Julius Bär: Kundengelder schmelzen
20minuten.ch (6. Februar 2009) – Die Privatbank Julius Bär legt ein den schwierigen Umständen entsprechend gutes Ergebnis vor. Angesichts der raschen Kundengeldschmelze fallen die Bremsmanöver jedoch zögerlich aus. Das könnte sich rächen.
Die verwalteten Kundenvermögen bei Julius Bär, der dritten Kraft von Swiss Banking, sackten im letzten Jahr von 405 Milliarden Franken auf noch 275 Milliarden ab. «Dieser Rückgang belegt eindrücklich den massiven Preiszerfall an den Finanzmärkten, weiter verstärkt durch heftige Wechselkursschwankungen», schreibt VR-Präsident Raymond Bär im heute veröffentlichten Geschäftsbericht.
Grundsätzliche Fragen zum expansiven Geschäftsmodell
Der Rückgang als Folge der Finanzkrise wirft grundsätzliche Fragen auf für jenes Bankhaus, das sich auf die Fahnen geschrieben hat, ausschliesslich in der Vermögensverwaltung tätig zu sein. Wie lange können und wollen die Zürcher ihr horrendes Expansionstempo aufrechterhalten?
Eine vorsichtige Antwort findet sich im Kleingedruckten im heute publizierten Bericht. «Angesichts der erreichten internationalen Präsenz sowie der Konjunkturschwäche wurde das Expansionstempo gedrosselt und wurden Geschäftsinitiativen zu Gunsten eines effektiven Mitteleinsatzes neu bewertet», steht da geschrieben. Vereinfacht gesagt, will sich Julius Bär Zurückhaltung bei der Eröffnung neuer Filialen verschreiben.
Das ist wenig angesichts des raschen Rückgangs bei den Einnahmen. Diese sind um 15 Prozent auf noch knapp drei Milliarden gesunken, der Gewinn ging gar um einen Viertel auf noch gut eine Milliarde zurück. Das Minus gibt die verschärfte Lage nur beschränkt wieder. Es geht hauptsächlich auf die Kursstürze seit letzten Herbst zurück, während die Erträge der ersten neun Monate und somit des Grossteils des Jahresergebnisses noch nahezu das Niveau des Vorjahres erreicht hatten.
Zögerliche Kostensenkungen
Es geht demnach um den Blick nach vorn. Selbst Bär, die im Unterschied zu den beiden Grossbanken UBS und CS nicht unter grossen Handelsverlusten und einem schlingernden Investmentbanking leidet, muss über die Bücher gehen. Die guten Zeiten mit hohen Vermögenszuwächsen und entsprechend stabilen Einnahmen dürften für lange Zeit vorbei sein.
Doch statt das Messer zu wetzen, machen sich die Bär-Verantwortlichen nur zögerlich ans Werk. Im Geschäftsbericht steht zum Thema Kosten senken: «Erste Kostensenkungsprogramme umfassen Marketing, Kommunikation, Reisetätigkeit und einige IT-Projekte. Dabei wird zu Gunsten des laufenden Geschäfts und eines einwandfreien Kundenservices mit besonderer Umsicht agiert.» Das tönt angesichts des Ausmasses der Krise nach Schonprogramm.
Schon an 45 Orten dieser Welt
Dies überrascht umso mehr, als Julius Bär seit Ende 2005, als die Bank nach dem Kauf von UBS-Privatbanken und dem alternativen Vermögensverwalter GAM schlagartig zur dritten Kraft im Schweizer Finanzplatz wurde, ihre weltweite Präsenz massiv ausgeweitet hat. Per Ende 2008 waren die Zürcher an insgesamt 45 Plätzen auf dem Globus präsent, davon 13 in der Schweiz, 14 in Europa, 10 in Nord- und Südamerika, fünf in Asien und drei in Middle East und Afrika, mit inzwischen über 600 Kundenberatern.
Gemäss Bär macht sich die Expansion in allen fünf Weltregionen bezahlt und verweist auf Geld, das der Bank zuströmt. Im Privatkundengeschäft, dem eigentlichen Herz der Gruppe, flossen 17 Milliarden Franken neue Vermögen zu. Das ist viel angesichts der Grösse der Bank und der schwierigen Lage der Finanzindustrie, doch zu wenig, um den Vermögensschwund durch einbrechende Kurse zu kompensieren.
Klare Nummer drei in der Schweiz
Ein Lichtblick ist das Ranking (das sich allerdings auf den Stand von Mitte 2008 bezieht). Die Julius-Bär-Gruppe hat sich als Nummer drei unter den Schweizer Vermögensverwaltern etabliert, wie die unten stehende Tabelle zeigt.
Verwaltete Privatkundenvermögen in Mrd CHF (per 30. Juni 2008)
- UBS Wealth Management 1 857
- Credit Suisse Private Banking 774
- Julius Bär Gruppe 364
- Pictet & Cie 255
- Lombard, Odier, Darier, Hentsch & Cie 158
- Union Bancaire Privée 127
- EFG Bank 101
- Banque Privée Edmond de Rothschild SA 97
- Bank Sarasin & Cie AG 81
- Vontobel Holding AG 74
Quelle: Julius Bär Business Review 2008