegenden Abschluss gesucht werden muss. Denn eine andere Kennziffer dieses Bereichs versöhnt die Investoren. Die CS ist nach wie vor ein Magnet für Vermögen, im zweiten Quartal stieg der Neugeldzufluss um knapp 11 Milliarden, davon der Löwenanteil im Wealth Management, wo die CS die Wohlhabenden dieser Welt betreut.

Man werde in der Vermögensverwaltung weiter expandieren, einerseits vor Ort, andererseits auch im Offshoregeschäft, schreibt die Bank. Dieses wird von den Regierungen grosser Länder wie Deutschland, Frankreich und den USA attackiert. Man werde im «Einklang mit den geltenden Gesetzen» vorwärtsgehen, beruhigt die CS im Communiqué und zeigt sich überzeugt, dass sie «im Rahmen der integrierten globalen Bank gut auf die Zukunft vorbereitet» sei.

Die CS gibt sich selbstbewusst, ohne überheblich zu wirken. Sie betont, sie wickle ihre Geschäfte für die Kunden und nicht fürs eigene Handelsbuch ab und setze ihr Kapital, dessen Schutz in der neuen Finanzordnung das Mass aller Dinge ist, effizient ein. «Dieses Geschäftsmodell mit verringertem Risikoeinsatz bildet die Grundlage für nachhaltige, solide und weniger volatile Erträge», lässt sich Dougan zitieren.

Dann erklärt der Chef der Konkurrenz den Tarif – durch die Blume, wie es sich für eine Gewinnerin ziemt: «Wir sind sehr gut gerüstet, um im veränderten Wettbewerbsumfeld von unserer soliden Kapitalbasis und unserem Geschäftsmodell zu profitieren.»

370 000 Franken pro CS-Mitarbeiter

Last but not least können sich die 47 000 Mitarbeitenden der CS die Hände reiben. Von einem weiteren Stellenabbau ist keine Rede mehr, im Gegenteil, trotz angekündigtem Abbau verbleibt die Stellenzahl hoch. Rechnen wir die 4,35 Milliarden für Löhne und Boni aufs Jahr hoch, würden wir auf eine Entschädigungssumme für 2009 von Total 17,4 Milliarden oder 370 000 Franken kommen pro CS-Mitarbeiter, inklusive Schalterangestellte und Assistenten. Welcome back to Finance!


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