Ospel-Ersatz: Viel Rauch um (bisher) nichts

Zürich (AWP), 25. Januar 2008 – SNB-Vizepräsident Philipp Hildebrand wird in den Medien als aussichtsreichster Nachfolger von UBS-Präsident Marcel Ospel gehandelt. Ihm wird zugemutet, die führende Vermögensverwaltungsbank mit 80`000 Mitarbeitern und Assets under Management von 3’000 Mrd CHF nach 16 Mrd CHF Verlusten im US-Hypothekenmarkt wieder auf Kurs zu bringen.

Neben ihm werden aber auch diverse andere Persönlichkeiten als potentielle Nachfolger von Ospel genannt. Das `Name dropping` reicht von Hildebrand über Fiat-Chef Sergio Marchionne und Shell-Finanzchef Peter Voser (beide Mitglied des UBS-Verwaltungsrats) bis zu den beiden Swiss-Life-Managern Rolf Dörig (CEO) und Bruno Gehrig (VR-Präsident), letzterer ein Ex-UBS-Manager und jahrelanger Nationalbank-Topshot.

Konkrete Anzeichen, dass Ospel zehn Jahre nach seinem Coup mit der Fusion von Bankgesellschaft und Bankverein bald zurücktreten muss, gibt es allerdings keine. Zudem sind bei allen genannten Kandidaten Zweifel angebracht, ob sie geeignet wären oder den Job in dieser kritischen Situation überhaupt übernehmen wollten.

Der SNB-Mann Hildebrand etwa hat keine Grosskonzern-Erfahrung. Zudem wurde er letzten Mai zum Vize der SNB gewählt und hat gute Chancen, Präsident Jean-Pierre Roth an der Spitze der Notenbank abzulösen. Wenn dieser 2011 als 65-Jähriger in Pension geht, könnte Hildebrand schon in wenigen Jahren das Steuer übernehmen. SNB-Sprecher Werner Abegg wollte am Freitag dazu verständlicherweise keine Stellungnahme abgeben.

Auch bei allen anderen Favoriten spricht einiges gegen eine Ospel-Nachfolge. Rolf Dörig von der Swiss Life will bekanntlich in zwei Jahren seinen Präsidenten Gehrig an der Spitze des Lebensversicherers ablösen, Peter Voser machte eher Karriere als Stabsmanager denn als CEO oder VR-Präsident. Bleiben Marchionne und Gehrig. Der Italo-Kanadier gilt zwar als Sanierer, Finanzexperte und harte Führungspersönlichkeit, bleibt aber beim italienischen Autobauer Fiat gefordert. Gehrig schliesslich, den ein Zürcher Headhunter als Idealbesetzung zur Wiederherstellung des Vertrauens in die UBS bezeichnet, will nach eigenen Worten in zwei Jahren, mit 64, `etwas kürzer treten`. Und Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der Favorit vieler Beobachter, hat bereits sein Desinteresse signalisiert.

Der angefragte Zürcher Headhunter sagt, er habe bisher nichts von einem Mandat der UBS zur Suche eines Ospel-Nachfolgers gehört. Pressesprecher Michael Willi sagt auf Anfrage, dass unter der Führung von Marcel Ospel die UBS `schneller und konsequenter gehandelt sowie rascher kommuniziert` habe als jede andere Bank, die von denselben Problemen betroffen sei. „Verantwortung tragen bedeutet nun, die UBS aus den heutigen Schwierigkeiten zu führen.“

Nikolaus Senn, der die UBS-Vorgängerin Bankgesellschaft Anfang der 90er Jahre präsidierte, warnt vor einer raschen Absetzung Ospels, ohne geeigneten Ersatz zu haben. „An der Spitze der UBS braucht es jemanden mit viel Energie und Durchsetzungsvermögen an der Front“, sagt der 81-Jährige im Gespräch mit AWP. „Gescheite Herren, die vom Pult aus reden, genügen nicht.“ CEO Marcel Rohner sei gut, aber `auch ein Intellektueller`. Entscheidend sei Bodenhaftung. „Ospel hat sie“, sagt Senn, der den heutigen UBS-Präsidenten aus seiner Ära von 1988 bis 1996 kennt.

Kandidaten mit UBS-Erfahrung und Bodenhaftung könnten Hans de Gier und Luqman Arnold sein. De Gier, 62, war bis vor wenigen Jahren Mitglied des UBS-VRs und leitet heute die Bank Julius Bär. Er kennt die Grossbank, verkörpert aber als enger Vertrauter Ospels keinen vollständigen Neuanfang. Der Engländer Arnold, 57, ist Ende 2001 im Streit als UBS-CEO zurückgetreten und prüft derzeit ein Engagement bei der überschuldeten englischen Hypothekenbank Northern Rock. Ob er Interesse am UBS-Mandat hätte, ist fraglich.

„Der Neue muss ein bis zwei Jahre an Ospels Seite mitlaufen“, sagt Vor-Vorgänger Niklaus Senn. „Diese Zeit braucht einer, bis er im Geschäft drin ist.“ Eine Lösung wie nach dem Milliardenverlust mit dem US-Hedgefund Long Term Capital Management (LTCM) mit einem branchenfremden Präsidenten sei in der jetzigen Krise nicht ideal. 1998 sprang Novartis-Präsident Alex Krauer als Aussenstehender ein, nachdem Mathis Cabiallavetta im Zuge der LTCM-Krise zurückgetreten war. Damals konnte CEO Ospel, der grosse Teile der Bank kannte, das Tagesgeschäft weiterführen, bis er Krauer 2001 als Präsident ablöste.

Ospels berufliche Zukunft könnte sich bereits am 27. Februar klären. An einer ausserordentlichen Generalversammlung müssen die Aktionäre die umstrittene exklusive Kapitalerhöhung für Staatsfonds aus dem Osten absegnen. Gut möglich, dass Ospel als vertrauensbildende Massnahme bereits dann – oder andernfalls anlässlich der ordentlichen GV vom 23. April – einen Zeitplan für die eigene Nachfolge präsentieren wird.


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