Showdown in Miami

20minuten.ch (10. Juli 2009) – Wenn in drei Tagen in Miami der Steuerprozess gegen die UBS beginnt, steht die Schweiz mit dem Rücken zur Wand. Denn seit sich der Bundesrat diese Woche ultimativ vor die Bank gestellt hat, ist die Auseinandersetzung hoch-politisch. Der Heimvorteil der Amerikaner könnte schwer wiegen.

Am Sonntag Abend Schweizer Zeit müssen die USA sagen, ob sie bereit sind, der UBS in Amerika den Stecker zu ziehen. Beschlagnahmen sie die dortigen Werte der Bank, falls sie trotz Gerichtsbeschluss nicht an die geforderten 52 000 Kontodaten der UBS herankommen, weil die Schweizer Regierung diese Informationen per «Staatsakt» beschlagnahmen will? Oder ist den US-Behörden ein möglicher unkontrollierter Kollaps der UBS zu riskant und offerieren sie einen Deal?

Wie weit die USA bereit sind zu gehen – das will der zuständige Richter des Miami-Bezirksgerichts Alan Gold wissen. Gold steht am Montag um 9 Uhr Ortszeit (15 Uhr Schweizer Zeit) im Zentrum, falls das Hearing, das bis zu drei Tagen dauern kann, tatsächlich über die Bühne geht.

Ein «Schauprozess»?

Die klagenden USA könnten aus taktischen Gründen an einem «Schauprozess» interessiert sein. Die UBS und mit ihr die Schweizer Regierung, die sich auf Gedeih und Verderben schützend vor die Bank stellt, würden im Medien-Scheinwerferlicht als Helfer von Steuersünder gebrandmarkt.

Der verfolgte Zweck: Die Schweizer geben weitere Daten heraus, US-Kunden beichten ihre Steuersünden, und alle Vermögenden der USA wissen ein- für allemal, dass sich Betrug am amerikanischen Staat nicht auszahlt.

In diesem Fall, in dem es längst nicht mehr allein ums Schicksal einer globalen Bank geht, sondern um die Zukunft des Schweizer Bankenplatzes und darüber hinaus um jene aller Offshore-Finanzplätze, ist der erste und zuletzt entscheidende Akteur, Richter Alan Gold, von Aktenbergen zugedeckt. Beide Seiten liessen keine Möglichkeit aus, ihre Argumente in unzähligen Eingaben auszubreiten. An der Basis für einen fundierten Entscheid fehlt es wahrlich nicht.

Ist der Richter neutral?

Doch wird Judge Gold unabhängig urteilen? Nachdem die USA die Schlinge um den Hals der UBS Zug um Zug enger gezogen haben, verstärken sich hierzulande die Zweifel an Golds Unbefangenheit. Das Schlagwort des Politprozesses macht die Runde.

Zu einem solchen könnte die Befragung von drei hohen Bundesbeamten passen, die von Richter Gold für das Hearing nach Miami aufgeboten wurden. Es sind dies: Rudolf Wyss, die Nummer Zwei im Bundesamt für Justiz und dort zuständig für internationale Rechtshilfe; Urs Zulauf, oberster Jurist der Finanzmarktaufsicht; und Eric Hess, der stellvertretende Leiter der Abteilung Internationales in der Steuerverwaltung.

Statt Waterboarding messerscharfe Rhetorik

«Wir haben Zulauf gesagt, er solle Proviant mitnehmen für den Fall, dass ihn die Amerikaner in Beugehaft nehmen», witzelte diese Woche ein hoher Beamter im Gespräch mit 20 Minuten Online. Der Galgenhumor reflektiert die Stimmungslage in Bern: Man fühlt sich beim Bund ein wenig an Guantánamo und die dortigen brachialen Mittel erinnert.

Statt Waterboarding dürften die Schweizer in Miami mit messerscharfer Rhetorik in die Enge getrieben werden. Das ist der Job von Stuart Gibson, studierter Jurist und Journalist.

Gibson ist der Mann fürs Grobe beim Internal Revenue Service (IRS), jener US-Steuerbehörde, die von den USA die Lüftung des Bankgeheimnisses für Zehntausende von US-Kunden fordert. Er wird argumentieren, dass eine Bank nicht mit Söldnern systematisch US-Gesetze brechen könne, um sich bei Bekanntwerden hinter den Heimatgesetzen zu verschanzen. Vielmehr müsse in diesem krassen Fall das Bankgeheimnis zur Sühne des in den USA begangenen Unrechts aufgehoben werden.

Die Februar-Datenherausgabe wird zum argumentativen Steilpass für die USA

Zudem wird Gibson auf den «Mauerfall» vom Februar dieses Jahres verweisen, als die Schweiz höchstinstanzlich die Herausgabe von rund 250 UBS-Kundennamen an die USA anordnete. Somit sei das Bankgeheimnis nicht sakrosankt, wird Gibson wohl genüsslich argumentieren.

Den Vertretern des Bundes und der UBS bleibt nur die Defensive. Gültige Schweizer Gesetze dürften nicht von einem ausländischen Gericht ausgehebelt werden. Sonst mache man notfalls eben die Schoten dicht. Wie Kläger Gibson und Richter Gold darauf reagieren, wird sich bald zeigen.


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