UBS-Chef Grübel spielt den Joker

20minuten.ch (26. Juni 2009) – Die Grossbank UBS nimmt bei wenigen grossen Investoren 3,8 Milliarden Eigenkapital auf. Diese bezahlen nur 13 Franken pro Aktien, 7 Prozent unter dem gestrigen Schlusskurs.

Die UBS ist noch nicht über dem Berg. Sie machte auch von April bis Juni Verluste, Kunden zogen weiterhin Vermögen ab, und sie leidet noch immer unter einer viel zu hohen Verschuldung. Deshalb hat die neue Unternehmenführung unter Oswald Grübel ihren Kapital-Joker gespielt. Zwei Monate, nachdem sich Grübel von den UBS-Aktionären eine Kapitalerhöhung auf Vorrat absegnen liess, platziert er diese Aktien bei wenigen Grossinvestoren. Der UBS strömt dadurch 3,8 Milliarden frisches Kapital zu.

Vermögensabfluss will nicht stoppen

Das Gute an der Nachricht ist, dass die Bank ihren Eigenkapital-Puffer stärkt, um weitere Verluste aufzufangen. Das ist nach wie vor dringend. Von April bis Juni (die letzten Tage des Monats werden daran nichts mehr ändern) verlor die UBS weiter Geld an allen Fronten: Sie machte einen Verlust in unbekannter Höhe, der allerdings zum grössten Teil mit Buchhaltungsvorschriften zusammenhängt. Sie litt aber nach wie vor unter illiquiden Anlagen, die sie abschreiben muss.

Besorgniserregend ist insbesondere, dass UBS-Kunden immer noch Vermögen abziehen. Die Verunsicherung hängt mit den Verlusten der Bank zusammen. Wer will sein Geld von einem Finanzhaus verwaltet haben, das mit dem eigenen Vermögen vor allem Verluste macht?

Fragezeichen USA

Noch stärker ins Gewicht fallen dürfte die Ungewissheit über einen anstehenden Prozess in den USA. Die amerikanische Steuerbehörde IRS fordert von der Schweizer Grossbank die Herausgabe von 50’000 Kundendaten.

Wenn der Schweizer Regierung, die der UBS zur Seite steht, nicht in letzter Minute einen Deal mit den Amerikanern gelingt, kommt es in zwei Wochen in Miami zu einer ersten richterlichen Entscheidung. Eine Niederlage würde nochmals viele UBS-Kunden kopfscheu machen, auch wenn die Schweizer den Entscheid bei der nächsten Instanz anfechten könnten.

Investoren kriegen UBS-Aktien weit unter dem Börsenkurs

Wie unsicher die Lage rund um die UBS bleibt, zeigt der Umstand, dass die neuen Grossaktionäre der UBS nur 13 Franken pro Aktie zahlten, beinahe einen Franken unter dem Schlusskurs von gestern Abend. Noch vor zwei Wochen kosteten die UBS-Titel mehr als 16 Franken.

Die Aktienplatzierung bei Investoren hat zwei Seiten. Einerseits zeigt sie, dass die UBS wieder privates Geld kriegt. Kein Wunder, begrüsste die Eidgenossenschaft die Nachricht. Bekanntlich will der Bund seine 6 Milliarden, die er letztes Jahr als Nothilfe in die UBS einschoss, rasch loswerden.

Bis Anfang August, wenn die UBS ihre detaillierten Zahlen für das zweite Quartal präsentieren wird, verzichtet der Bund auf mögliche Verkäufe seiner UBS-Titel – ein Entgegenkommen an die neuen Aktionäre, die sonst sinkende Kurse befürchteten.
UBS-Sprecher Christoph Meier bestätigt, dass man den neuen Investoren «die Gewissheit» geben wollte, «dass nicht kurzfristig eine weitere Aktienplatzierung stattfinden» würde. Eine solche hätte auf den UBS-Aktienkurs gedrückt. Laut Meier haben sich alle Käufer im grossen Stil beteiligt, mit Tranchen von «mindestens 100 Millionen Dollar».

Bereitet sich die Bank auf eine Niederlage in Florida vor?

Andererseits stellt sich die Frage, warum UBS-CEO Oswald Grübel gerade jetzt die Jokerkarte des von der Generalversammlung erst vor kurzem genehmigten Kapitals spielt. Eine mögliche Erklärung ist der bevorstehende grosse Prozessauftakt in Miami, auch wenn dies im heutigen Communiqué nicht bestätigt wird.

Zwar besteht nach wie vor die Möglichkeit einer aussergerichtlichen Einigung zwischen den USA und der UBS, vermittelt durch die Eidgenossenschaft, die wohl Hand bieten müsste zu einer weiteren Datenherausgabe. Allerdings rätseln Anwälte, mit welchem Gesetzesartikel die Schweiz einen solche Deal eingehen könnte.

Doch die Unsicherheit des Verfahrens ist gross, und die UBS muss alles in ihrer Macht stehende vorkehren, um einem drohenden beschleunigten Vermögensabfluss nach einer allfälligen Niederlage mit einem dickeren Eigenkapitalpolster entgegen zu treten.

Die so genannte Tier-1-Quote, das ist das Verhältnis des direkt zur Verfügung stehenden Eigenkapitals (Aktienkapital, Reserven, zurückbehaltene Gewinne) zu den mit ihren Risiken gewichteten Aktiven, beläuft sich nach der Aktienplatzierung von heute auf über 12 Prozent.

Das ist weniger als die 14 Prozent von Konkurrentin Credit Suisse, nähert sich aber dem Niveau an, welches die Schweizer Aufsichtsbehörden beiden Grossbanken für die Zeit nach der Krise ins Pflichtenheft geschrieben hat.


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