Familiendynastie zu Ende: Raymond Bär räumt ersatzlos das Feld
In der Bär-Familie hätte es Alternativ-Kandidaten für die Spitze der Privatbank Julius Bär gegeben. Doch der scheidende Präsident Raymond Bär geht von Bord, ohne dass Nachfolger aus den eigenen Reihen portiert werden. War die Bär-Familie nicht mehr erwünscht?
Die Lust am Job war Raymond Bär, 52, schon lange vergangen. «Er sagte immer wieder, dass es keinen Spass mehr mache», berichtet ein Vertrauter. Im Communiqué zu seinem Rücktritt als Präsident der gleichnamigen Zürcher Privatbank sagt dies Raymond Bär selbst. «Nach einem Vierteljahrhundert bei Julius Bär ist die Zeit gekommen, ein neues Kapitel in meinem Leben zu beginnen und entsprechend meine Beziehung zur Gruppe neu zu definieren», deutet der scheidende Präsident an, zu neuen Ufern aufzubrechen. Wo diese liegen, ist unbekannt.
Bär bleibt mit der Bank verbunden. Er zieht sich auf den Stuhl des Ehrenpräsidenten der Julius Bär zurück, was an seinen Vater Hans Bär erinnert, der sich einst ebenfalls auf diese Weise von der aktiven Rolle bei der traditionsreichen Privatbank verabschiedet hatte.
Drei Cousins wären bereit gestanden
Der Verwaltungsrat hätte als Ersatz drei Cousins von Raymond Bär für eine Mitgliedschaft im VR vorschlagen können. In Frage gekommen wären Andreas Bär, Anwalt der Wirtschaftskanzlei Bär&Karrer, Mike Bär, ein Vermögensverwalter, der 2004 als Spitzenmann der Bank zurückgetreten war, sowie Béatrice Speiser, die Tochter einer Schwester von Hans Bär. Speiser war bis 2010 im VR der Bank Bär.
Warum kein Familienvertreter im VR mehr gefragt war, ist offen. Naheliegend ist, dass der starke Mann bei Julius Bär, CEO Boris Collardi, andere Pläne hatte. Mit Daniel Sauter übernimmt ein zupackender Schnelldenker das Präsidentensteuer, der seit 2007 zum Bär-VR gehört. «Collardi und Sauter – das könnte passen», meint ein Weggefährte von Sauter.
Raymond Bär reist nicht in die USA
US-Altlasten der Privatbank könnten Raymond Bär die Lust an der Aufgabe zuletzt vollends genommen haben. Aus seiner Zeit als Chef des Privatkundengeschäfts bis 2003, als Raymond Bär zum Präsidenten aufgestiegen war, gäbe es noch offene Gerichtsfälle, meint eine Quelle.
Andererseits ist die Bank Bär zusammen mit weiteren Schweizer Finanzhäusern ins Fadenkreuz der US-Steuerbehörden geraten. Julius Bär soll gross im Geschäft mit US-Offshore-Kunden und deren unversteuerten Geldern gewesen sein, heisst es in der Branche.
«Raymond Bär will endlich wieder in die USA reisen können, ohne zu befürchten, von den USA zurückgehalten zu werden», sagt ein Zürcher Banker. Ein Deal mit den USA würde nicht nur die Bank aus der Schusslinie nehmen, sondern auch Raymond Bär und die übrigen Aushängeschilder vor möglicher Strafverfolgung schützen.
Dass Raymond Bär in Zukunft das extra geschaffene Spezialkomitee zur Lösung des US-Steuerkonflikts leitet, würde ins Bild passen. Sowohl die Bank als auch Bär selbst haben ein grosses Interesse daran, mit den USA rasch eine Lösung zu finden. Ohne Schlussstrich unter die Vergangenheit kann Bär nicht risikolos in der Welt herumreisen.
Ein Bär-Sprecher bestätigt, dass Raymond Bär derzeit nicht in die USA reist. «Die Frage des Risikos einer Reise in die USA ist aber eine hypothetische», sagt Jan Vonder Mühll. «Sie müsste erst beantwortet werden, wenn Herr Bär konkrete Reisepläne hätte. Solche bestehen zurzeit nicht».