Nationalbank-Untersuchung: Der Schlussstrich unter der Affäre Hildebrand

20minuten.ch (7. März 2012) – Auftrag erfüllt, lautet die heutige Botschaft der SNB. Trotz weiteren heiklen Eigengeschäften der Notenbank-Spitze soll endlich Ruhe einkehren.

Ganz am Schluss der Pressekonferenz wurde Hansueli Raggenbass emotional. «Verehrte Damen und Herren der Presse, seien Sie verantwortungsvoll und nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir alles geprüft und offengelegt haben», nahm der Präsident des Bankrats der Nationalbank (SNB) die versammelten Journalisten ins Gebet. «Zu viel steht auf dem Spiel im europäischen Umfeld.»

Raggenbass, Anwalt aus der Ostschweiz, der in ein paar Wochen vorzeitig als Bankrats-Präsident abtritt, fürchtet beim anhaltenden medialen Trommelfeuer um die Arbeitsbedingungen im Direktorium. Dort steuern drei operative Topleute der SNB und deren drei Stellvertreter den Kurs des Frankens und die Geldmenge. Das Spitzen-Gremium brauche Ruhe für die weitreichende Aufgabe.

Wenn es nach Raggenbass geht, soll die wochenlange Verunsicherung mit dem heute publizierten Bericht über Eigengeschäfte der obersten SNB-Führung enden. Die Chancen dazu stehen gut.

Kein Insidermissbrauch

Zwar förderte die Untersuchung der Revisionsgesellschaft KPMG für über 500 000 Franken weitere heikle Transaktionen von Topleuten der Notenbank zutage. Doch diese wirken im Vergleich zu den Deals von Philipp Hildebrand harmlos.

Jean-Pierre Danthine, die Nummer drei des SNB-Direktoriums, hatte in der ersten Hälfte 2010 zweimal sechsstellige Euro-Beträge in Franken gewechselt. Die Wechselkurse lagen damals zwischen 1.42 und 1.46 Franken, was im Rückblick ein für Danthine günstiges Verhältnis war. Lägen die Euros heute immer noch auf Danthines Konto, wäre der SNB-Spitzenmann im Moment ein paar Zehntausend Franken ärmer.

Danthine Deal zur Unzeit

Und auch Danthine dealte wie der frühere Direktoriums-Präsident Hildebrand zur Unzeit. Damals intervenierte die SNB-Spitze im grossen Stil an den Devisenmärkten. Sie kaufte Euro und verkaufte Franken, um die Schweizer Währung gegenüber der europäischen Einheitswährung zu schwächen.

Wie ein Bankrats-Mitglied heute aber ausführte, liefen Danthines Devisen-Transaktionen der von der Notenbank beabsichtigen Wirkung entgegen. HätteDanthine mit dem Verkauf von Euro zugewartet und wäre die SNB mit ihrer Politik zur Franken-Schwächung erfolgreich gewesen, hätte der SNB-Topmann später mehr Franken für seine Euros lösen können. Also kein Insidermissbrauch.

Ein zweiter SNB-Kadermann handelte ebenfalls in jener kritischen Zeit – allerdings nicht mit Devisen, sondern mit Aktien. Die Höhe der zwei Deals lag jeweils unter 5000 Franken. Solche Mini-Transaktionen an die grosse Glocke zu hängen, wäre gesucht.

Hildebrands kauften kurz vor historischem Entscheid

Man könnte argumentieren, dass Danthines Euro-Verkäufe von der Dimension her nicht weit weg von jenen Deals liegen, die Hildebrand am Ende den Kopf kosteten. Doch das greift zu kurz.

Hildebrand respektive seine Frau kaufte drei Wochen vor dem historischen Entscheid, den Franken an den Euro anzubinden, eine halbe Million Dollars. Seine Frau gab später zu, dass sie den Dollar damals für klar unterbewertet gehalten habe. Es handelte sich somit um reines Spekulieren. Mit der Anbindung an den Euro sprang auch der Dollar in Relation zum Franken sprunghaft nach oben.

Ball liegt beim Bundesrat

Kommt hinzu, dass Hildebrand nicht über die Devisen-Deals strauchelte, sondern über die angeschlagene Glaubwürdigkeit. Neue Mails säten Zweifel an Hildebrands Version, nichts vom Dollar-Kauf gewusst zu haben. Solche Zweifel an der Ehrlichkeit Danthines gibt es nicht.

Jetzt liegt der Ball beim Bundesrat. Wenn er rasch den neuen Präsidenten bestimmt und den Bankrat komplettiert, könnte die SNB, wie von Noch-Präsident Raggenbass gewünscht, zurück in ruhiges Fahrwasser gelangen. Alles spricht für Thomas Jordanals definitiven Steuermann. Seine Wahl durch die Landesregierung würde das turbulenteste Kapitel der jüngeren SNB-Geschichte wohl beenden.


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