Datenlieferung verhindert: Bald ein UBS-Vertrag Nummer zwei?
Nur über geltendes Recht. Das Mantra von Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf zu Lieferungen von Schweizer Bankkundendaten in die USA klingt seit Mittwochmorgen hohl. Wie im Fall der UBS vor zwei Jahren zeichnet sich erneut der Weg über das Parlament mit einem Sondergesetz ab.
Auch der Grund ist der Gleiche. Wie im Januar 2010 legen sich auch im aktuellen Fall die Hüter des geltenden Gesetzes quer. Das Bundesverwaltungsgericht hat zu Gunsten eines klagenden CS-Kunden entschieden und der Eidgenössischen Steuerverwaltung die Datenlieferung an die USA untersagt. Die Begründung: Nur weil der Bankkunde möglicherweise Steuern hinterzogen habe, könnten seine Daten noch lange nicht per Amtshilfe an die US-Fahnder ausgehändigt werden.
Damit beginnt das schöne Konstrukt von Widmer-Schlumpf und ihrem Unterhändler Michael Ambühl bereits einzustürzen, bevor es richtig zum Einsatz gekommen ist. Dieses hätte in den Augen der Richter durch eine Aufweichung der Amtshilfekriterien aus schützenswerten Steuersündern nicht zu schützende Steuerbetrüger gemacht.
Schweiz versprach USA Tausende von Namen
Die beiden Berner Krisenmanager in Sachen US-Steuerkrieg ordneten alles einem Ziel unter. Es dürfe nicht zu einer weiteren nachträglichen Rechtsanpassung kommen. Schweizer Gesetze gelte es einzuhalten – so der Schlachtruf nach Übersee.
Wie das nach dem jüngsten Gerichtsentscheid noch klappen sollte, ist schleierhaft. Die Schweiz versprach ihren US-Verhandlungspartnern frühzeitig grosse Mengen an Bankdaten von amerikanischen Steuersündern. Von bis zu 7000 Kundennamen war einst die Rede.
Datenschleuse wird geschlossen
Offengelegt werden sollten die potenziellen Steuersünder durch eine «leichte» Anpassung der geltenden Regeln. Im neuen Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA gewährte die Schweiz einseitig Gruppenanfragen. Diese sollten die Datenherausgabe ohne konkrete Namensnennung ermöglichen. Das Parlament gab kürzlich grünes Licht für den vermeintlichen Königsweg.
Das «Njet» der obersten Verwaltungsrichter macht Bern die Daten-Schleuse zu. Das Krisen-Duo Widmer-Schlumpf/Ambühl muss nun einen anderen Weg suchen, um die Amerikaner rasch mit den geforderten Tausenden von US-Kundennamen zu befriedigen. Sonst drohen Strafklagen gegen weitere Schweizer Banken. Die St. Galler Wegelin hat es bereits Anfang Jahr getroffen.
CS-Staatsvertrag würde Schweiz erpressbar machen
Als letzte Alternative scheint nur noch ein nächster Staatsvertrag realistisch. Widmer-Schlumpf und die Regierung müssten dem Parlament ein Sondergesetz vorlegen, das die Offenlegung von bisher durch das Bankgeheimnis geschützten Daten ermöglichen würde. Mit spezifischen Bedingungen könnte eine Zahl von betroffenen US-Kunden anvisiert werden, die zuvor mit den USA auszuhandeln wäre.
Das war das Vorgehen, um die UBS aus den US-Fängen zu befreien. Nachdem die Verwaltungsrichter den Vertrag des Bundesrats mit den USA vom August 2009 als untauglich für die abgemachte grosse Datenlieferung abkanzelten, sagte das Parlament nach heftiger Debatte im Juni 2010 Ja zum UBS-Spezialgesetz.
Damals hiess es von links bis rechts und hinauf bis in den Bundesrat: einmal und nie wieder. Diese Kröte müsse man schlucken, um von den USA endlich in Ruhe gelassen zu werden, entschuldigten viele Parlamentarier den schwerwiegenden Akt, rückwirkend die Spielregeln zu ändern.
Wie erpressbar ist die Schweiz?
Warnende Stimmen hatten beim UBS-Deal das Nachsehen. Die Kunden würden verraten, meinte Wegelin-Chef Konrad Hummler, das sei ein «Rechtsverständnis einer Bananenrepublik», polterte der Zürcher Nationalrat Daniel Vischer von den Grünen.
Kommt es nach dem UBS- zu einem CS-Staatsvertrag, wäre das eine gravierende Niederlage; nicht nur für die politisch Verantwortlichen, sondern für die Schweiz. Das Land würde dastehen als eine Nation, die unter ausländischem Druck zu fast jeder rechtlichen Schandtat bereit ist.
Das verspricht wenig Gutes für die Zukunft. Es macht die Alpenrepublik erpressbar. Doch andere Auswege sind derzeit nicht in Sicht.