Flughafen – Fehlinvestitionen eines «Clans»?

Lukas Hässig schreibt über die «Zürcher Airport-Wirren»

stü. Mit der Eröffnung des grossen Docks E des Flughafens Zürich in einer Woche werden jene Fragen wieder aktuell, die in den letzten zwei Jahren des Öftern diskutiert wurden: War die 5. Ausbauetappe eine Fehlinvestition? Wer wäre für allfällige Irrtümer verantwortlich zu machen? Nicht nur Analytiker von Politik und Wirtschaft, sondern auch Unheilspropheten und Verschwörungstheoretiker fühlen sich berufen, Antworten zu geben. Nun ist ein Buch veröffentlicht worden, dessen Titel («Kloten[0]Clan[0]») wie auch dessen Autor vermuten lassen, dass Enthüllungen anstehen: Lukas Hässig war zwischen 1999 und 2001 Unternehmenssprecher des Flughafens und arbeitet heute für das Nachrichtenmagazin «Facts».

Sein Buch ist der Zeit nach 1995 gewidmet, in die die Hunter-Strategie der Swissair ebenso fiel wie der Zusammenbruch dieser Airline und die Realisierung der 5. Ausbauetappe für 2,2 Milliarden Franken. In drei dem Flughafenunternehmen, der Flughafenpolitik bzw. möglichen Zukunftsstrategien gewidmeten Kapiteln versucht Hässig seine These zu begründen, wonach die Flughafengesellschaft «den falschen Flughafen» und Zürich «für eine zu Ende gehende Epoche gebaut» habe.

Baustopp noch im Jahr 2001?

Hässig schreibt mit der Kenntnis des Insiders über interne Sitzungen und mit jener des Journalisten, der über die öffentlichen Verlautbarungen im Bilde ist, aber ohne eine in die Tiefe gehende eigene Analyse der wirtschaftlichen und politischen Situation. Es entsteht ein Bild der jüngsten Flughafengeschichte, das von Seilziehen und von grundlegenden Beschlüssen geprägt war, welche angesichts dramatischer Krisen innert kürzester Fristen zu fassen waren. Hässigs Vermutung lautet, dass sich der Flughafen zu stark auf die Bedürfnisse einer einzigen interkontinentalen Airline konzentriert habe und dass ein Stopp der 5. Ausbauetappe mit dem Dock E (Midfield) und dem Airside-Center möglich und nötig gewesen wäre, nachdem sich die Schwierigkeiten bei der Swissair abgezeichnet hatten.

Nachträglich verfügt man über das Wissen, dass die Swissair-Krise einen desaströsen Ausgang nahm. Von dieser Sicherheit ausgehend, behauptet Hässig, ein Baustopp noch im Frühjahr 2001 hätte sich ausbezahlt. Auf diese Behauptung stützen sich etliche Passagen des Buches – ob sie haltbar ist, erscheint aber aus rechtlicher, unternehmerischer, technischer und pragmatischer Sicht fragwürdig. Dasselbe gilt für Schlussfolgerungen Hässigs wie jene, das Dock E sei stillzulegen; der Flughafen wird nun die Fingerdocks B schliessen, weshalb eine Stilllegung der kostspieligen, aber attraktiven und effizienten neuen Infrastruktur wohl widersinnig wäre. Auch ärgert sich Hässig, dass der Flughafen nicht auf die Forderung einer Billig-Airline nach einem millionenteuren Ausbau eingegangen sei – im selben Buch, in dem er eine angeblich zu grosse Willfährigkeit gegenüber einer einzigen Airline, der Swissair, kritisiert, und ohne die politischen Folgen einer solchen Strategie zu reflektieren.

Ein Unternehmen, kein Clan

Das Buch vermag den reisserischen Anspruch seines Titels nicht einzulösen. Hässig gelingt es nicht, das Wirken eines «Clans» nachzuweisen. Ganz im Gegenteil: In durchaus packender Art und Weise schildert er das hektische Seilziehen im Hintergrund angesichts der gewaltigen Probleme. Beispielsweise bemerkt er bezüglich eines gemeinsamen Fernsehauftritts des damaligen Crossair-Piloten und FDP-Nationalrats Paul Kurrus, des Flughafenchefs Josef Felder und des FDP-Regierungsrats Ruedi Jeker: «Jeder für sich und alle gegen alle», so habe das Motto gelautet.

Dies galt offenbar nicht nur in diesem kleinen Kreis: Da soll auch Philippe Bruggisser gegen das Dock-Midfield-Projekt angeredet haben, und einzelne Zürcher Regierungsmitglieder und sogar Parteifreunde sollen gezielt gegen Regierungsrat und Flughafenverwaltungsrat Ruedi Jeker und seine Ideen einer Lärmverteilung gewirkt haben. Es bleibt der Nachweis einiger engerer persönlicher Verbindungen etwa zwischen Flughafenverantwortlichen und Beratern, in einem Kreis von Personen, die sich legitimerweise für die unternehmerischen Ziele des Flughafens eingesetzt haben. Ob das bereits ein «Clan» ist?

Der Autor hielt vor Medien fest, dass er keine Anhaltspunkte für Günstlingswirtschaft, Lügen oder gar Korruption gefunden habe. Auf seinen persönlichen Wandel vom Saulus, der als Flughafenmediensprecher die Hub-Strategie vertreten hatte, zum Paulus, der jetzt mit zweifelhafter Zuspitzung im Titel seine Kritik am Flughafen marktschreierisch an den Mann zu bringen versucht, sagte Hässig: Er habe dazugelernt und sei unter anderem deshalb aus dem Unternehmen geschieden, weil er mit der Ablehnung des Staatsvertrags nicht einverstanden gewesen sei.


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