Julius Bär organisiert sich neu

«Ein riesiger organisatorischer Aufwand für ein Ego», bemerkt ein Kenner der Machtverhältnisse bei der Bank Julius Bär. Bloss «die Realität in die richtige Form gegossen», meinen andere Beobachter. Die Privatbank will sich auf den 1. Januar 2008 eine neue Struktur verpassen. Eine, die es Alex Widmer, dem heutigen Chef des Private Banking, erlaubt, sich CEO der Bank zu nennen.

Wegen dieses Vorhabens kam der Verwaltungsrat der Bär-Gruppe vor zwei Wochen zu einer ausserordentlichen Sitzung in Genf zusammen. Laut Plan steht zuoberst im neuen Organigramm eine Oberholding. Die Bank Julius Bär und die Vermögensverwalterin GAM werden unten drangehängt.

Defacto aber soll die Bank zur eigentlichen Schaltzentrale und zum Herzstück der Gruppe aufgewertet werden. Die Bankniederlassungen der Welt werden ihr und ihrem Chef unterstellt, und der will Alex Widmer (51) sein. Dafür soll auch sein heutiger Geschäftsleitungskollege David Solo, Leiter des Vermögensverwaltungsgeschäfts für professionelle Grosskunden, mit GAM sein eigenes Reich erhalten.

Widmer und Solo möchten dem Vernehmen nach den heutigen Bank-Präsidenten und letzten Vertreter der namengebenden Bär-Familie, Raymond Bär, in die Oberholding abschieben. Von dort könnte er ihnen kaum mehr dreinreden. Derzeit laufen Gespräche mit der Bankenaufsicht, mit dem Ziel, den Verwaltungsrat der Bank zum starken Aufsichtsgremium aufzuwerten. Dort könnte der heutige CEO Johannes de Gier (63) das Präsidium übernehmen. Er soll mindestens noch ein Jahr bleiben.

Widmer drängt nach dem Titel, der ihm schon einmal versprochen war. Mitte 2005 war der ehemalige Credit-Suisse-Banker von der Familie Bär zum neuen CEO erkoren worden. Doch bevor er seinen Job antreten konnte, übernahm Julius Bär drei Privatbanken und GAM von der Grossbank UBS und mit diesen auch die UBS-Manager de Gier und Solo. Widmer musste sich als Chef des darbenden Privatbanken-Geschäfts erneut beweisen.

Der gewiefte Netzwerker integrierte die neuen Privatbanken, legte ein forsches Wachstumstempo in allen Finanzzentren der Welt vor. Er kümmert sich um das «Wir»-Gefühl seiner wachsenden Mitarbeiterschar und sucht mit dieser möglichst oft das Gespräch. Sie attestiert ihm eine hohe Präsenz. Die brauchte er auch, um sich gegen die Einmischung von Geschäftsleitungskollege Solo zu wehren: Widmer betreibt heute eine eigene Börsenhandelsabteilung für seine betuchte Kundschaft. Und er verkauft dieser auch lieber Anlageprodukte aus der eigenen Fabrik statt von GAM.

Jetzt eilt es Widmer, die Meriten zu kassieren – bevor die Börsenstimmung kippt und die Neugelder und Gewinne weniger üppig sprudeln. Dann könnten ihm die hohen Kosten für die Hunderten, teuer angeworbenen Kundenberater vorgehalten werden. Derzeit ist er bemüht, die Rendite auf den verwalteten Vermögen zu steigern. Denn nach den jüngsten Kursstürzen der Bankaktien – auch jener der Julius Bär – gilt es die Anleger milde zu stimmen.


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