Warum das Vertrauen in die UBS zerfällt

20minuten.ch (1. Juli 2008) – Die Meldung von heute, dass die Grossbank vier Verwaltungsräte auswechselt, war als gute Nachricht geplant. Doch die Investoren zeigen sich unbeeindruckt und stossen die Aktien erst recht ab. Denn die neue Führung hat ihren Goodwill bereits aufgebraucht.

Die vier abtretenden VR-Mitglieder machen an einer weiteren Generalversammlung, der dritten in diesem Jahr, Platz für Leute mit Strategie- und Finanz-Erfahrung. Eigentlich eine gute Meldung, müsste man meinen. Die Grossbank braucht neue Köpfe, die das verloren gegangene Vertrauen wiederherstellen.

Doch heute Morgen fiel die Reaktion an den Märkten umgekehrt aus. Die Investoren stiessen ihre UBS-Papiere massenhaft ab, der Kurs durchbrach kurz vor 12 Uhr die 20-Franken-Grenze, ein Minus von 7 Prozent und neuer Allzeit-Tiefststand. Die Dämme brechen ein.

An den Namen der per 2. Oktober zurücktretenden Verwaltungsräten kann es nicht liegen. Stephan Haeringer, der Vizepräsident, hat alle Entscheide von Ex-Präsident Marcel Ospel mitgetragen und war als 100-Prozent-Amtsträger mitverantwortlich für das Debakel mit US-Hypothekenpapieren. Peter Spuhler ist hauptsächlich Eisenbahn-Unternehmer und SVP-Politiker und kein Banker. Rolf Meyer sitzt schon seit Urzeiten im UBS-VR und hinterliess kein stabiles Erbe bei seiner Chemiefirma Ciba. Einzig Lawrence Weinbach hätte als Amerikaner helfen können, die Probleme in den USA zu lösen. Sein Abgang reisst rund um die US-Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung möglicherweise eine Lücke in die Reihen.

Die Gründe für den Aktien-Taucher

Dass die Börse die UBS heute hart abstraft, muss also andere Gründe als die Mutationen im VR haben. Einerseits sind es weitere erwartete Verluste mit US-Hypothekenpapieren, die den Titel belasten. Die UBS hat in ihrem heutigen Communiqué nichts dazu verlauten lassen. Das bedeutet, dass die im Markt erwarteten 4 bis 6 Milliarden Dollar zusätzlicher Abschreibungen, die per Ende des zweiten Quartals anfallen, zutreffen dürften. Die Grossbank wird am 12. August über ihr Ergebnis und die Abschreibungen berichten.

Zum Zweiten sorgt ein Artikel in der heutigen «New York Times» rund um die US-Steuerprobleme für Aufsehen. Ex-UBS-Kundenberater Bradley Birkenfeld, der durch sein Geständnis die Bank in Bedrängnis bringt, hat den Behörden ein Dossier mit zahlreichen Geschäftsgeheimnissen überreicht. Birkenfeld hofft damit, eine Gefängnisstrafe zu vermeiden. Dafür dürfte es die Schweizer Grossbank umso härter treffen. Birkenfelds Informationen lassen die UBS in Amerika zunehmend als hässliche Schweizer Bank erscheinen, die sich nur dem Schein nach an Abmachungen mit den Behörden gehalten hat, um im Verstecken das dunkle Geschäft mit US-Steuerflüchtigen erst recht zu betreiben.

Erinnerungen an die Swissair werden wach

Hinter dem seit Wochen andauernden Kurszerfall, der manche Beobachter an den Niedergang der Swissair vor sieben Jahren erinnert, steckt ein tiefer Vertrauensverlust in die heutige Führung. Dem neuen Präsidenten Peter Kurer ist es bisher nicht gelungen, die Investoren davon zu überzeugen, dass er zusammen mit Konzernchef Marcel Rohner das UBS-Steuer herumreissen kann. Nun könnte sich rächen, dass Kurer jahrelang ein Konzernanwalt von Ospels Gnaden war und sich möglicherweise nicht kritisch genug von der Hinterlassenschaft seines Vorgängers distanzieren kann.

In einem Beitrag in der jüngsten UBS-Zeitschrift «Our times», die an 80 000 UBS-Mitarbeiter geht, zeichnete Kurer von seinem Vorgänger jedenfalls das Bild eines Visionärs. «Ich möchte ihm für seine Dienste für die UBS danken und wünsche ihm allen Erfolg für die Zukunft.» Kein Wort verlor Kurer über den Scherbenhaufen, den Ospel bei der UBS hinterlassen hat.


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