UBS-CS-Fusion: Kommt bald die «Switzerbank»?

20minuten.ch (9. November 2011) – Man lege die UBS- und die CS-Investmentbank zusammen – und schon habe man die Probleme der zwei Grossbanken gelöst. Das sagt ein Analyst. Genialer Wurf oder Furzidee?

Unter «Swiss Solution» propagiert ein bekannter US-Analyst einen interessanten Ansatz: Die beiden übergrossen Schweizer Finanzmultis UBS und CS sollen ihre riskanten Investmentbanken ausgliedern und zusammenlegen. Das hätte für die Eigentümer «spürbare Kapitalerleichterungen» zur Folge, meint Kian Abouhossein von der US-Bank JP Morgan Chase.

«UBS kanns einfach nicht»

Der Vorschlag stiess rasch auf breites Interesse in Medien und Finanz-Blogs. Denn die Idee ist nicht ganz neu. Der Analyst bläst nämlich ins gleiche Horn wie Markus Granziol, ein Ex-UBS-Investmentbankchef. Nach dem Zwei-Milliarden-Derivateverlust von London meinte Granziol, die UBS sei nicht in der Lage, ihre Investmentbank «eigenständig und nachhaltig erfolgreich» zu führen. Als Folge davon könne sie diesen Teil der Bank «weder verkaufen noch abspalten». Und die Investmentbank einfach «zuzumachen, wäre unglaublich riskant».

Was an Optionen bliebe, wäre «eine Fusion mit einer anderen Investmentbank», sagte Granziol Ende September. Dass ein solcher Schritt erfolgreich sein könne, habe die Fusion von UBS und Bankverein von Ende der 1990er Jahre gezeigt, sagte Granziol, der damals auf Seiten des Bankvereins mit von der Partie war.

«CreditUBS? U-Suisse? Switzerbank?»

«Der Bankverein hat faktisch die Investmentbank der UBS liquidiert», blickte Granziol vor wenigen Wochen auf jene Zeit zurück. «Wir mussten zwar enorme Derivat-Verluste von der alten UBS absorbieren, doch es war die Basis für ein Geschäft, das ein paar Jahre lang erfolgreich war.»

Die Neuauflage dieser Story wäre eine neue, eigenständige Investmentbank, die auf den Köpfen, dem Knowhow und den Systemen ihrer heutigen Mutterhäuser UBS und Credit Suisse respektive deren integrierten Investmentbanken basieren würde. Der Finanzkolumnist der New York Times macht sich bereits Gedanken über Namen: «CreditUBS? U-Suisse? Switzerbank?», denkt er laut.

Weniger Risiken für die Eigentümer, klarer Fokus auf die Vermögensverwaltung, kein Too-Big-To-Fail mehr für Land und Steuerzahler: Auf den ersten Blick wirkt der Vorschlag einer «Switzerbank» überzeugend. Ist er es auch auf den zweiten und dritten?

13 000 würden Stelle verlieren

Drei Fragezeichen und eine grosse Hürde stehen im Wege. Die erste Ungewissheit ist die Höhe des Stellenabbaus. Der Analyst spricht von 13 000 Angestellten, die auf der Strasse landen würden. 4 von 10 Stellen würden in seinem Szenario verschwinden, womit eine der zwei Banken faktisch aufgelöst würde.

Welche vor allem bluten würde, liegt auf der Hand. Die UBS-Investmentbank wäre die klare Verliererin. Damit würde der einst erfolgreiche Sturmlauf der alten Bankverein-Investmentbank zu einem jähen Ende kommen.

Das Ruder übernehmen würden nämlich, wenn es nach dem Analysten geht, der die Idee in die Welt setzt, die Leute von Konkurrentin CS. Deren Crew stammt aus der früheren First Boston, einer US-Investmentbank, die vor Jahrzehnten von der CS erworben worden war.

Ob die UBS-Führung zu einem solchen einseitigen Merger Hand bieten würde, ist offen. Laut dem Analysten-Vorschlag müsste die UBS der CS nämlich rund 3 Milliarden zahlen, als Ausgleich für die Beteiligung an deren scheinbar besser aufgestellten Investmentbank. Auch Granziol betrachtet die CS im Vergleich zur UBS im Investmentbanking als stärker.

Noch grössere Risiko für Allgemeinheit

Das zweite Fragezeichen bezieht sich auf den Schweizer Regulator. Eine kombinierte Schweizer Investmentbank würde in einer ersten Phase ein noch grösseres Risiko für die Allgemeinheit bedeuten als zwei separate Einheiten, die jeweils von grossen Vermögensverwaltungen gestützt werden können.

Zwar würde die neue Bank versuchen, ihre Risiken zu reduzieren und exponierte Positionen abzubauen. Wie lange dieser Prozess aber dauern und welchen Preis er fordern würde, steht in den Sternen. Es ist ungewiss, ob eine solch kombinierte Investmentbank mit schwer überblickbaren Risiken von der Finanzmarktaufsicht durchgewunken würde.

Reine Investmentbanken habens schwer

Selbst wenn die Aufsicht ihren Segen gibt und der Jobabbau vollzogen werden kann, stellt sich die Frage nach dem nachhaltigen Erfolg. Reine Investmentbanken haben es heutzutage schwer. Kein Wunder, bemühen sich die letzten Wallstreet-Aushängeschilder Goldman Sachs und Morgan Stanley seit der grossen Krise im 2008 darum, mehr Vermögensverwaltungs-Masse anzulegen.

Diversifizieren statt fokussieren, lautet die Lehre aus dem Untergang von Lehman Brothers und Bear Stearns, zwei US-Investmentbanken, die damals die Kurve nicht mehr kriegten. Dem hält der Analyst für seine «Swiss-Solution» eine goldene Zukunft entgegen. Mit gegen 20 Milliarden Dollar Erträgen würde es die kombinierte UBS-CS-Bank 2013 unter die Top 5 schaffen.

Wer verzichtet freiwillig auf seinen Bonus?

Doch nun kommt das grösste Hindernis für den grossen Wurf. Die Rede ist vom Management der beiden Schweizer Finanzmultis respektive der Boni. Dass Ende der 1990er-Jahre die Gesamtlöhne der Spitzenleute bei UBS und CS auf über 20 Millionen hochschnellten, war eine Folge von One-Bank respektive der Vereinigung von Vermögensverwaltung und Investmentbank unter einem Dach.

Bis dahin gaben sich die Topshots von Bankgesellschaft, Bankverein und Kreditanstalt mit Löhnen und Boni von rund einer Million oder etwas mehr zufrieden. Als dann Ospel, Mühlemann und andere Ziehsöhne der alten Garde an die Spitze kamen, wurden die Boni der Wallstreet-Banker zum Massstab. Es war demnach die Ambition, unter den Top-Investmentbanken mithalten zu können, die es den obersten Chefs möglich machte, innert Kürze zu Multimillionären zu werden.

Steht der Wechsel zu weniger Boni bevor?

Wenn nun keine Investmentbank mehr für die eigene Salärvorstellung existiert, wie sollen die obersten Manager einer solcherart zurechtgestutzten UBS und CS dann noch eigene Supersaläre rechtfertigen? Oder ist das schon bald kein Thema mehr, weil wir Zeuge werden eines Wechsels, hin zu Personen in den obersten Chargen, die sich mit deutlich weniger Geld zufrieden geben?


Einen Kommentar schreiben