Die sieben Leben des Andy Rihs
20minuten.ch (22. Juni 2011) – Der erste Angriff auf Hörgeräte-Tycoon Andy Rihs ist gescheitert, die Sonova-Aktionäre erteilen ihm die Absolution. Einmal mehr entpuppt sich Rihs als Überlebenskünstler.
Andy Rihs ist wie eine Katze mit sieben Leben. Einige davon hat er schon aufgebraucht. Aber immer kam ein nächstes.
So wie gestern. Der Angriff der Aktionäre seiner Sonova-Hörgerätegruppe überstand er locker. Wegen Verdachts auf Insidervergehen waren Rihs als VR-Präsident und einige seiner Topmanager im Frühling in persönliche Schieflage geraten. Die Folge: Der Sonova-Aktienkurs stürzte ab und die Schweizer Börse nahm Ermittlungen auf, später auch die Zürcher Strafbehörden.
Keine Zivilklagen
Noch stehen die Ergebnisse dieser Untersuchungen aus. Doch davon liessen sich die Sonova-Eigentümer nicht beeindrucken. Sie erteilten Rihs und den übrigen Verwaltungsräten von Sonova, die nicht operativ tätig waren, die sogenannte Décharge. Das bedeutet, dass die Aktionäre Rihs & Co. zivilrechtlich nicht für allfälligen Schaden einklagen können.
Damit ist Rihs noch nicht aus dem Schneider. Die Zürcher Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte ermittelt gegen mehrere Sonova-Chefs, darunter auch den schillernden Unternehmer, der zuletzt durch seine Privatengagements im Profi-Velozirkus und mit grossen Hotel- und Weingut-Investments vor allem ausserhalb des Stammgeschäfts für Aufsehen gesorgt hat.
Die gestrige Aktionärsversammlung war aber ein wichtiger Zwischensieg für den Machertyp. Dem neuen Präsidenten Robert Spoerry ist es elegant gelungen, Rihs aus der Schusslinie zu nehmen. Spoerry griff dafür in die Trickkiste.
Unabhängig wäre anders
Er stilisierte ein externes Gutachten zum unumstösslichen Dokument hervor, das die Unschuld von Andy Rihs bezeugen sollte. Die Rede ist von einer Untersuchung der bekannten und renommierten Zürcher Anwaltskanzlei Homburger. Deren Anwälte kamen zum Schluss, dass Rihs Sonova-Aktien über 37 Millionen Franken ohne Wissen der schlechten Geschäftszahlen verkauft habe.
Schon gar nicht sei dem damaligen Präsidenten bekannt gewesen, dass damals intern über eine mögliche Gewinnwarnung gerungen worden sei. Eine solche erfolgte Mitte März, eine Woche nach dem Deal von Rihs, und schickte den Sonova-Kurs auf Tauchstation.
Der Trick von Rihs neuem starken Mann Spoerry ist simpel. Das Gutachten der Homburger-Anwälte ist eine Auftragsarbeit der Sonova-Führung, man könnte sogar argwöhnen, dass Andy Rihs selbst den Auftrag erteilt hatte.
Das Homburger-Gutachten ist etwa gleich unabhängig wie die Untersuchung der UBS-Starkanzlei im US-Steuerfall. Deren Arbeit wurde von den Schweizer Behörden zum Nennwert genommen, bis hin zu den Zürcher Strafbehörden, die unter anderem darum kein Strafverfahren eröffnete.
Wie scharf sind die Ermittler?
Bei Sonova sind die Ermittler bereits einen grossen Schritt weitergegangen. Sie eröffneten ein Verfahren gegen mehrere Sonova-Manager, darunter auch Andy Rihs. Aus dem Umfeld einiger Betroffener ist zu vernehmen, dass über den Stand der Ermittlungen nichts bekannt sei. Man warte und höre nichts von den Strafbehörden.
Ist also Andy Rihs fein raus? Bei den Dopingvorfällen in seinen Profi-Radrennteams kam der Ur-Zürcher immer mit einem blauen Auge davon. Auch im Sonova-Insiderfall bewies er bisher ein gutes Gespür für die kritische Lage, indem sich sofort von zwei Topmanagern trennte, die nun öffentlich als Hauptverantwortliche dastehen. Das Rennen scheint derzeit für Andy Rihs zu laufen.