Milliardenspekulation: Was wusste die UBS-Spitze über Adoboli?
20minuten.ch (19. Oktober 2011) – Die Journalistin Myret Zaki schrieb 2008 ein Aufsehen erregendes Buch über die UBS-Krise. Nun wagt sie die These, dass die Spitze der Grossbank von den Deals des Londoner Händlers wusste.
Myret Zaki ist eine energische Journalistin, die dem UBS-Milliarden-Crash von 2008 nachging. Das daraus resultierende Buch mit dem Titel «UBS am Rande des Abgrunds» sorgte für Aufregung, weil Zaki einige der mächtigsten US-Manager der Grossbank eher freisprach, anderen hingegen die Hauptschuld am Debakel gab.
Nun sorgt ein Artikel aus der Feder Zakis erneut für Aufsehen. Was wäre, wenn die UBS-Chefetage von den Aktivitäten des Londoner Händler Kweku Adoboli Kenntnis hatte, fragt Zaki nun im Westschweizer Magazin «Bilan», bei dem sie eine Kaderpositition besetzt. Zur Erinnerung: Der junge Händler Adoboli hat der UBS einen Verlust von zwei Milliarden Franken beschert.
Keine Beweise
Die Story hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Zaki beruft sich im Wesentlichen auf eine anonyme Quelle, die behauptet, die Schein-Deals des Londoner Junior-Traders Adoboli hätten ohne Wissen oberster Chargen gar nicht passieren können.
Den Beweis, dass wichtige Funktionsträger an der Spitze vom Betrug wussten, erbringt die Journalistin aber nicht. Hingegen schilderte sie interessante Details, die bisher nur am Rande zur Sprache gekommen sind.
Der Ghanaer Adoboli, ein Jungspund im Investmentbanking, jonglierte mit Milliardenbeträgen. Er nutze offenbar die Tatsache aus, dass für gewisse Geschäfte nicht immer sofort eine Bestätigung der Gegenpartei ins Haus flatterte. Diese zeitliche Differenz zwischen Abschluss eines Deals mit einer anderen Bank – die sogenannte Gegenpartei – und der Bestätigung auf Papier war Adobolis Einfallstor.
Die Kernfrage bleibt unbeantwortet
In Zakis Report, der am Mittwoch in Internet gestellt wurde, finden sich weitere spannende Details. So soll die UBS in naher Zukunft über die genauen Details informieren, wie es zum 2-Milliarden-Crash kommen konnte, ob Adoboli ein Einzeltäter war oder wie lange er sein Spiel bereits gespielt hatte.
Zudem schreibt Zaki, dass die Londoner Justizbehörden wesentliche Informationen unter Verschluss behalten würden, um das laufende Verfahren nicht zu gefährden.
Die wesentliche Frage aber, wie weit hinauf in der «Chain of Command» der UBS ein Mitwissen um Adobolis Wahnsinnstat vorhanden war, lässt Journalistin Zakiunbeantwortet. Die meisten Namen von möglichen Mitwissern oder allfälligen Chef-Köpfen, die rollen könnten, wurden bereits in anderen Publikationen genannt oder bringen die Debatte vorerst nicht weiter.
Als Fazit bleibt das Unverständnis, wie es möglich sein soll, dass ein 31-jähriger Investmentbanker in einer bis dato unbekannten Handelseinheit eine globale Bank in ihren Grundfesten erschüttern kann, ohne dass die hoch bezahlten Chefs in Handel und Risikokontrolle genügend Verdacht schöpften. Dass hohe Chargen hätten reagieren müssen, ist unbestritten. Dass sie aktiv wegschauten oder gar Teil eines Betrugsnetzwerks waren, ist möglich, bleibt aber weiterhin unbelegt.