Fokus/UBS – Senats-Hearing in den USA zu Offshore-Praxis wird zum Härtetest

AWP (16. Juli 2008) – Morgen Donnerstag um 15.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit stehen die UBS und die LGT Bank in Liechtenstein vor einem Ausschuss des US-Senats Red und Antwort. Die US-Politik will von den beiden Banken wissen, ob sie amerikanischen Steuerflüchtigen beim Verstecken von Vermögenswerten an Offshore-Plätzen geholfen haben. Das Hearing ist ein neuer Höhepunkt in den laufenden Ermittlungen der USA gegen die Schweizer Grossbank. Die Fahnder der US-Steuerbehörden vermuten, dass die UBS bis zu 20`000 US-Kunden geholfen haben könnte, Vermögen über 20 Mrd USD vor dem amerikanischen Fiskus zu verstecken.

Die Schweizer Grossbank wird mit dem Finanzchef des Bereichs Vermögensverwaltung, Mark Branson, vor den Ausschuss treten. Branson wird laut UBS-Sprecherin Larissa Alghisi eine Stellungnahme abgeben und danach Fragen der Senatoren beantworten.

Ebenfalls befragt wird Martin Liechti, Head Wealth Management Amercias International. Liechti wurde Ende April im Flughafen Miami von den US-Behörden kurzzeitig verhaftet und darf seither das Land nicht mehr verlassen. Er trägt den Status eines „Material witness“ und soll Fragen aus dem Prozess der USA gegen Liechtis Ex-Mitarbeiter Bradley Birkenfeld beantworten. Birkenfeld belastet die UBS mit seinem Geständnis, wonach die UBS-Chefs von seinen illegalen Methoden zur Steuerhinterziehung gewusst hätten.

Laut der UBS-Sprecherin hat die Bank sichergestellt, dass Liechti ein erfahrener Strafverteidiger zur Seite steht. Ob Liechti die Fragen des Senats-Ausschusses beantworten wird oder sich auf sein Schweigerecht beruft, bleibt aber offen.

Die Grossbank weiss seit vergangenem Herbst, dass Ermittlungen in den USA gegen ihr Offshore-Geschäft mit US-Kunden laufen. Im November hat sie deshalb ihr US-Desk in Zürich, Genf und Lugano geschlossen, rund 70 Kundenberater verloren ihre Aufgabe. Darauf habe die Bank gemäss Aussage von Alghisi eine interne Untersuchung initiiert, um die Vorwürfe der USA abzuklären. Diese Untersuchung habe erste Resultate zutage gefördert, sei aber noch nicht abgeschlossen, so die Sprecherin weiter.

„Gegenstand dieser Untersuchung sind unter anderem Offshore-Gesellschaften ausserhalb der Schweiz und den USA, die von US-Kunden errichtet wurden, um indirekt US-Wertschriften und andere Vermögenswerte zu halten – und zwar mit der Absicht, US-Steuerpflichten zu umgehen“, sagt Alghisi gegenüber AWP. „Fälle, bei denen der Verdacht auf Steuerbetrug besteht, sind nicht durch das Bankkundengeheimnis geschützt.“

Ein mit der internen UBS-Untersuchung vertrauter Zürcher Bankier sagte gegenüber AWP, dass im Rahmen dieser Abklärungen insgesamt 218 Vermögenskonstrukte in Offshore-Ländern ausserhalb der Schweiz und USA gefunden wurden. Diese seien im Auftrag reicher US-Kunden aufgebaut worden, stammten aber zum Teil aus den 80er und 90er Jahren, als die UBS noch nicht den Status eines Qualified Intermediary (QI) hatte, so die Quelle weiter.

Dieses Abkommen unterzeichnete die Bank im Jahr 2001. Es erleichtert die steuerliche Handhabung von US-Wertschriften, verlangt aber im Gegenzug die Offenlegung der US-Kunden. Wenn ein Kunde aus den USA eine Offenlegung ablehnt, darf er keine US-Wertpapiere halten.

Daran hielt sich die UBS gemäss den Aussagen des Ex-Kundenberaters Birkenfeld nicht. Birkenfeld gestand im Juni vor einem US-Gericht, dass er zusammen mit dem Liechtensteiner Treuhänder Mario Staggl 2001 ein Offshore-Konstrukt auf den Bahamas errichtet hatte. Ziel sei es gewesen, 200 Mio USD eines vermögenden US-Geschäftsmanns russischer Herkunft vor dem US-Fiskus zu verstecken. Gemäss Gerichtsakten gingen den USA 7,2 Mio USD an Steuereinnahmen verloren. Der Russe hat kürzlich eine Busse von 52 Mio USD bezahlt und eine Strafe auf Bewährung kassiert. Das Urteil gegen Birkenfeld wird für den 13. August erwartet.

Beim Offshore-Konstrukt auf den Bahamas gaben Birkenfeld und Staggl als wirtschaftlich Berechtigte anstelle des vermögenden Russen eine nicht-amerikanische Firma an. Dadurch kam nicht das Formular W-9 mit einer Offenlegung des Namens des russischen Kunden zum Tragen, sondern das weniger weit reichende Formular W-8BEN. So konnte der Russe weiterhin US-Wertpapiere halten, was das QI verhindern sollte. Dank einem Doppelbesteuerungsabkommen fielen auch keine US-Steuern an.

Die US-Senatoren wollen am morgigen Hearing erfahren, ob diese Geschäftspraxis selten war oder ob die UBS bewusst und systematisch eine Abmachung mit den US-Steuerbehörden verletzte. Dann würde der Bank nicht nur eine Busse drohen, sondern die Behörden könnten auch den QI-Vertrag kündigen. Für die global tätige Bank wäre dies ein grosser Rückschlag.


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