Bankenregulierung: «Too Big To Fail» erhält einen «Kontrapunkt»
20minuten.ch (10. Mai 2011) – Während die Ständerats-Wirtschaftskommission die Bankenvorlage zur Verhinderung einer nächsten Grosskrise berät, bringt sich eine kritische ausserparlamentarische Gruppe ins Spiel.
Das Gezerre ums Too Big To Fail (TBTF) hat das Parlament erreicht. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats berät am Dienstag das Geschäft. Es geht um eine der wichtigsten Vorlagen rund um die Frage, was die Schweiz für eine nächste Bankenkrise vorkehrt. Die Vorlage ist zu wichtig, um zu scheitern.
Im Zentrum steht eine Grundsatzfrage: Soll die Schweiz im internationalen Vergleich besonders harte Kapital-Vorschriften erlassen, weil ihre beiden Grossbanken in Relation zur Grösse des Landes überdimensioniert sind? Oder soll die Schweiz im Gegenteil warten, bis die Würfel auf den wichtigsten ausländischen Finanzplätze fallen und sich daran orientieren?
Ex-Preisüberwacher und Ex-Bundes-Personalchef machen mobil
Zeitgerecht schaltet sich eine Gruppe von kritischen Geistern in die Debatte ein. Sie heisst «Kontrapunkt» und umfasst einen 27-köpfigen «Schweizer Rat für Wirtschafts- und Sozialpolitik». Wichtige Wirtschaftsthemen sollen breit diskutiert und die Debatte versachlicht werden.
Drei «Kontrapunkt»-Autoren haben ein 5-seitiges Papier verfasst und dieses den wichtigsten Parlamentariern und weiteren Interessierten in den letzten Tagen zugestellt. Es liegt 20 Minuten Online vor. Verfasser sind Peter Hablützel, langjähriger Ex-Personalchef der Bundesverwaltung und heute Buchautor zu Bankenthemen und Berater; Rudolf Strahm, Ex-Preisüberwacher und Ex-SP-Nationalrat und ebenfalls renommierter Buchautor, sowie Anwalt und Sankt-Gallen-Professor Philippe Mastronardi.
In fünf Punkten verschärft
Grundsätzlich stellen sich die drei «Kontrapunkt»-Vordenker hinter den Vorschlag der offiziellen Schweiz mit der geforderten 10+9-Kapitalverschärfung: 10 Prozent hartes Minimal-Eigenkapital plus 9 Prozent Zwangs-Wandlungskapital, das bei Erreichen gewisser Interventionsgrenzen in Eigenkapital gewandelt wird. In 5 Punkten gehen die «Kontras» aber darüber hinaus:
1. Im Gesetz soll «ein Hinweis auf die besonderen Risiken der TBTF-Probleme für die kleine Schweiz» verankert werden.
2. UBS und CS sollen gesetzlich dazu verpflichtet werden, ein minimales Eigenkapital im Verhältnis zur gesamten Bilanzgrösse zu halten und nicht nur in Relation zur risikogewichteten Aktiva.
3. Die Auflagen, welche die beiden systemrelevanten Banken einzuhalten hätten, sollen regelmässig öffentlich gemacht werden.
4. Der Bundesrat soll ermächtigt werden, den Eigenhandel, der vor der Krise zu einer Art Casino-Banking ausgeartet war, beschränken zu können.
5. Die Ausgabe der Zwangs-Wandelanleihen soll zwingend nach Schweizer Recht erfolgen.
Vorstoss gegen SVP/UBS
Die «Kontrapunkt»-Leute haben vor allem die SVP-/UBS-Allianz im Visier. Diese findet die vorgeschlagene Kapital-Aufrüstung als zu weitreichend respektive nicht zielführend.
Die SVP plädiert für eine Holding, die es möglich machen soll, in der Krise das Schweizer Geschäft vom überschuldeten Teil einer Grossbank abzutrennen. Ob eine solche «À-la-Carte-Rettung» in der vernetzten globalen Finanzindustrie möglich ist, wird von vielen Experten bestritten.
Ob sich die bürgerlichen Kommissionsmitglieder vom «Kontrapunkt»-Aufruf mit dem linken Stallgeruch beeinflussen lassen, wird die heutige Debatte zeigen. Anzunehmen ist jedoch, dass sich FDP und CVP der SVP annähern und für eine Abschwächung der Bundesrats-Vorlage plädieren.