Kurzzeitiges Aufatmen bei der NationalbankKurzzeitiges Aufatmen bei der Nationalbank

20minuten.ch (7. April 2011) – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) dürfte zwar im ersten Quartal 2011 einen Gewinn erzielt haben. Ihre Investitionen in Fremdwährungen bleiben aber ein Klumpenrisiko.

Das Problem der Nationalbank (SNB) ist nicht so sehr die aufgeblähte Bilanz. Das lässt sich über Zeit korrigieren. Viel schlimmer ist, wie sie investiert ist. Fast ihr gesamtes Vermögen hat sie in Euro-, Dollar- und Yen-Zinspapieren angelegt. Damit hat unser «Lender of the last resort» – der letzte Anker in Krisenzeiten – ein Klumpenrisiko, wie es sonst nur Hedgefunds kennen.

Im letzten Jahr rächte sich diese einseitige Investition der SNB auf brutale Art. Über 32 Milliarden verlor die Zentralbank auf ihren Devisenanlagen, dank Zinseinnahmen auf den Papieren und einer günstigen Entwicklung beim Goldpreis sowie beim Stabilitätsfonds, der von steigenden Preisen für die früheren UBS-Ramschpapieren profitierte, reduzierte sich das Minus auf immer noch enorm hohe 19 Milliarden.

Alles hängt am Euro-Kurs

Das führte in den letzten Wochen zu massiver Kritik an der SNB-Führung. Die Volkspartei forderte eine kürzere Leine für die Notenbank, die Weltwoche feuerte im Wochentakt Salven gegen deren Präsidenten Philipp Hildebrand. Die SNB-Sekundanten hatten einen schweren Stand.

Auch wenn sie dies nie zugeben würde: Die SNB-Führung blieb nur, auf günstige Wechselkurs-Entwicklungen zu hoffen. Mit einem weiteren Milliarden-Taucher wäre das politische Poltern gefährlich geworden. Anfänglich sah es nach einem hohen Milliardengewinn für das erste Quartal aus. Dann aber flammte die schwellende Euro-Krise neu auf, der Kurs der Einheitswährung sackte wieder unter 1,25 Franken, die SNB lag zwischenzeitlich tief im Minus.

Milliardengewinne im ersten Quartal

Nun ist das Quartal seit einer Woche vorbei, und heute legt die SNB ihren Geschäftsbericht für 2010 vor. Darin finden sich keine aktuellen Devisenbestände. Doch auch so kann per Quartalsstichtag 31. März eine einigermassen treffsichere Rechnung aufgestellt werden.

Die fällt für den Moment günstig aus für die SNB. Unter der Annahme, dass die Zentralbank ihre Euro-, Dollar- und Yen-Bestände im Vergleich zu Ende 2010 unverändert belassen hat, verdiente die SNB gut 3 Milliarden Franken auf diesen drei Positionen. Ohne den Schlussspurt beim Euro in der zweiten März-Hälfte hätte hingegen wegen der hinzugekommenen Dollar-Schwäche ein Minus von über 3 Milliarden resultiert.

Wie das Quartalsergebnis effektiv ausgefallen ist, hängt davon ab, ob die SNB tatsächlich keine grossen Umschichtungen bei ihren grössten Devisenpositionen vorgenommen hat. Zudem hat jeweils die Entwicklung des Goldpreises einen grossen Einfluss. Der war in den ersten 3 Monaten einigermassen stabil. Auch der Stabilitätsfonds dürfte das Ergebnis kaum verhagelt haben.

Kernproblem ungelöst

So gelegen ein Quartalsgewinn der bedrängten SNB-Führung kommt, um mehr als ein kurzzeitiges Aufatmen handelt es sich dabei nicht. Das Kernproblem der einseitig in Devisen investierten aufgeblähten Bilanz bleibt auf lange Zeit bestehen.

Welche Spuren das Euro- und Dollar-Klumenrisiko bereits bisher in der SNB-Bilanz hinterlassen hat, zeigt ein Blick auf die Entwicklung des Eigenkapitals. Dieses ist nach einem Anstieg im 2009 im letzten Jahr um einen Drittel auf noch 44 Milliarden Franken gesunken.

Politik könnte SNB zum Verkauf der Devisen drängen

Alles halb so schlimm, sagt die SNB, und verweist auf ihre für die «Ewigkeit» gedachte Existenz. Die Aussage mag die Gemüter beruhigen, kann aber nicht zum Nennwert genommen werden.

Weitere Milliardenabschreiber auf die enorm hohen Euro- und Dollar-Positionen würden nämlich den Unmut in der Politik – von der die SNB, wie sie selbst sagt, letztendlich abhängt – vermutlich noch stärker in die Höhe treiben. Es könnte durchaus somit durchaus einmal der Moment kommen, an dem die Politik die SNB zwingt, ihre hohen Fremdwährungspositionen mit Verlust abzustossen.

Das wäre das Horrorszenario für die SNB-Führung. Wie ein unglücklich operierender Hedgefund, der sich verspekuliert hat, müsste sie ihre Verluste realisieren, um nicht noch stärker in Schieflage zu geraten. Dann würden aus den von der NZZ am Sonntag als „Buchverluste“ verharmlosten bisherigen Abschreiber echte Verluste – so wie das der UBS passierte.


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