Grossbank im Plus: Wieviel Gewinn steckt im UBS-Gewinn?

20minuten.ch (4. Oktober 2011) – Das dritte Quartal war rabenschwarz, trotzdem macht die UBS Gewinn. Wie das? Der Grund ist ein Buchhaltungs-Hokuspokus, der die wirtschaftliche Realität verschleiert.

Eigentlich ist die Rechnung simpel. In diesen düsteren Zeiten ist eine Milliarde Reingewinn für die UBS das Höchste der Gefühle. Zieht man davon 2 Milliarden Adoboli-Verlust ab (man erinnere sich an den «crazy» Junior-Händler und seine Londoner Derivate-Spekulationen), landet man bei minus eins. Noch ein paar Hundert Millionen für den Stellenabbau, dann kommt man auf minus 1,5.

Daraus hat die UBS nun einen «moderaten» Gewinn für Juli bis September gemacht. Grund ist ein Mechanismus, der schon in der ersten grossen Finanzkrise 2008 zum Tragen kam.

Eigene Schulden verlieren an Wert

Banken mit schlechtem Ruf profitieren in schlechten Zeiten übermässig, weil dann ihre Schulden relativ betrachtet an Wert verlieren, was sich auf der Passivseite der Bilanz – dort sind neben dem eigenen Kapital auch die Schulden verbucht – positiv bemerkbar macht.

Klingt komplizierter, als es ist. Im Kern geht es um einen simplen Buchhaltungs-Hokuspokus. Geht es mir schlecht, können meine Gläubiger nicht mehr voll damit rechnen, dass sie ihr Geld jemals wieder zurückerhalten. Gut für mich, schlecht für die Anderen. Trotzdem fragt sich Otto Normalverbraucher: Wie kann es sein, dass die UBS Milliarden in den Sand setzt und Angestellte vor die Tür stellt, sprich in einer ausgewachsenen Krise steckt, und trotzdem Gewinne schreibt, als ob nichts wäre? Die Fachleute können den Mechanismus lange erklären, wirklich verständlich wird das Ganze nicht.

Die ganze Branche «schummelt»

Vielmehr wird gefragt, ob denn die Grossbank schummelt? Die Antwort lautet: Wie mans nimmt. Das Spiel mit den eigenen Schulden ist allgemeine Praxis bei den grossen Banken und wird von den Revisionsgesellschaften vorgegeben. Es handelt sich somit nicht um eine besonders schlaue Taktik der UBS, im Moment der Krise das eigene Zahlenbild schöner darzustellen als es ist, sondern um verbreitete Praxis.

Das «relative» Schuldenbild ist zudem keine Einbahnstrasse ins Glück. Geht es der UBS wieder besser, dann werden ihre Schulden an Wert gewinnen, weil die Ausfallwahrscheinlichkeit der Schulden dannzumal sinkt. Weil also buchhalterisch gesprochen die UBS ihren Gegenparteien mehr Geld schuldet, führt das zu einem Minus in der Rechnung.

Was sich über die Zeit ausgleicht, verwirrt im Moment. Geht es der UBS nun schlecht, sehr schlecht, oder gar nicht mal so schlecht? Steckt sie in einer Gewinnkrise, einer Führungskrise, sowohl als auch oder weder noch?

UBS bleibt im Strudel

Vieles spricht für das Krisenszenario. Der Gewinn war schon vor dem Derivate-Crash von London alles andere als berauschend. Vom ersten zum zweiten Quartal hat er sich fast halbiert und liegt mit einer Milliarde weit unter den selbstgesteckten Zielen.

Der CEO-Wechsel von Oswald Grübel zu Sergio Ermotti verläuft – zweitens – unter lauten Nebengeräuschen. Statt in Ruhe ein neues Team und eine neue Strategie aufzustellen, muss der Neue darum kämpfen, nicht zum Chef auf Zeit degradiert zu werden.

Drittens bleibt vorderhand offen, wie stark sich der Trader-Crash auf den Ruf der Bank auswirken wird. Die UBS spricht von Vermögenszuflüssen. Ob diese versiegen, weil zu viel Vertrauen verspielt wurde, oder ob die Kunden grundsätzlich an die Bank glauben, wird sich bald weisen.

Angesichts dieser unsicheren Lage kann die Bank von Glück sprechen, dass es in der Welt der Finanzkonzerne Buchhaltungs-«Tricks» gibt, die Verluste in Gewinne verzaubern.


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